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Rezension: Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren

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Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 8. Auflage, ZAP 2019

Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Johannes Berg, Kaiserslautern


Bereits in 8. Auflage erscheint im ZAP Verlag das Standardwerk von Detlef Burhoff zur Verteidigung im Ermittlungsverfahren. Weder der Autor noch seine Werke dürf[t]en einem Strafjuristen unbekannt sein, weshalb ich auf Hinweise zu den zahlreichen weiteren Veröffentlichungen und zur Homepage verzichten will (vgl. aber Domenica D’Ugo, http://dierezensenten.blogspot.com/2013/12/rezension-strafrecht-handbuch-fur-die.html).

Geändert hat sich an der Neuerscheinung bereits Augenscheinliches. Hatte die Vorauflage Maße von (etwa) 15cm x 22cm, kommt das jetzige Werk mit 17cm x 25cm etwas größer, jedoch „schlanker“ daher. Damit allerdings nicht genug; war nämlich der Name des Herausgebers und Autors auf dem Einband der Vorauflage weiß geschrieben, findet man nun schwarze Lettern auf einem rechteckigen weißen Hintergrund. Entfernt man - so ganz Strafverteidiger - den sich als weißen Aufkleber entpuppenden „Fleck“, fällt der Fehler bei der Schreibweise des Vornamens („Detlev“) leider direkt in Auge. Bedauerlicherweise setzt sich dieser dann auch im Einband fort – ein unschönes Zeugnis, das Burhoff nach derart langer und äußerst erfolgreicher Zusammenarbeit mit ZAP sicher nicht verdient hat.

Um jedoch nicht das Wesentliche aus den Augen zu verlieren: inhaltlich, dort also wo die Verantwortung bei Burhoff selbst liegt, wird der Leser nach Fehlern oder Schwächen vergeblich suchen. So handelt es sich, alphabetisch nach Stichworten geordnet, um ein vergleichsloses Kompendium praktisch relevanter rechtlicher und vor allem taktischer Fragen, die den Verteidiger im Ermittlungsverfahren beschäftigen. In besonderem Maß glänzt der Autor (neben seiner bewundernswerten Arbeitskraft) durch die hohe Aktualität seiner Werke. Geradezu symptomatisch für sein Streben ist der Hinweis im Vorwort, wonach die (im März 2019 verspätet erscheinende) 8. Auflage des Karlsruher Kommentars zur Strafprozessordnung bei Drucklegung Mitte 2018 noch nicht habe berücksichtigt werden können und er bitte, dies bei seinen Zitaten zu berücksichtigen.

Die vorzufindenden Neuerungen sind im Rahmen einer Rezension mitnichten aufzuzählen. So hatte sich das Werk mit den Gesetzesnovellen der 18. Legislaturperiode, vor allem also dem Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017 sowie dem Zweiten Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts vom 27.08.2017 ebenso zu beschäftigen wie mit teilweise grundlegenden Änderungen der Rechtsprechung.

Wie in allen seinen Publikationen versteht es der Autor, praktisch relevante Fragen kritisch und wissenschaftlich präzise, jedoch nicht weniger verständlich und sehr  eingängig abzuhandeln. Beispielhaft sei auf die Darstellung des Einsatzes verdeckter Ermittler bzw. Vertrauenspersonen und die Tatprovokation verwiesen. Hier – dargestellt unter Bezug zur Strafzumessung – arbeitet der Autor die Entwicklung der Rechtsprechung von den Anfängen einer Strafzumessungslösung (BGH, Urteil vom 18. 11. 1999 - 1 StR 221/99 = BGHSt 45, 321 = NJW 2000, 1123) über die Entscheidung des EGMR vom 23.10.2014 (54648/09  [Furcht/Deutschland] = NJW 2015, 3631) bis zum bisherigen Schlusspunkt durch Urteil des 2. Strafsenats vom 10.6.2015 (2 StR 97/14 = BGHSt 60, 276 = NJW 2016, 91) umfassend heraus. Dabei geht die Darstellung sehr didaktisch von den Grundlagen zu Spezialfragen und beleuchtet schließlich die Vereinbarkeit der bisherigen fachgerichtlichen und verfassungsrechtlichen deutschen Rechtsprechung mit derjenigen des EGMR (Rn. 4318-4323). Damit endet die Bearbeitung indes nicht. Vielmehr stellt Burhoffzahlreiche praktische Tipps hintan – etwa, mit welchen Beweismitteln eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation zu beweisen ist. Endlich finden sich Querverweise zu relevanten Folgefragen wie z.B. den Ausführungen zur Aussagegenehmigung betreffend den zu vernehmenden Führungsbeamten.

Preislich hat das Handbuch im Vergleich zur Vorauflage um 10,00 Euro zugelegt und kostet 129,00 Euro. Dafür erhält der Leser neben 1724 Seiten wertvollsten Praxiswissens zahlreiche Muster zum Download.

Um damit zu einem Fazit zu gelangen: ein Meisterwerk, das stets in neuester Auflage in die Bibliothek jedes Strafverteidigers gehört.


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