Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Auflage, C. H. Beck 2015
Von Rechtsanwalt Thorsten Franke-Roericht, LL.M. Wirtschaftsstrafrecht, Frankfurt am Main
„Der Gottwald“ ist ein Schwergewicht auf seinem Gebiet – oder anders ausgedrückt: ein Standardwerk zum gesamten Insolvenzrecht auf annähernd 3.000 Seiten. Dank der Zusammensetzung des Autorenteams kombiniert es Praktikerexpertise mit wissenschaftlicher Tiefe. Das Werk beschränkt sich keineswegs auf rein insolvenzrechtliche Dimensionen: Zum einen wird die zeitlich den gesetzlichen Insolvenzeröffnungsgründen vorgelagerte Unternehmenskrise betriebswirtschaftlich beschrieben und problematisiert (z.B. anhand von Cashflow-Konzeptionen, vgl. § 2 Rz. 23 ff.), zum anderen werden weitere, die Insolvenzpraxis prägenden Schwerpunkte jenseits des Insolvenzrechts dargestellt und vertieft (siehe unten). Nun ist die 5. Auflage erschienen.
Gegenüber der Vorauflage (2010) ist das Werk um über 400 Seiten gewachsen und berücksichtigt – neben der neuen BGH-Rechtsprechung zu wesentlichen insolvenzrechtlichen Fragen – folgende gesetzgeberische Neuerungen bzw. Vorhaben: Die Erleichterung von Unternehmenssanierungen durch das „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)“ (2011), die Reform der Verbraucherinsolvenz durch das „Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte“ (2013) sowie den „Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen (2014)“. Es wird deutlich: Der deutsche Gesetzgeber hatte sich ein „Dreistufen-Reform-Konzept“ (Vorwort des Herausgebers, V) vorgenommen; dessen letzte Stufe – das Konzerninsolvenzrecht – steht noch aus. Das Handbuch berücksichtigt ferner die Entwicklungen auf europäischer Ebene, namentlich die Reform der „Europäischen Insolvenzverordnung (EuInsVO)“. Wer hierzu einen kurzen und prägnanten Einstieg sucht, dem seien die Anmerkungen des Herausgebers in der Einführung (§ 1) empfohlen, die sich u.a. mit den „Reformen seit 2009 und den offenen Reformvorhaben“ (Rz. 74 bis 113) befassen und auch einen „Ausblick“ auf zukünftige Herausforderungen des deutschen und europäischen Insolvenzrechts liefern (Rz. 114 bis 119).
Ein personeller Wechsel in der Bearbeitung der bisherigen Teile war nicht geplant (Vorwort des Herausgebers, V.). Allerdings mussten zwei Autoren (Klopp / Kluth) ersetzt sowie innerhalb kürzester Zeit eine Übersicht zum bevorstehenden Konzerninsolvenzrecht durch einen neuen Autor gefertigt werden (a.a.O.) Der bewährte Aufbau des Handbuchs wurde beibehalten: Zunächst orientiert es sich am zeitlichen Ablauf des Vermögensverfalls (Kapitel I. bis VI.), um sodann die vom Gesetzgeber nicht durchnormierten, für die Insolvenzpraxis aber bedeutsamen Schwerpunkte wie „Besonderheiten der Gesellschaftsinsolvenz“ (VII.), „Stellung der Banken“ (VIII.), „Arbeitsrecht und Insolvenz“ (IX.), „Steuerrecht“ (XI.) oder „Internationales Insolvenzrecht“ (XIV.) zu vertiefen. Neu hinzugekommen ist ein Kapitel zum Insolvenzstrafrecht (XII.), das mit Herrn Prof. Dr. Dannecker (Universität Heidelberg) prominent besetzt wurde. Diese überfällige Erweiterung ist zu begrüßen, wie auch der Herausgeber im Vorwort mit Erleichterung betont („Inhaltlich konnte der Stoff endlich um das Insolvenzstrafrecht erweitert werden“). M.E. wäre es konsequent, zukünftig auch das Steuerstrafrecht inkl. des Selbstanzeigenrechts einzubinden. Denn in Insolvenzfällen gehören auch diese Themen zu den Problemfeldern (vgl. auch Dannecker, § 127 Rz. 146, der zutreffend auf die Steuerhinterziehung (§ 370 AO) als insolvenzbegleitende Straftat verweist).
Das „Insolvenzrechts-Handbuch“ gehört in seinem Themenfeld zu den führenden Standardwerken. Auch die 5. Auflage liefert konkrete Hilfestellungen in allen Fragen des Insolvenzrechts bzw. der insolvenzrechtlichen Praxis. Der Blick ist stets auf lösungsorientierte Ansätze gerichtet, ohne dabei wissenschaftliche Problemfelder zu verkürzen. Umfangreiche Literaturverzeichnisse am Anfang eines jeden Kapitels bzw. Abschnitts ermöglichen eine Vertiefung besonderer Aspekte. Das Werk stellt darüber hinaus die die Insolvenzpraxis prägenden Schwerpunkte jenseits des Insolvenzrechts vor und vertieft sie. Es ist damit ein wertvolles „Full-Service“-Handbuch im Bereich der Literatur zur Insolvenzpraxis.