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Rezension: Handbuch des Fachanwalts Gewerblicher Rechtsschutz

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Erdmann / Rojahn / Sosnitza, Handbuch des Fachanwalts Gewerblicher Rechtsschutz, 3. Auflage, Carl Heymanns 2018

Von Dipl.-Jur. Julius Remmers, LL.M. (Edinburgh), Hamburg



Der gewerbliche Rechtsschutz ist als Teil des Rechtsgebiets „Geistiges Eigentum“ für viele Juristen nicht nur im Studium relevant, sondern spielt auch in der Praxis eine wichtige Rolle. Immer mehr Rechtsanwälte, die sich auf den gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert haben, bereiten sich auf den Fachanwaltstitel „Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz“ vor. So ist die Zahl von 67 Fachanwälten für gewerblichen Rechtsschutz im Jahr 2007 auf 1093 Fachanwälte im Jahr 2016 angestiegen. Das vorliegende Rezensionsexemplar „Handbuch des Fachanwalts - Gewerblicher Rechtsschutz“, herausgegeben von Prof. Dr. Willi Erdmann, Dr. Sabine Rojahn und Prof. Dr. Olaf Sosnitza, hat den Hauptzweck, dass es einerseits als Vorbereitungsmaterial für den Fachanwaltstitel dient und andererseits die Funktion eines Nachschlagewerks für den praktischen Gebrauch sein soll. Nach Ansicht des Rezensenten kann durchaus eine dritte Zweckbestimmung ergänzt werden: die Funktion eines Lehrbuches. Denn in dem 1667-seitigen Handbuch sind nicht nur Inhalte für Praktiker verarbeitet, sondern der gewerbliche Rechtsschutz ist in allen Facetten detailliert erklärt und strukturiert niedergeschrieben.

Aufgeteilt ist das Praxishandbuch in neun Kapitel, bestehend aus folgenden Rechtsgebieten: Patentrecht, Gebrauchsmusterrecht, Arbeitnehmererfindungsrecht, Sortenschutzrecht, Marken- und Kennzeichnungsrecht, Wettbewerbsrecht, Urheberrecht, Designrecht und Lizenzvertragsrecht. Dieser Aufbau ähnelt der Übersicht der Rechtsgebiete im gewerblichen Rechtsschutz nach § 14h der FAO (Fachanwaltsordnung). Am Aufbau wird also schon deutlich, dass ein fachanwaltlicher Bezug existiert. Etwa sieben Jahre sind seit der zweiten Auflage des Handbuchs (2011) vergangen, bevor nun die dritte Auflage im Jahr 2018 erschienen ist. In dieser Zeitspanne haben sich einige Änderungen im gewerblichen Rechtsschutz ergeben, die durch Gesetzesänderungen, neue Rechtsprechung und den fortlaufenden wissenschaftlichen Diskurs geprägt sind. Die Herausgeber nennen im Vorwort unter anderem folgende Neuheiten der dritten Auflage: Reform des Unionsmarkenrechts und des UWG, das Einheitspatent und das einheitliche Patentgericht sowie das neue Designrecht. Aufgrund des großen Umfangs dieses Handbuches wird in dieser Rezension insbesondere ein Augenmerk auf die Neuerungen der dritten Auflage gelegt.

In der zweiten Auflage des vorliegenden Handbuches konnte die „Unionsmarke“ deshalb nicht miteinbezogen werden, da diese erst seit dem 24. März 2016 die „Gemeinschaftsmarke“ abgelöst hat. Auf ca. 37 Seiten finden sich die wesentlichen Inhalte zur Unionsmarke, wie das Anmelde- und Widerspruchs- und Beschwerdeverfahren, Nichtigkeits- und Verfallsanträge oder Durchsetzung der Rechte aus der Unionsmarke. Die Einführung der Unionsmarke schildern die Autoren sehr detailliert auf zwei Seiten, sodass der Leser diese Novellierung gut nachvollziehen kann. In diesem Kapitel fällt ganz besonders positiv auf, wie akribisch die Autoren Beispiele anführen und diese mit Rechtsprechungs- oder Literaturverweisen versehen (z.B. die Aufzählung verschiedener „Etablissementbezeichnungen“ auf S. 733).

Die UWG-Reform, die zu einer Novelle des UWG mit Inkrafttreten vom 10. Dezember 2015 führte, findet sich im Kapitel zum Lauterkeitsrecht (S. 854 ff.). Diese Reform zeigt sich hauptsächlich in der Modifizierung der §§ 3, 4 UWG und der Einführung der §§ 3a, 4a UWG. Alle vier Paragraphen sind von den Autoren im Detail sehr gut erklärt (S. 892 ff., 937 ff., 926 ff., 970 ff.).

Der Abschnitt „K. Einheitspatent und einheitliches Patentgericht“ (S. 205 ff.) des ersten Kapitels ist in dieser dritten Auflage neu und drängt sich deswegen auf, da sowohl das Einheitspatent als auch das einheitliche Patentgericht zurzeit sehr aktuell und brisant sind. Der Ratifizierungsprozess des EPGÜ und die damit zusammenhängenden Probleme durch den „Brexit“ und einer eingereichten Verfassungsbeschwerde in Deutschland haben die Autoren verständlich und präzise dargestellt. Der Ratschlag der Autoren, „sich bereits jetzt für den Fall des Inkrafttretens hinreichend vorzubereiten und mit dem neuen System und seinen Vorschriften vertraut zu machen, da die fehlenden Ratifizierungen ggf. sehr rasch erfolgen können, wenn die Hürden beseitigt sind“, ist ein wichtiger Hinweis für Praktiker und zeigt, dass die Autoren mit der Problematik und den Auswirkungen des EPG (Einheitspatentgerichts) vollends vertraut sind. Für eine gute Vorbereitung lohnt sich die Lektüre der folgenden 47(!) Seiten. Denn dort stellen die Autoren sehr detailliert das sog. „Einheitspatent“ und das EPG (Einheitliche Patentgericht) vor, deren Einführung von der Ratifizierung des EPGÜ (Übereinkommen über das Einheitliche Patentgericht) abhängig ist.

Das in der dritten Auflage neu erschienene Kapitel zum Designrecht (bzw. Geschmacksmusterrecht nach der europäischen Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster) umfasst viele neue Inhalte, die unter anderem dem relativ neuen Designgesetz (Bekanntmachung vom 24. Februar 2014) geschuldet sind. Untermauert werden diese Neuerungen durch eingebettete aktuelle Rechtsprechung im Designrecht (z.B. S. 1514).

Auf das gesamte Handbuch bezogen, fällt äußerst positiv auf, dass viele bildliche Darstellungen verwendet wurden. Diese „beleben“ den Inhalt, insbesondere im Marken- und Kennzeichnungsrecht (z.B. S. 502, 505 (Notenbild zu Klangmarken), 546 (Ablauf einer Markenanmeldung), 557, 614) und im Designrecht (z.B. S. 1506, 1560 ff.). Zwar tun kleine Formalfehler dem sehr gelungen Praxishandbuch keinen Abbruch (z.B. Fettmarkierung auf S. 206), könnten jedoch in nachfolgenden Auflagen behoben werden. Für den praktischen Gebrauch dieses Handbuches ist es sehr vorteilhaft, dass die Autoren viele Anwendungsfälle hinzugefügt haben (z.B. S. 676, 694, 1361 f.). Außerdem finden sich viele hilfreiche Praxistipps und Formulierungsvorschläge für Anträge etc. (z.B. S. 171, 670, 836, 937, 1597). Den wissenschaftlichen Tiefgang kann der Leser unter anderem dadurch erkennen, dass auf nahezu jeder Seite zahlreiche Verweise auf Gerichtsentscheidungen vorgenommen wurden. Dies ist besonders hilfreich für Praktiker und somit auch für (angehende) Fachanwälte. Hier wird noch einmal deutlich, dass die Autoren wissenschaftlich sehr umfangreich und präzise gearbeitet haben. Aufgrund des hohen Seitenumfangs (1667 Seiten) wird besonders viel Inhalt vermittelt. Deswegen ist es sinnvoll, dass die Autoren prägnante Zusammenfassungen mit eingebaut haben (mit „Merke:“ betitelte Textbereiche, z.B. S. 124, 690).

In der Gesamtheit bleibt festzuhalten, dass das vorliegende „Handbuch des Fachanwalts - Gewerblicher Rechtsschutz“ den gewerblichen Rechtsschutz sehr umfassend darstellt. Dass das Handbuch vorrangig der Vorbereitung auf den Fachanwaltstitel ausgerichtet ist, schließt die Betrachtung als Lehrbuch oder Nachschlagewerk nicht aus. Zwar liegt der Preis bei 188,00 €. Jedoch muss bei solch einem hohen Preis hier ausnahmsweise gesagt werden, dass es sich in einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis befindet, da der Umfang des Inhalts und der akademische Tiefgang viele andere Handbücher um Längen übertrifft. Alles in allem ist dieses Handbuch sehr zu empfehlen!


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