Johannes / Weinhold, Das neue Datenschutzrecht bei Polizei und Justiz, 1. Auflage, Nomos 2018
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Die 2018 dann endlich in Kraft getretene Novellierung des Datenschutzrechts hat ja ohnehin schon zu einer wahren Flut an Veröffentlichungen geführt, aber durch bestimmte Sonderfälle und Bereichsausnahmen braucht es für manchen Rechtszweig zusätzliche Spezialliteratur. Das vorliegende Werk möchte auf etwas mehr als 250 Seiten inklusive Verzeichnissen die Datenschutzregelungen für Polizei und Justiz darstellen.
Der Schwerpunkt liegt erwartungsgemäß auf der Darstellung der JI-Richtlinie und deren Umsetzung in das deutsche BDSG. Sodann folgen in zwei weiteren Teilen Synopsen, mittels derer die Autoren nicht nur eine klassische Gegenüberstellung von Regelungen betreiben, sondern durch Beigabe von Erwägungsgründen und Gesetzesbegründung zugleich eine Auslegungshilfe anbieten. Dies ist angesichts der noch fehlenden Rechtsprechung zur Thematik auch nötig, um in Streitfällen wenigstens ein bisschen Argumentationssubstanz in die Waagschale werfen zu können.
Eingangs stellen die Autoren treffend dar, wie die europäische Regelungsdichte für Polizei und Justiz im Laufe der Zeit immer stärker wurde und wie die Richtlinie von der bekannteren DSGVO abzugrenzen ist und dass gerade im Hinblick auf das Schutzniveau noch Luft nach oben ist. Andererseits wird, vielleicht etwas zu unscheinbar, auch klargestellt, dass die Richtlinie auch für rein innerstaatliche Sachverhalte anzuwenden ist.
Generell fällt auf, dass in diesem ersten Teil viele Formulierungen und Absätze vage und abstrakt bleiben und die Autoren sich an Formalia und den Grundbegriffen der Richtlinie bzw. des BDSG entlang hangeln. Das ist für die Vollständigkeit schön und gut, aber für den Praktiker ist dieser Schreibstil unbefriedigend. Denn man erwartet z.B. von einem solchen Spezialtitel mehr als Aussagen wie „Das deutsche Sicherheitsrecht dürfte teilweise mit den materiellrechtlichen Anforderungen der Richtlinie konform sein.“ Mit welchen denn genau? Mit welchen nicht? Mir fehlen zudem in vielen Passagen konkrete Aussagen, mit denen man arbeiten und etwas anfangen kann. Zudem befremdet es, wenn Dinge im studentischen Klausurprüfungsstil erarbeitet werden („fraglich ist, ob …“; Rn. 83). Erst wenn § 47 BDSG inhaltlich aufgefächert wird (Rn. 121 ff.) oder wenn später die Rechte der Betroffenen zur Sprache gebracht werden, kommen die Autoren in ein Fahrwasser, das gerne das ganze Buch hätte durchziehen dürfen. Aber auch da wird rasch erkennbar: es bleibt alles sehr theoretisch. Nur als Beispiel Rn. 183 ff.: wie würde denn ein Benachrichtigungsvorgang an die betroffene Person vor sich gehen im Laufe von Ermittlungen oder Gerichtsverfahren? Solche Brückenschläge in die Praxis fehlen leider zur Gänze oder erschöpfen sich wieder in abstrakten Vorschlägen (Rn. 192).
Was bleibt als Fazit? Die theoretische Darstellung der Richtlinie und ihrer Umsetzung wurde akribisch und fleißig vorgenommen. Vom Buchtitel her hätte ich mir aber eine viel stärkere Konkretisierung für die inländischen Verfahren gewünscht: wer hat wann was gegenüber wem zu tun etc. Und das dann – wie der Titel ja verspricht – noch unterschieden zwischen Polizei und Justiz (samt dem Bindeglied der Staatsanwaltschaft). Und das Ganze gerne noch mit einer Erläuterung bereits bestehender Vorschriften in StPO und den Polizeigesetzen, die über eine Erwähnung in Fußnoten hinausgeht. So aber bleibt die Lektüre, v.a. für den datenschutzrechtlich im Verfahrensalltag bislang wenig geprüften Rechtsanwender, unbefriedigend, gerade weil das Werk in der Reihe „NomosPraxis“ erschienen ist und so eine gewisse Anwendungsorientierung suggeriert wird. Das soll die Leistung der Autoren nicht schmälern, aber ich habe mir unter dem Titel etwas ganz anderes vorgestellt.