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Rezension: Münchener Vertragshandbuch Wirtschaftsrecht III

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Schütze / Weipert / Rieder (Hrsg.), Münchener Vertragshandbuch, Wirtschaftsrecht III, 8. Auflage, C.H. Beck 2018

Von Carina Wollenweber-Starke, Wirtschaftsjuristin, LL.M., Bad Berleburg

  
Bei dem vorliegenden Werk „Wirtschaftsrecht III“ handelt es sich um Band 4 der Reihe „Münchener Vertragshandbuch“, welche insgesamt 6 Bände umfasst. Typisch für die gesamte Reihe ist, dass diverse Formulare als Muster vorgestellt und anschließend erläutert werden. Die nunmehr 8. Auflage (Stand Sommer 2017) beinhaltet 1432 Seiten inkl. Sachverzeichnis in einem Hardcover-Einband und ist in 10 Kapitel unterteilt.

Das 1. Kapitel beschäftigt sich mit vertragsvorbereitenden bzw. vertragsbegleitenden Maß-nahmen wie z.B. der Absichtserklärung (auch Letter of Intent genannt) oder der Geheimhaltungsvereinbarung (auch Non-Dislosure Agreement genannt). Kapitel 2 befasst sich mit Schiedsklauseln. Als Formular sind z.B. die Schiedsvereinbarung sowie die ICC- und DIS-Standardschiedsklausel zu nennen. Das 3. Kapitel umfasst Vertriebsverträge wie z.B. den Handelsvertreter-, Vertragshändler- und Konsignationslagervertrag. Mit wichtigen Dokumentationsbestandteilen beim Unternehmenskauf beschäftigt sich Kapitel 4. Umfasst sind bspw. Allgemeine Garantiebestimmungen. Für den internationalen Geschäftsverkehr sind Lieferverträge essentiell. Diese werden im 5. Kapitel thematisiert. Als Formulare sind der Exportvertrag über eine Maschine, der Kaufvertrag unter UN-Kaufrecht, der Qualitätssicherungsvertrag und Allgemeine Lieferbedingungen sowie Allgemeine Einkaufsbedingungen vorhanden. Kapitel 6 befasst sich mit dem internationalen Industrieanlagengeschäft. Hier ist besonders das Formular „FIDIC: Vertragsbedingungen für die Errichtung von Bauwerken und Anlagen nach Entwürfen des Auftraggebers“ hervorzuheben.

Zu den wichtigen Formularen im internationalen Bankgeschäft (Kapitel 7) zählen u.a. sowohl das unwiderrufliche Dokumentenakkreditiv als auch die Anzahlungs-, Erfüllungs- und Gewährleistungsgarantien. Für Kapitel 8. „See- und Luftfrachtrecht“ werden Formulare für z.B. den Reisefrachtvertrag und den Luftfrachtbrief bereitgestellt. Das 9. Kapitel widmet sich den Lizenz- und Know-how-Verträgen. Zu diesen zählen gemischte Patent- und Know-how-Lizenzverträge, Patentlizenzverträge, Know-how-Lizenzverträge, Markenlizenzverträge sowie gemischte Lizenzverträge im Konzern. Das 10. und somit letzte Kapitel thematisiert den Bereich Compliance. Bspw. sind eine Checkliste für eine Due Diligence Prüfung im M&A-Bereich und eine Stellenbeschreibung für einen Chief Compliance Officer vorhanden.

Das Besondere an diesem Werk ist, dass es auf den internationalen Geschäftsverkehr ausgerichtet ist, sodass die Formulare alle in englischer Sprache verfasst sind. Dies ist Ausdruck der internationalen, immer komplexer werdenden Verflechtungen, welche Gesellschaften heutzutage eingehen und mit welchen die vertragsgestaltenden Juristen umgehen müssen. Insgesamt existieren 62 dieser Formulare, welche z.T. auch noch einmal als deutsche Fassung vorhanden sind. Zum besseren Verständnis und für den Fall, dass doch ein deutsches Muster benötigt wird (z.B. zwischen deutschen und österreichischen Gesellschaften), wäre es wünschenswert, wenn alle Formulare zweisprachig vorliegen würden. Die dazugehörigen Anmerkungen und Erläuterungen der Formulare sind jedoch immer auf Deutsch und sehr umfangreich. Es werden auch Formulare besprochen, welche nicht unbedingt gängig sind.

Eine elektronische Version der Formulare existiert nicht, obwohl dies heutzutage gängige Praxis ist, um die Texte nicht selbst abtippen oder abtippen lassen zu müssen. Da es sich nur um Muster handelt, ist stets eine Anpassung an die jeweilige Gesellschaft und Situation (z.B. beidseitige Geheimhaltungsvereinbarung, Änderung oder gar Streichung einer Vertragsstrafe) erforderlich, sodass ohnehin eine Abänderung in einem Textverarbeitungsprogramm sinnvoll ist.

Die internationale Ausrichtung ist insbesondere bei Liefer- und Vertriebsverträgen, Industrieanlagengeschäften sowie bei Lizenz- und Know-how-Verträgen ersichtlich. Für die 8. Auflage als Formular neu hinzugekommen sind der Akkreditivauftrag, der Antrag auf DOC DEX-Entscheidung und ICC Dispute Board Vereinbarungen. Somit wird schnell deutlich, dass das Werk eine Vielzahl wichtiger Bereiche abzudecken vermag.

Hervorzuheben ist, dass die Formulare bei der Rechtswahl nicht nur deutsches Recht (ohne UN-Kaufrecht) für anwendbar erklären. Der „Exportvertrag Maschine“ wählt bspw. UN-Kaufrecht, wobei subsidiär Schweizer Recht greift (S. 428). Gelegentlich wird auch auf die Handhabung unter Anwendung eines anderen Rechts hingewiesen (z.B. S. 435: anglo-amerikanisches Common Law).

Für die Praxis ist sehr hilfreich, dass mitunter auch Original-Musterdokumente gezeigt werden (z.B. S. 1217: Luftfrachtbrief der Lufthansa). Die Praxistauglichkeit erkennt der Leser u.a. daran, dass die Kontaktdaten des Schiedsgerichts der ICC abgedruckt sind (S. 99).

Den Erläuterungen eines Formulars geht häufig ein kurzer Sachverhalt voraus (z.B. S. 183 zum Konsignationslagervertrag, S. 430 zum Exportvertrag Maschine). Dieser zeigt dem Leser, in welcher Situation das konkrete Formular verwendet wird. Dies ist auch wichtig, um nachvollziehen zu können, warum das Formular in vorliegender Weise gestaltet wurde, da der Vertragsgestalter regelmäßig aus diversen Varianten wählen kann. Den Formularen wird der Leser anmerken, dass diese von namhaften Bearbeitern mit jahrelanger Erfahrung gestaltet und kommentiert wurden. Diese vermitteln gezielt Hintergrundwissen wie bspw. auch Statistiken (z.B. S. 99 zum Schiedsgericht der ICC).

Durch eine Inhaltsübersicht zum Gesamtwerk „Münchener Vertragshandbuch“ wird der Leser auch über die anderen Bände informiert. Mit Hilfe des Inhaltsverzeichnisses und des sehr um-fangreichen Sachverzeichnisses wird sich der Leser im vorliegenden Werk schnell zurechtfinden. Besonders wichtige Wörter werden durch Fettdruck hervorgehoben, an welchen sich der Leser schnell orientieren kann. Das Verzeichnis der Bearbeiter schlüsselt auf, welcher Themenkomplex von wem bearbeitet wurde. Nach den Formularen folgt jeweils ein Literaturverzeichnis („Schrifttum“). Der Leser kann sich so einen Überblick über die verwendete und weiterführende Literatur verschaffen. Ein eigenständiges Literaturverzeichnis für das gesamte Werk existiert nicht. Die mit „Abkürzungs- und Literaturverzeichnis“ überschriebene Tabelle erläutert aber neben anderen Abkürzungen die für die Literatur verwendeten Abkürzungen wie z.B. für unterschiedliche Zeitschriften.

Fußnoten existieren nicht. Vielmehr sind die Verweise im Fließtext zu finden. Dies könnte jedoch den Lesefluss des einen oder anderen Lesers beeinträchtigen. Randnummern wird der Leser vergeblich suchen. Allerdings ist eine Nummerierung der Anmerkungen passend zu dem jeweiligen Formular vorhanden, sodass dahingehend eine Verweisung (auch innerhalb der Anmerkungen) gewährleistet ist.

Fazit: Das vorliegende Werk ist insbesondere für den internationalen Geschäftsverkehr auf-grund der Vielzahl an englischsprachigen Formularen und deren umfassenden Erläuterungen uneingeschränkt zu empfehlen. Dabei wird ein breites Spektrum an Themengebieten abgedeckt, und selbst weniger bekannte Muster finden Einzug in das Werk. Bedauerlicherweise sind nicht alle Formulare auch in deutscher Sprache vorhanden. Zudem existiert keine elektronische Version („e-Book“). Dies könnten Ansatzpunkte sein, um das Werk in der nächsten Auflage noch praxistauglicher zu machen. Nichtsdestotrotz dient das vorliegende Werk nach wie vor als souveräner Begleiter in der Welt der internationalen Vertragsgestaltung.

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