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Rezension Strafrecht: Jugendstrafrecht

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Ostendorf, Jugendstrafrecht, 7. Auflage, Nomos 2013
 
Von Richter am Amtsgericht Carsten Krumm, Lüdinghausen
 
 
In nun schon 7. Auflage liegt das Lehrbuch „Jugendstrafrecht“ von Ostendorf vor. Konzipiert ist es in erster Linie für Studenten, kann aber auch gut für Referendare, vielleicht auch für Berufseinsteiger, die sich erstmals mit der Materie auseinandersetzen (müssen) genutzt werden. Mit über 300 Seiten erhält man mehr als einen ersten Einblick ins Jugendstrafrecht. Vielmehr werden zum einen die Grundprinzipien des Jugendstrafrechts und die Verfahrensstruktur und zum anderen die Umsetzung in der Praxis dargestellt.
 
Los geht es in dem Buch natürlich mit allgemeinen Ausführungen zur Jugendkriminalität und ihren Ursachen. Ein kurzer geschichtlicher Aufriss von 6 Seiten ist ebenfalls vorangestellt. Sodann wendet sich Ostendorfauf etwa 20 Seiten den Grundlagen des Jugendstrafrechts zu. Darstellet werden hier etwa der Anwendungsbereich des JGG, die Justizpraxis, der alles überstrahlende Erziehungsgedanke und vor allem die wesentlichen Grundprinzipien des JGG-Verfahrens. Alles ist gut lesbar aufbereitet und überfordert den Leser trotz der etwas abstrakten Materie nicht.
 
Weiter geht es mit harten Fakten. Die Beteiligten des Verfahrens werden von Ostendorf vorgestellt, insbesondere dabei die Jugendstaatsanwälte, die verschiedenen Jugendgerichte und die Bedeutung und Funktion der oftmals für Anfänger nicht näher bekannten Jugendgerichtshilfe.
 
Einen breiten Teil des Buches nehmen dann richtigerweise die Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens in Anspruch – es zeigt sich bereits an der Thematik, dass eine Kenntnis der Grundstrukturen des allgemeinen Strafprozessrechts bei der Buchlektüre von Vorteil ist. Ostendorfzeigt in diesem Buchabschnitt die in der Praxis ganz wichtigen Fragen der Diversion auf – kurz (vereinfacht) gesagt: Wie kann unter welchen Voraussetzungen von der Strafverfolgung abgesehen werden oder eine Einstellung stattfinden? Natürlich werden auch andere JGG-Basics behandelt: Nichtöffentlichkeit der Hauptverhandlung, vereinfachtes Jugendverfahren, Rechtsmittelrecht etc.
 
Fast 90 Seiten widmet das Buch den jugendstrafrechtlichen Sanktionen. Diese Darstellungen sind sehr leicht zu lesen und gut strukturiert. Insbesondere zu den Voraussetzungen der Verhängung von Jugendstrafe gefallen die Ausführungen. Für jugendstrafrechtliche Beginner sind sicher die ersten Seiten des Abschnitts interessant, in denen es um die oftmals im Näheren unbekannten Zuchtmittel und Erziehungsmaßregeln geht. Durch kurze Beispiele verdeutlicht Ostendorf, wann welche Sanktion angezeigt sein kann. Schön sind auch statistische Daten zur Häufigkeit der Verhängung solcher Sanktionen. Bei all dem bleibt Ostendorf in seinen Darstellungen immer objektiv – einzig über die Einführung des so genannten Warnschussarrests („Arrest neben Bewährungsstrafe“) verliert er (ab-)wertende Worte und stellt in diesem Zusammenhang auch die Systembrüche im Jugendstrafverfahren dar.
 
Absolut praxisrelevant sind weiterhin die Ausführungen zur Anwendbarkeit von Jugendstrafrecht auf Heranwachsende und zur „Einheitsstrafe“ – sie gehören unzweifelhaft zum Basiswissen eines jeden Studenten, Referendars und Berufsanfängers.
 
Abgerundet wird das Buch durch Vollstreckungs- und Vollzugsfragen, die für Studenten sicherlich weniger interessant sind, gleichwohl zu einem guten jugendstrafrechtlichen Buch, wie dem Ostendorfsgehören.
 
Ein klares Plus des Buches ist seine klare Struktur – anhand des gut strukturierten Inhaltsverzeichnisses lassen sich so sofort alle wichtigen Themenkreise finden, ohne dass es einer weiteren Nachforschung im Stichwortverzeichnis bedarf. Zuletzt ist noch auf die wertvollen Anhänge des Buches hinzuweisen. Für Studenten finden sich in Anhang I die wichtigsten Definitionen des Jugendstrafrechts und in Anhang II ein Repetitorium, in dem anhand von 102 Fragen durch Verweisung auf die jeweiligen Textstellen des Buches eine schnelle Wiederholung/Wissensüberprüfung ermöglicht wird. Für Referendare ist eine Anleitung für Sitzungsvertreter vorhanden, Anlage III.
 
Damit ist das Buch tatsächlich eines der besten Lehrbücher zum Jugendstrafrecht und absolut empfehlenwert.
 

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