Herdegen, Europarecht, 17. Auflage, C.H. Beck 2015
Von Dr. Matthias C. Kettemann, LL.M. (Harvard), Frankfurt am Main
An manchen Werken kommt man nicht vorbei. Dass zu diesen Herdegens Goldstandard unter den Einführungen zum Europarecht gehört, wissen Studierende (und die Lehrenden, die das Buch empfehlen). Wie Natalie-Cäcilie Plate in diesem Blog in ihrer Besprechung der 14. Auflage schreibt, ist Herdegens Europarechteine Empfehlung der Professoren, der man trauen kann: „ein Muss und stets die Erste Wahl“.
Die erfolgreiche „Grundrisse des Rechts“-Serie bei C. H. Beck, in der Herdegen auch eine Einführung in das Völkerrecht veröffentlicht hat, überzeugt durch eine didaktisch sinnvolle Aufbereitung der behandelten Fächer und die sichere Hand beim Navigieren zwischen nötigen Lücken und unerlässlichen Inhalten.
Was wurde neu? In der 17. Auflage finden sich Ausführungen zur aktuellen Spruchpraxis des EGMR und des EuGH (hier besonders zum Gutachten über den EMRK-Beitritt der EU und zum währungspolitischen Mandat der EZB).
Was blieb bestehen? Weiterhin überzeugt das Werk mit dem holistischen Ansatz an das „Europarecht“, das für Herdegen neben dem Recht der EU auch Rechtsbereiche im Zusammenhang mit dem OSZE-Prozess und dem Europarat (hier insbesondere Menschenrechtssschutz durch die EMRK) beinhaltet. Angesichts der Europäisierung des öffentlichen und privaten Rechts und der Europafreundlichkeit der deutschen Rechtsordnung ist dieser geweitete Blick unabdinglich. Gerade sein Abschnitt zur Bedeutung der EMRK als gemeineuropäischer Grundrechtsstandard ist in Zeiten der wachsenden menschenrechtlichen Herausforderungen von großer Bedeutung.
Weiterhin stellt Herdegen sicher, dass die Leser einen guten Überblick erhalten, dass sie die zentralen Instrumente und Organe des Europarechts und der EU kennen sowie dass sie wissen, wo sie weiterlesen müssen. An keiner Stelle wirken die Ausführungen überladen – ein „Grundriss“ ist angekündigt, einen „Grundriss“ erhält man.
Die sicher kommende 18. Auflage könnte berücksichtigen, dass die Anzahl hilfreicher Schaubilder und Diagramme, die komplexe Zusammenhänge illustrieren, durchaus noch ausgebaut werden könnte. Auch die Verweise auf weiterführende Literatur könnte aktualisiert werden, gerade im Teil zur EMRK. Andererseits könnte der kleine Abschnitt zu „Internetadressen“ europäischer Institutionen wegfallen. Google tut es auch. Im Sachverzeichnis könnten den Urteilen kleine Hinweise auf die jeweils entscheidenden Gerichte beigefügt werden, um dessen Nutzbarkeit noch zu erhöhen. Schließlich wäre anzudenken, ob Urteile im Text nicht hervorgehobenen werde können, um den didaktischen Nutzen noch zu erhöhen.
Das Buch wendet sich weiterhin primär an Studierende, kann aber auch für Schwerpunktkandidaten als Grundlage herangezogen werden. Wie Herdegen richtig bemerkt, müssen auch Kandidaten in anderen Fächern inzwischen solide Kenntnisse des Europarechts aufweisen. Auch diesen sei daher HerdegensEinführung ans Herz gelegt. Und wer einmal Gefallen am Europarecht gefunden hat, kann in Folge aus dem reichen Fundus an weiterführenden europarechtlichen Publikationen des Autors schöpfen.