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Rezension: GmbHG

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Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt: Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz), 3. Auflage, C.H. Beck 2017

Von RA Christoph R. Müller, Leipzig



Der Markt an Kommentaren zum GmbHG ist umfangreich. Es gibt Handkommentare, Praktikerkommentare oder auch mehrbändige Großkommentare. Zur letzten Gruppe ist wohl das hier zu rezensierende Werk zuzuordnen. Der Michalski, wie der Kommentar in seinen ersten beiden Auflagen einprägsam bezeichnet wurde, kommt in zwei wuchtig erscheinenden, aber noch handlichen Bänden daher, die dem Nutzer schon von außen suggerieren, dass hier mehr Wissen zu finden sein wird, als in der den kleineren Werken der Konkurrenz. Und tatsächlich, der viele Platz, den 4534 Seiten bieten, wurde intensiv von den Autoren genutzt.

Dabei muss sich das Werk in seiner dritten Auflage neu bewähren. Nach dem Tod des Namensgebers, Prof. Dr. Michalski, im Mai 2013 mussten und haben sich neue Herausgeber gefunden, die das Erbe angetreten und dem Kommentar eine weitere Zukunft ermöglicht haben. Neben den bereits in der Vorauflage tätigen Autoren Dipl.-Kfm. Dr. Heidinger und Prof. Dr. Leible gehört dem Herausgebergremium die Nachfolgerin auf dem Lehrstuhl von Prof. Dr. Michalski, Frau Prof. Dr. Schmidt an. Damit deutet sich eine gewisse Kontiunität an, die gleichwohl Zeichen einer untrüglichen Verjüngung bei den Herausgebern und den Autoren beinhaltet.

Denn neben bekannten und in der GmbH-rechtlichen Literatur arrivierten Autoren aus den Vorauflagen sind einige junge Autoren in den Kreis der Kommentatoren hinzugetreten. Entsprechend ist die Bewertung des Werkes sowohl an der Weiterentwicklung der Beiträge der bestehenden Autoren, als auch an den neuen Beiträgen zu messen. Dabei kann eine Betrachtung der Praxistauglichkeit nicht außen vor bleiben.

Bevor man das zweibändige Werk ein erstes Mal in die Hand nimmt, bleibt man am etwas sperrigen Titel hängen. Entsprechend der geänderten Herausgeberschaft ist aus dem einfachen Michalski ein Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt GmbHG Kommentar geworden. Das ist reichlich umständlich. Und es wird auch nicht besser, wenn man sich den Zitiervorschlag anschaut, der MHLS/Bearbeiter GmbHG § … Rn. … lautet. Bei allem Verständnis für den Ruhm der den Herausgebern für ihre Leistung gebührt, eine einprägsame Marke für einen anspruchsvollen Kommentar wird hieraus wohl kaum erwachsen. Daher widersetzt sich der Rezensent. Auch wenn sich die Herausgeber geändert haben, es bleibt der Michalski.

Dies wird auch bestätigt, wenn man sich mit dem Aufbau vertraut macht. Hier fällt der besondere Zugang zum Thema auf, wie er schon unter Michalskietabliert wurde. Der eigentlichen Kommentierung ist eine systematische Darstellung vorangestellt. Diese wurde um einen weiteren Abschnitt ergänzt, sodass nach einem einleitenden Überblick über das GmbH-Recht und den sich daran anschließenden Ausführungen zum internationalen Gesellschaftsrecht, der Besteuerung der GmbH, dem Gebiet des Konzernrechts und zu den Fragen rund um die Finanzierung der GmbH nunmehr auch der Themenkreis Gesellschafterdarlehen abstrakt von einzelnen Vorschriften aber instruierend und verständlich dargestellt wird. Allein schon diese systematischen Darstellungen der großen Themengebiete geben dem Werk einen besonderen Wert mit auf dem Weg. Denn in diesem Teil des Kommentars ist es allen Autoren gelungen, dem wissensdurstigen und ratsuchenden Leser die Zusammenhänge darzustellen, die man benötigt, um die grundlegenden Themengebiete zu verstehen. Gerade auch der neue 6. Teil zum Gesellschafterdarlehen ist gelungen.

Im Kreise der neuen Autoren ist natürlich die Nachfolgerin Michalskis auf dem Bayreuter Lehrstuhl und in der Herausgebereigenschaft Schmidt auffällig. Sie hat die systematische Darstellung zum Überblick über das GmbH-Recht sowie die §§ 1-3, 4a, 5a GmbHG und § 3 des EGGmbHG übernommen. Dies lädt ein, sich mit einigen dieser Kommentierungen näher zu beschäftigen.

Den Überblick über das GmbH-Recht in der systematischen Darstellung 1 gliedert Schmidt in vier Teile, die Grundlagen des GmbH-Rechts, die Rechtsquellen, die Rechtstatsachen und die GmbH als „Exportschlager“. Dabei wird sich in den ersten drei Teilen mit einem erheblichen Tiefgang den einzelnen Facetten gewidmet. Hier ist der wissenschaftliche Anspruch klar zu erkennen. Allein die sieben Seiten (!) Schrifttum, die dem Teil Rechtsquellen vorangestellt sind, geben einen Hinweis auf den umfassenden Hintergrund, vor welchem die Darstellung erfolgt. Dies ist mit Blick auf das MoMiG, was auch bald zehn Jahre nach seinem Inkrafttreten die Praxis wie die Wissenschaft bewegt, vielleicht nicht überraschend. Gleichwohl tritt hier der Vorteil, den ein Großkommentar bieten kann, eben eindeutig hervor. Dies wird auch im dritten Teil, den Rechtstatsachen, deutlich. In mehreren tabellarischen Übersichten stellt Schmidt hier die historische Entwicklung und praktische Ausprägung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung dar. Auch hier wird der Platz, den ein Werk dieser Größe bietet, sinnvoll genutzt.

Kennzeichnend für diesen Abschnitt, wie für die Kommentierungen des materiellen GmbH-Rechts von Schmidt ist die klare Gliederung mit einer konsequenten Verweisungstechnik. Bezüge zu den einzelnen Aspekten werden sinnvoll und nachvollziehbar dargestellt. Dies, gepaart mit der verständlichen Sprache, machen die von Schmidt bearbeiteten Abschnitte zu einem schnell vertrauten und zugleich tiefgreifenden Fundus für den Leser.

Weit überwiegend stehen die anderen Autoren dem nicht nach. Gleichwohl gelingen die Verweise nicht immer sauber. So geht Mocks Verweis in § 4 Rn. 12 auf die Kommentierung Lieders zu § 13 Abs. 3 und den Begriff der Handelsgesellschaft fehl, soweit er auf die Rn. 300 ff. verweist. Tatsächlich befasst sich Lieder in der Rn. 326-330 mit der Handelsgesellschaft. Solcherlei Probleme in den Griff zu bekommen, ist bei einem Werk dieser Größe beinahe unmöglich. Daher ist es besonders hervorzuheben, dass es Ausnahmen sind, in denen der Verweis nicht genau klappt.

Allerdings gibt es auch kleine inhaltliche Schwächen. So wird manch praktisch relevante höchstrichterliche Entscheidung nicht berücksichtigt. Aufgefallen ist dies am Beispiel des eingeschriebenen Briefs im Sinne des § 21 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Denn auch wenn das Vorwort angibt, das Werk befände sich insgesamt auf dem Stand vom Januar 2017, wird etwa die Entscheidung des BGH vom 27.09.2016, Az.: II ZR 299/15 nicht berücksichtigt. Dabei geht es um die Frage, ob unter dem seit 1892 unveränderte Wortlaut „eingeschriebener Brief“ auch ein Einwurf-Einschreiben zu verstehen ist. Die Nichtberücksichtigung der BGH-Rechtsprechung wäre verschmerzbar, wenn sich in der Kommentierung zum § 21 (Rn. 75 ff. und 96) oder zu § 27 (Rn. 32) GmbHG, der ebenfalls den Begriff des eingeschriebenen Briefs kennt, wenigstens Ausführungen zur Frage, was ein eingeschriebener Brief ist, fänden. Dies ist leider nicht der Fall, sodass trotz der umfangreichen Kommentierung auf hohem wissenschaftlichen Niveau das Gefühl hängen bleibt, manch praktisch bedeutsame Frage bleibt auf der Strecke. Dies relativiert sich jedoch, wenn man sich in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Römermannzu § 51 (Rn. 36 und 39) betrachtet. Hier wird, wenn auch beiläufig und mit Verweis auf eine ältere Entscheidung des LG Mannheim, auf die Frage, welche Art Einschreiben für einen eingeschriebenen Brief ausreicht, eingegangen. Das so gefundene, aber nicht weiter begründete Ergebnis, entspricht der aktuellen BGH-Rechtsprechung, sodass eine Lösung für das praktische Problem zwar vorhanden ist, sie zu finden aber doch etwas Rechercheaufwand benötigt.

Letzteres ist im Umgang mit einem solch umfangreichen Werk sowieso zu empfehlen. Denn über viereinhalbtausend Seiten sind genug Platz, um sich vielschichtig und aus den verschiedensten Perspektiven mit dem GmbHG zu befassen. Um sich ein umfassendes Bild zu machen ist es daher durchaus ratsam, sich den Problemen aus verschiedenen Richtungen zu nähern. Hierfür bietet der Kommentar mit seinen zwei Bänden, dem vorangestellten systematischen Darstellungen und der eigentlichen Kommentierung reichlich Gelegenheit.

Damit kann der Michalski auch in der dritten Auflage und mit der veränderten Herausgeberschaft überzeugen. Er ist das Werk der Wahl für denjenigen, der nicht nur eine Antwort auf praktische Fragen sucht, sondern sich auch tiefergehend und wissenschaftlich mit dem GmbHG befassen möchte oder muss. Damit eignet sich das Werk sowohl für die Praxis des Rechts- oder Steuerrechtsberater, als auch für den Notar oder Richter. Selbst der interessierte Gesellschafter oder Geschäftsführer, der über bloße Leitfäden hinaus Informationen zum Recht der GmbH sucht, wird hier umfassend fündig. Die hohe Qualität des Werkes in nahezu allen Belangen rechtfertigt den vergleichbar stolzen Preis schnell. Immerhin bekommt man ein umfangreiches Werk, was auch auf absehbare Zeit beinahe alle Fragen rund um das Recht der GmbH beantwortet.

Es bleibt die praktische Frage, welche Bezeichnung sich durchsetzen wird. Für den Rezensenten bleibt es jedenfalls bis auf weiteres der Michalski, für den er eine klare Kaufempfehlung ausspricht.

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