Quantcast
Channel: Die Rezensenten
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2717

Rezension Strafrecht: Bankstrafrecht

$
0
0


Schork / Groß (Hrsg.), Bankstrafrecht, 1. Auflage, C.H. Beck 2013

Von ORR Dr. Ulrich Pflaum, München


Die Finanzmarktkrise ab 2008 führte ohne Zweifel zu einem deutlichen Vertrauensverlust der Banken in der Öffentlichkeit. Damit einhergehend änderte sich das zwar weniger das materielle Strafbarkeitsrisiko von Bankgeschäften, wohl aber das prozessuale Strafverfolgungsrisiko und die Verfolgungsintensität bei tatsächlich vorliegenden Verstößen. Vor diesem Hintergrund, der zurecht auch im Vorwort des Werkes angesprochen wird, ist es begrüßenswert und folgerichtig, dass der C.H.Beck-Verlag unter der Herausgeberschaft von Schork und Groß, beide Fachanwälte für Strafrecht, nunmehr ein eigenes Werk zum „Bankstrafrecht“ auf den Markt bringt.

Ebenso wie die Herausgeber stammen auch die fünf Mitautoren ausschließlich aus der Anwaltschaft, sind teils auch Fachanwälte für Strafrecht, so dass das Werk deutlich durch anwaltliche Denkweise geprägt ist, ohne dadurch einseitig zu wirken. Die Autoren berücksichtigen nicht nur die häufig divergierenden Interessen des Kreditinstituts, seiner Mitarbeiter und seiner Kunden, sondern auch die unterschiedlichen Sichtweisen des mutmaßlichen Täters und seines Verteidigers einerseits, des Opfers und des Nebenklagevertreters andererseits (z.B. bei der Darstellung des Spannungsfeldes zwischen Untreue des Bankangestellten zum Nachteil der Bank und Beihilfe zur Untreue zum Nachteil des Kunden, Rn 285 ff.). Praxisnah orientieren sich die Autoren vorrangig an der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Auch bei höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärten Rechtsfragen argumentieren sie pragmatisch. Sie versagen sich begründungsaufwändige Extrempositionen und stellen Strafbarkeitsrisiken und Strafbarkeiten deutlich als solche heraus (z.B. bei der Steuerhinterziehung bei abweichender Rechtsauffassung, Rn 985, und Cum-/Ex-Geschäften, Rn 1165), ohne deswegen auf eine kritische Würdigung zu verzichten (z.B. bei der Garantenstellung des Compliance-Beauftragten, Rn 90).

Inhaltlich deckt das im Hauptteil 396 Seiten zuzüglich Inhaltsverzeichnis umfassende Werk ein breites Spektrum ab. Nach der Einführung (§ 1) werden zunächst Allgemeine Grundsätze des Wirtschaftsstrafrechts dargestellt (§ 2, v.a. auch Fragen der Zurechnung von Fehlverhalten in der Unternehmens- und Konzernorganisation, der Verantwortlichkeit eines faktischen Geschäftsführers und der Rechtfertigung durch berufstypisches Verhalten), dann Straftaten Außenstehender im Kreditgeschäft (§ 3), Vermögensstraftaten von Bankmitarbeitern (§ 4), Kapitalmarktstrafrecht (§ 5, insbesondere Kapitalanlagebetrug, § 264a StGB und Straftaten nach dem Wertpapierhandelsgesetz), Sanktionsvorschriften des KWG, ZAG, InvG, DepotG und PfandBG (§ 6, aufgrund der Vielzahl der Regelungen teils recht gedrängt), strafrechtliche Risiken des Geld- und Zahlungsverkehrs (§ 7, u.a. auch Banknotenfälschung), Steuerstrafrecht (§ 8, unter besonderer Berücksichtigung bankbezogener Sachverhalte und mit berechtigter Kritik an „medialer Hysterie“, Rn 975), Geldwäsche und Geldwäschebekämpfung (§ 9, zurecht kritisch gegenüber Konzeption und Ausgestaltung des Tatbestands, Rn 1181, 1191), Strafprozessuale Besonderheiten (§ 10) und Sanktionen und Bankenverteidigung (§ 11). Dabei beschränken sich die Ausführungen nicht auf einschlägige Straftatbestände, sondern beziehen – im Hinblick namentlich auf Unternehmensgeldbußen von Bedeutung – auch das ansonsten mitunter stiefmütterlich behandelte Ordnungswidrigkeitenrecht mit ein, insbesondere im KWG (Rn 712 ff.). Die einzelnen Kapitel lassen die Handschrift unterschiedlicher Bearbeiter erkennen, zeichnen sich dabei durchgängig durch hohes fachliches Niveau und gute Lesbarkeit aus. Die durchweg eingängigen und fundierten Ausführungen lassen nur an wenigen Stellen Fragen offen, z. B. wie das Verhältnis von KWG und ZAG zu beschreiben ist.

Schork undGroß wenden sich nach eigener Angabe vor allem an Entscheidungsträger in Banken und deren Berater. Gleichwohl werden nicht nur die Grundlagen des Strafrechts, sondern in den einzelnen Abschnitten auch die jeweils einschlägigen bankfachlichen Grundlagen dargestellt (z.B. Kreditgeschäft, Rn 123 ff.) und dabei auch neue und erst im Vordringen befindliche Institute und Verfahren angesprochen (z. B. „V-Pay“, Rn 874). Das Werk ist dementsprechend nicht nur für Bankfachleute interessant, um sich über strafrechtliche Risiken ihrer Tätigkeit zu informieren. Es bietet vor allem auch einen sehr guten Einstieg für Juristen, die sich näher mit dem Bankstrafrecht befassen, sei es als Praktiker, in der Wissenschaft oder in der (Schwerpunkt-)Ausbildung. Allen bankstrafrechtlich Interessierten ist es uneingeschränkt zu empfehlen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 2717