Quantcast
Channel: Die Rezensenten
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2717

Rezension Zivilrecht: Zivilrichter-Leitfaden

$
0
0

Schober, Zivilrichter-Leitfaden, 1. Auflage, C.H.Beck 2013

Von Ri’in Domenica D’Ugo, Saarbrücken
 

Wer selbst schon Literatur zum Einstieg in den Beruf des Zivilrichters gesucht hat, weiß, dass der Markt nicht gerade von solchen Büchern überschwemmt ist. Das hier behandelte Buch von Schober ist eines von drei von der Rezensentin vorgefundenen einschlägigen Werken zu dem Thema, wobei sich die Autorin ausweislich des Literaturverzeichnisses aus den anderen beiden Büchern Anregungen geholt hat. Das Ziel des Zivilrichter-Leitfadens ist, umfassende Hilfestellung für diejenige tägliche richterliche Arbeit zu geben, bei der ein Rückgriff auf Kenntnisse aus der theoretischen Ausbildung nicht möglich ist. Beispielhaft werden hier die Organisation des Arbeitsplatzes, die Verhandlungsführung und die Vernehmungstechnik genannt.

Aufgeteilt wurde der Inhalt in drei Kapitel: „Sich einrichten“, „Post“ und „Mündliche Verhandlung“. Bereits ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, dass die rund 260 Seiten nahezu jedes Stichwort aufzeigen, zu dem ein Berufseinsteiger Fragen haben kann. Die Autorin – die übrigens nach kaum zweijähriger Tätigkeit im Justizdienst in die Rechtsanwaltschaft gewechselt ist – hat sich ersichtlich mit den eigenen Problemen bei der Einarbeitung befasst, ihre Kollegen am Landgericht um Antworten gebeten und kann daher aus eigener aktueller Erfahrung ihr neu erworbenes Wissen an andere Einsteiger weitergeben.

Das Engagement der Autorin führt nach Auffassung der Rezensentin teilweise etwas zu weit: Es bleibt zu hoffen, dass kein noch so junger Kollege tatsächlich die Information braucht, dass ein Telefonat mit Begrüßung und Verabschiedung ablaufen sollte. Auch sollte keinem auch ganz unerfahrenen Kollegen gesagt werden müssen, dass er nach der Sitzung unter Mitnahme seiner Sachen den Sitzungssaal verlassen soll. Weiterhin dürfte wohl als bekannt vorausgesetzt werden, dass die Markierung von Textinhalten mit einem Leuchtstift dazu dienen kann, die Textstelle später leichter wieder aufzufinden und dass das Anbringen von gelben (!) Klebezetteln wahlweise an der Seite oder der Oberkante des Blattes zu empfehlen ist. Kurz: An manchen Stellen muss sich der Leser ernsthaft fragen, ob er gerade Zeit vergeudet oder gar für dumm gehalten wird. Nahezu rührend hingegen wurde die Sorgfalt der Autorin an der Stelle empfunden, an der sie unter der Überschrift „Streitigen Fortgang des Verfahrens überlegen“ rät, zu überlegen und zu notieren und diese Begriffe sogar mit Fußnoten versieht, damit man weiß, woher die Idee (also zu überlegen und zu notieren) stammt.

Wem es gelingt, die Ausführungen nach diesen Erfahrungen noch ernst zu nehmen, wird feststellen, dass die Autorin mit der gleichen Sorgfalt an die Darstellung der „wirklichen“ Probleme des Jungrichters geht, ohne dabei Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Die praktischen Hinweise werden, wo angebracht, durch Verweise auf die entsprechenden Gesetzesnormen ergänzt. Der Text des Buches ist sehr ansprechend und anschaulich gestaltet. Viele Absätze, Formatwechsel und graue Unterlegungen (Formulierungsbeispiele) garantieren eine gute Übersichtlichkeit. Vorschläge zur Erstellung von Tabellen werden durch die Präsentation eben solcher besser verständlich gemacht. Abschließend findet man zudem noch ein Musterprotokoll und das Muster eines Merkblatts für die Sitzung.   

Der Preis von 29,80 € ist angemessen. Die Anschaffung dürfte sich schon wegen der vielen Formulierungsbeispiele und rechtlichen Ausführungen lohnen.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 2717