Krahmer / Plantholz, SGB XI, 5. Auflage, Nomos 2018
Von RAin, FAin für Sozialrecht Marianne Schörnig, Düsseldorf
Die soziale Pflegeversicherung wurde zum 01.01.2017 komplett geändert. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wurde neu definiert, beispielsweise gibt es jetzt statt drei Pflegestufen fünf Pflegegrade oder neuartige Betreuungsformen (betreutes Wohnen). Insgesamt werden Menschen mit psychischen Defiziten (Stichwort Demenz) stärker in den Vordergrund gerückt, um nur die wichtigsten Neuerungen zu nennen. Das Pflegestärkungsgesetz III (PSG III) brachte die meisten dieser Neuerungen. Zudem trat das Bundesteilhabegesetz (BTHG) in Kraft. Es hat Auswirkungen auf alle Sozialgesetzbücher. Die stärksten auf das SGB IX (das Buch der Rehabilitation und Teilhabe) sowie auf das SGB XI (Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung und Sozialhilfe). Vordergründig stehen diese Bücher zusammenhanglos nebeneinander. SGB XII übernimmt aber den Begriff der Pflegebedürftigkeit und wird ab 01.01.2020 das SGB IX völlig umgestalten, so daß hier eine enge Verzahnung gegeben ist.
Dementsprechend gibt es zwar einige Handbücher zu dem Thema und Artikel in Fachzeitschriften für Betroffene, aber zum jetzigen Zeitpunkt logischerweise noch keine Kommentierungen. Die Pflegeversicherung als der jüngste Zweig der Sozialversicherung fristete bislang eher ein Schattendasein und rückt nun plötzlich in den Fokus. Der vorliegende Kommentar hat daher die (unangenehme?) Aufgabe, die „neue“ Pflegebedürftigkeit als Erster „abzuklopfen“ und ihre Anwendung in der Praxis zu beurteilen.
Fast 2.000 Seiten ergeben eine sehr umfangreiche Kommentierung. Handwerklich ist es die klassische Standardkommentierung mit dem geläufigen und übersichtlichen Randnummernkonzept und Hervorhebung von Zwischenüberschriften und Schlagworten durch Fettdruck. Dadurch wird die Lesbarkeit gefördert. Die Seiten sind nicht optisch überlastet. Das Schriftbild ist groß genug um lesbar zu sein. Der Kommentar arbeitet im Weiteren mit drei verschiedenen Schrifttypen: Die immer gleiche Schriftart zitiert den Paragraphentext im Fettdruck, die Kommentierung hierzu im Normaldruck, die Hinweise auf Schrifttum, jeweils im Anschluss in kleinerer Schriftgröße (gerade noch lesbar). Verweise und Hinweise finden sich in den Fußnoten, was hier im größeren Format gerade noch. Der Wortlaut des Paragraphen ist vorangestellt, es folgt sodann ein kurzes Inhaltsverzeichnis der sich anschließenden Kommentierung. Diese ist im Grunde immer in die Abschnitte „Allgemeines“ und „Erläuterungen“ untergliedert.
Inhaltlich geht es natürlich vorrangig um die Kommentierung und Erläuterung des materiellen Rechts des SGB XI, mit den schon erwähnten Hinweisen auf die zu erwarten Gesetzesänderung in anderen Sozialgesetzbüchern wie SGB IX und XII.
Neben dem SGB XI werden noch Gesetze, die alle in enger Verbindung hierzu stehen (PflegeZG, FPfZG, SGB V in Auszügen) mit mitkommentiert. Weiterhin werden Verfahrensweisen, Rechtswegfragen und Prozessuales mit bearbeitet. Ohne diesen letztgenannten Teil kommt heute kein Praxiskommentar mehr aus. Die jeweils geltende Rechtsprechung wird infolgedessen mit Fundstellen zitiert. Mit diesem größeren Nachschlagewerk – das entgegen dem Titel kein LPK ist! - lässt sich rechtssicher und bietet alles, was der Rechtsanwender erwartet. Das Werk überzeugt auch mit Detailfülle, gerade etwa bei den in der Begutachtungspraxis immer wieder streitigen Bereichen der Pflegebedürftigkeit und deren Feststellung. Sehr ausführlich schildert der Verfasser hier (beispielsweise etwa bei der Kommentierung des § 13 SGB XI) die zu erwartenden Umbrüche und Auseinandersetzungen der nächsten Jahre. Sehr ausführlich ist etwa auch, wie bereits in der Besprechung der Vorauflage lobend erwähnt, die Kommentierung zu den Pflegesachleistungen und deren Kombination mit Geldleistungen ausgefallen, mit sehr hilfreichen Rechenbeispielen.
Schon allein wegen der ausführlichen Schilderung der stufenweisen Umgestaltungen wird der Kommentar jedem Anwender wärmstens empfohlen.