Brandau / Rehaag, Praxishandbuch IP-Strafrecht, 1. Auflage, De Gruyter 2017
Von RA Dr. Norbert Lösing, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Fachanwalt für Strafrecht, Lüneburg
Fünf Jahre liegen nach Angabe der Autoren zwischen der „fixen Idee“ zur Erstellung des Handbuchs und der Fertigstellung desselben. In dieser Zeit mögen sie mehrmals geflucht haben, sich der Aufgabe angenommen zu haben. Diese war selbstverständlich viel komplexer als ursprünglich angedacht. Die Autoren sprechen in ihrem Vorwort von „zähen Phasen“ die jeweils durch den regelmäßigen Input aus der Praxis überwunden werden konnten. Die Hartnäckigkeit hat sich gelohnt. Das Ergebnis ist ein Praxishandbuch, das diesen Namen auch verdient. Bereits die Aufzählung der im IP-Recht relevanten und auf verschiedene Gesetze verteilten Strafvorschriften in einem einzigen Werk bietet einen schnellen und übersichtlichen Einstieg in die Materie. Die Darstellung der einzelnen Strafvorschriften erfolgt dabei sinnvollerweise unter Bezugnahme auf die jeweils betroffenen Rechte. Die Zuordnung zum Markenrecht, Recht des unlauteren Wettbewerbs, Urheberrecht, Recht am eigenen Bild, Design- und Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht sowie Patentrecht lädt zum gezielten Nachschlagen ein und führt zu einem schnellen Auffinden der gesuchten Strafvorschriften.
Die Darstellungen erreichen dabei nicht den Umfang bekannter Fachkommentare. Wissenschaftliche Ergüsse zu Meinung, Gegenmeinung und Mindermeinung fehlen. Sie werden in dem Buch auch nicht vermisst. Neben der Darstellung der jeweiligen Voraussetzungen des objektiven und subjektiven Tatbestands werden die Besonderheiten der betroffenen Rechte praxisgerecht erläutert. Nicht jeder Strafrechtler mag sich unter dem Begriff „Eigenart“ im Design- und Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht sofort die richtigen Vorstellungen machen und nicht jedem „IP-Rechtler“ mag präsent sein, dass schon die Ankündigung eines gerichtlichen Verfahrens zur Löschung einer Marke zu einer Aussetzung des anhängigen Strafverfahrens wegen einer (vermeintlich) strafbaren Kennzeichenverletzung führen kann. In der Verbindung beider Welten - des Strafrechts und des IP-Rechts - liegt der besondere Wert des Praxishandbuchs. Dies wird in allen Kapiteln deutlich, so z.B. auch in Kapitel 4 „Strafbare Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§ 33 KunstUrhG)“. Die Tathandlung im Sinne des § 22 KUG ist nur die Verbreitung und die öffentliche Zurschaustellung des Bildnisses, nicht aber die Herstellung der Aufnahme oder deren Vervielfältigung. Allein das Fotografieren von Personen ist somit nicht von § 22 KUG erfasst. Dennoch unterliegt das Fotografieren oder Filmen von Personen zahlreichen Einschränkungen und wird bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 201a StGB ebenfalls unter Strafe gestellt.
Die Autoren beschränken ihre Darstellung aber nicht auf die Vorstellung und Erläuterung dieser genannten Vorschriften, sondern sie gehen auch auf Nebenbereiche oder besondere Sachverhalte ein, die in der Praxis immer wieder eine Rolle spielen. Neben Fragen zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch das Erstellen von Lichtbildaufnahmen oder der rechtlichen Beurteilung von Bildaufnahmen von Polizeibeamten bei der Dienstausübung werden zudem Fragen, die bei der Abwehr gegen Fotoaufnahmen relevant werden können, behandelt. Ist das Fotografieren einer Person ohne deren Erlaubnis im konkreten Fall nicht strafbar, können dennoch strafrechtlich relevante Aspekte eine Rolle spielen. Dies ist dann der Fall, wenn der Abzubildende sich gegen die von ihm erkennbar nicht gewünschte Aufnahmehandlung wehrt. Hier ist zu berücksichtigen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein notwehrfähiges Rechtsgut ist. Hieran erinnern die Autoren.
Auch an anderen Stellen finden sich zahlreiche durchdachte und praxisrelevante Tipps und Hilfsmittel (so z.B. der Exkurs zu Schutzrechtsverletzungen auf Messen einschließlich eines Musters einer Strafanzeige wegen Designverletzung) die nicht nur die Lektüre, sondern auch die regelmäßige Arbeit mit dem Praxishandbuch unbedingt empfehlenswert machen.