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Rezension: Aktiengesetz

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Bürgers / Körber, Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage, C.F. Müller 2017

Von Dipl. iur. Andreas Seidel, Göttingen



Die zahlreichen Neuentwicklungen und Gesetzesänderungen machten es nach Aussage der Herausgeber nötig, den einbändigen AktG-Kommentar nun bereits in der vierten Auflage zu verlegen. Dabei ist besonders lobenswert, dass auch die Neuauflage wieder über juris online verfügbar ist und darüber hinaus mit dem Kauf einer Druckausgabe auch eine Lizenz für die e-book Ausgabe vergeben wird, sodass der Kommentar in seiner elektronischen Form auch offline zur Verfügung steht. Dies erleichtert über die Möglichkeit der Stichwortsuche das schnelle Auffinden der gesuchten Passagen und ist vor dem Hintergrund eines veränderten Suchverhaltens der meisten Rezipienten zu begrüßen. Die Möglichkeit der elektronischen Durchsuchbarkeit wurde jedoch nicht als Grund genutzt, das gedruckte Stichwortverzeichnis zu verkürzen; es besticht noch immer mit rund 40 Seiten.

Nach Dafürhalten der Herausgeber, RA Dr. Tobias Bürgers und Prof. Dr. Torsten Körber, LL.M. soll der Kommentar insbesondere an den Bedürfnissen der Praxis ausgerichtet sein, wobei auch auf aktuelle wissenschaftliche Entwicklungen eingegangen werden sollte. Dabei ist das wohl deutlichste Merkmal der Ausrichtung an Belangen der Rechtsanwendung die grundsätzliche Orientierung an der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Auch unterscheidet sich die Art der Querverweisung, die hier in den Text integriert und deutlich zurückgenommen ist, von der Verweisung in wissenschaftlich ausgerichteten Kommentierungen.

In der neuen Auflage ist neben der neuen Rechtsprechung nun auch das Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, die AktG-Novelle 2016, das AReG und der DCGK vom 5. Mai 2015 eingearbeitet. Auch wurden neben den Normen des AktG besonders relevante Vorschriften aus dem WpHG und dem WpÜG erläutert, wobei jedoch wegen der weitreichenden Änderungen durch die MAR auf die Aktualisierung der §§ 12-15b und §§ 37b f. WpHG verzichtet wurde. Auch wurde im Anhang zu § 305 die Unternehmensbewertung kurz erläutert und im Anhang zu § 306 das SpruchG kommentiert. Besondere Erwähnung verdient hierbei der Teil zur Unternehmensbewertung von Ruiz de Vargas, in dem auf 70 Seiten die rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen der Unternehmensbewertung, die Bewertungsmethoden, insbesondere die Ertragswertmethode, die Börsenwertmethode, die Liquidationswertmethode und die Net-Asset-Value-Methode erörtert wurden.

Leider fällt auf, dass die Umsetzung der Geschlechterquote in § 96 Rn. 7a-7f sowie die Zielgrößenbestimmung in § 76 Rn. 38-45 und § 111 Rn. 28a-28c nicht im Detail dargestellt wurden. Insb. in § 111 wurde von Israel fast ausschließlich auf die Kommentierung in § 96 und § 76 verwiesen. Auch die Neuregelung des § 100 Abs. 5 durch das AReG, durch welche sowohl der Anwendungsbereich erweitert wurde, als die Sektorenkenntnis eingeführt und das Unabhängigkeitserfordernis gestrichen wurde, wird nur in drei Randnummern dargestellt (§ 100 Rn. 11a-11c). Vor allem wäre wünschenswert gewesen, das neue Kriterium der Sektorenkenntnis der Aufsichtsratsmitglieder „in ihrer Gesamtheit“ ausführlicher zu kommentieren. Leider wird hier fast ausschließlich auf die Begründung des Regierungsentwurfs verwiesen sowie auf einen instruktiven Aufsatz (vgl. § 100 Rn. 11c).

Hingegen ist positiv zu bemerken, dass im Anhang zu § 161 von Runte und Eckert nicht bloß der DCGK abgedruckt, sondern nachfolgend auch die einzelnen Empfehlungen kurz kommentiert wurden.


Dies rundet den Eindruck ab, dass der Bürgers/Körber ein praktischer Handkommentar ist, der bei kurzen Fragen eine prägnante Antwort bieten will, wobei diese Prägnanz gepaart ist mit dem Versuch, auch angrenzende, praktisch relevante Teilbereiche des Wirtschaftsrecht wie das WpHG, das WpÜG, das SpruchG, die Unternehmensbewertung oder den DCGK mit abzudecken. Dieses Anliegen, die Kommentierung des Aktienrechts möglichst weit zu fächern, gleichzeitig jedoch ein handliches Format beizubehalten, führt zwangsläufig zu einer gewissen Auslassung in der Detailtiefe, die insbesondere im Rahmen von akademischen Problemen spürbar ist. Dies sollte jedoch nicht als Manko oder Vorwurf verstanden werden, sondern vielmehr die Akzentuierung auf die Belange der Praxis verdeutlichen.

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