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Rezension: Hexerei und Magie im Strafrecht

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Dorn-Haag, Hexerei und Magie im Strafrecht, 1. Auflage, Mohr Siebeck 2016

Von RinLG Domenica D’Ugo, Saarbrücken



Die Dissertation von Verena J. Dorn-Haag wurde 2015 von der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg angenommen und liegt nunmehr in der Reihe „Studien und Beiträge zum Strafrecht“ des Mohr Siebeck-Verlags veröffentlicht vor. Die Autorin hat sich darin eines Themas vorgenommen, das viele sicherlich auf den ersten Blick nur in die (düstere) Vergangenheit einordnen würden. Tatsächlich gibt es jedoch auch heute noch strafrechtlich relevante Vorkommnisse, die in diese thematische „Schublade“ gehören.

Nach einer ausführlichen Darstellung der Problematik der dem Thema zu Grunde liegenden Begrifflichkeiten beschreibt Dorn-Haag die Entwicklung der entsprechenden strafrechtlichen Hintergründe in chronologischer Reihenfolge seit dem Zeitalter der Hexenverfolgung über das der Aufklärung hin zur Reichgründung bis zur Gegenwart. Die umfassenden Erläuterungen sind dabei klug strukturiert und gut nachvollziehbar verfasst. Zusätzlich hat die Autorin Wert auf jeweils einführende „Überblicke“ und zusammenfassende „Fazits“ gelegt, was die Verständlichkeit der doch sehr breit gefächerten Phänomene nochmals fördert.

Für den heute tätigen Strafjuristen wird es im fünften Kapitel („Strafbarkeit von Hexerei und Magie seit der Reichsgründung“) richtig interessant, um - angesichts der oben beschriebenen Überlegung des vermeintlich altertümlichen Themas - nicht zu sagen: überraschend aktuell. Tatsächlich lassen sich, wie der Leser erfährt, zahlreiche heute noch vorkommende strafrechtlich relevante Handlungen unter einige Vorschriften des StGB subsumieren. Hierbei nennt und erläutert die Autorin den allgemeinen Teil betreffend vor allem die Irrtumsvorschriften (vgl. hierzu z.B. den allseits bekannten „Katzenkönigsfall“ sowie den „Siriusfall“) und § 23 Abs. 3 StGB in Form des „abergläubischen Versuchs“. Im besonderen Teil stellt sie insbesondere Bezüge zu Betrugs-, Nötigungs- und Bedrohungsstraftatbeständen her. Überwiegend handelt es sich laut der Ausführungen hierbei jeweils um Fälle, in denen die Handelnden den (Aber-)Glauben der Opfer ausnutzen wollen, um sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren (z.B. um Geld zu erhalten oder sogar die Arbeit als Prostituierte zu dulden, um Voodoo-Zaubern zu entgehen).

Einen weiteren aktuellen Ansatzpunkt bringt die Autorin durch den Hinweis ins Spiel, dass sich auch heute noch unter anderem verzweifelte Kranke beispielweise an Geistheiler, Hellseher und Magier wenden, die - in der Regel gegen großzügiges Entgelt - Hilfe versprechen, was die Prüfung von Vermögens- und Körperverletzungsdelikten erforderlich machen kann. Über diese Darstellungen hinaus wirft Dorn-Haag die überaus interessante Frage auf, ob auch im Rahmen der Vorschriften des Heilpraktikergesetzes in Einzelfällen ein Zusammenhang mit dem Dissertationsthema erkannt bzw. geprüft werden muss. Sie setzt sich dabei kritisch mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung auseinander und plädiert für einen nüchternen Umgang mit solchen „Anbietern“, der neben allen notwendigen staatlichen Schutzüberlegungen auch das Selbstbestimmungsrecht Betroffener hinreichend berücksichtigen solle.

Insgesamt eine sehr lesenswerte und runde Ausarbeitung eines zwar sicherlich nicht für jedermann interessanten Themas. Aber nicht zuletzt aufgrund der Ausführungen und Denkanstöße für den Umgang mit außergewöhnlichen Fällen sollte das Werk jedenfalls in keiner staatsanwaltlichen und gerichtlichen Bibliothek fehlen. Der Preis für das ca. 400 Seiten starke Werk beträgt 99 €.

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