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Rezension Zivilrecht: Fälle zum Arbeitsrecht

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Junker, Fälle zum Arbeitsrecht - Mit einer Anleitung zur Lösung arbeitsrechtlicher Aufgaben, 2. Auflage, C.H. Beck 2012
 
Von Ref. iur. Arian Nazari-Khanachayi, Frankfurt am Main
 
 
Abbo Junker, Inhaber eines Lehrstuhls für (Internationales) Arbeitsrecht, Arbeitsrechtsvergleichung und Bürgerliches Recht in München, ist Autor zahlreicher Beiträge zum Arbeitsrecht. Daneben ist er Verfasser eines Standardlehrbuchs auf diesem Gebiet. Daher wurde die Neuauflage seiner Fallsammlung zum Arbeitsrecht (1. Auflage aus dem Jahre 2005) aus studentischer Sicht mit Spannung erwartet. Dies insbesondere mit Blick auf die besondere Prüfungshäufigkeit des Arbeitsrechts im Rahmen der staatlichen Pflichtfachprüfung (beispielsweise entstammt in Hessen die dritte zivilrechtliche Aufsichtsarbeit der letzten drei Termine aus diesem Rechtsgebiet).
 
Junker kombiniert seine Fallsammlung mit theoretischen Ausführungen zur Falllösungstechnik mit spezieller Betrachtung arbeitsrechtlicher Sachverhalte. Im Rahmen der Darstellung der Falllösungstechnik beschränkt sich Junker nicht nur auf abstrakte Ausführungen. Vielmehr werden zum einen Beispiele präsentiert (vgl. etwa Einführung Rn. 6 mit einigen erklärenden Ausführungen zu den §§ 7, 4 KSchG oder Einführung Rn. 39 zum „Streitgegenstand“), zum anderen werden Intraverweise auf die jeweils einschlägigen Fälle gegeben (z.B. Einführung Rn. 12, 13, 18, 69, 82). Dadurch kann der Leser die „praktische“ Umsetzung des abstrakt Dargestellten sofort nachverfolgen, damit selbst einüben. Gerade für das Arbeitsrecht ist der Unterschied zwischen Anspruchs- und Wirksamkeitsklausuren von großer Bedeutung, sodass die diesbezüglichen Ausführungen erfreulich sind (Einführung Rn. 9 ff. mit weitergehender Differenzierung zwischen den einzelnen Ausformungen von Anspruchs- und Wirksamkeitsklausuren).
 
Ferner gibt der Autor hilfreiche Hinweise für die konkrete Klausuranfertigung (vgl. etwa Einführung Rn. 21 mit dem Vermerk, dass überflüssige Ausführungen zu den akademisch umstrittenen Begriffen wie etwa dem des „Arbeitskampfs“, die für die konkrete Falllösung unerheblich sind, nicht ausgebreitet werden sollten). In diese Richtung geht auch die Analyse der wohl häufigsten Ursachen für die Verkennung des Sachverhalts (Einführung Rn. 28 „psychische Belastung“, Rn. 29 „mangelnde Erfahrung“ und Rn. 34 „unangebrachte Spekulation“). Förderlich sind diese Aspekte, weil solche Fehlerquellen, die ein erfahrener Hochschullehrer explizit herausarbeitet, bei bewusster Wahrnehmung besser vermieden werden können. Hervorzuheben ist der Abschnitt über das Erkennen von Problemen. Gerade juristische (Aufsichts- und Haus-)Arbeiten erfordern ein gesteigertes Problembewusstsein zwecks Unterscheidung des Wesentlichen vom Unwesentlichen. Junker empfiehlt an dieser Stelle zwei Methoden für das Erkennen von Problemen (Einführung Rn. 47 „spontan“ und Rn. 48 „versteckte Hinweise wahrnehmen“). Anschließend stellt Junkereinige Prinzipien für die Schwerpunktbildung im Rahmen der Niederschrift auf, die sich ebenfalls als äußerst instruktiv erweisen [vgl. etwa Einführung Rn. 65 ff. „Notwendigkeitsmaxime“, wonach irrelevante Ausführungen vermieden und unpassende Normen (Rn. 66) ausgesondert werden sollten, da ansonsten Punktabzüge drohen (Rn. 67)]. Schließlich sind auf der einen Seite die Ausführungen bezüglich des Herausarbeitens von richtigen Anknüpfungspunkten (Einführung Rn. 71) und auf der anderen Seite die Darstellung des besonderen Verhältnisses zwischen dem Gutachten- und dem Urteilsstil im Rahmen arbeitsrechtlicher Fallbearbeitungen (Einführung Rn. 72 ff., insb. Rn. 79) als besonders gelungen hervorzuheben.
 
Die Fallsammlung orientiert sich vornehmlich an die Rechtsprechung des BAG, sodass fast alle Fälle „klassischen“ Urteilen nachgebildet sind. Dadurch werden viele grundsätzliche Positionen der Rechtsprechung vermittelt. Auf diese Weise werden die Sachverhalte zwar einerseits höchst anspruchsvoll, andererseits bleiben hierbei leider einige aktuelle Urteile (wie etwa die Rspr. des BAG zu § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG = BAGE 137, 275) mit hoher Examensrelevanz außen vor. Gerade weil zwischen der 1. und 2. Auflage (ca. 7 Jahre) ein großer Zeitraum liegt, haben sich einige grundlegende Aspekte – auch durch die vermehrten europarechtlichen Vorgaben z.B. im Bereich des Diskriminierungsverbots – verändert. Eine Aufarbeitung dieser Änderungen durch einen der führenden Hochschullehrer auf diesem Rechtsgebiet wäre mehr als nur wünschenswert gewesen. Freilich kann das Werk aufgrund seiner formalen Aspekte viele Bonuspunkte sammeln: den Fällen sind Vorüberlegungen vorangestellt, die sogar an geeigneten Stellen Ausführungen inhaltlicher Art anbieten (vgl. bspw. Fall 1 Rn. 2, Fall 2 Rn. 2 oder Fall 10 Rn. 3 u. 8). Im Zuge dieser Vorüberlegungen werden dabei nicht nur Aufbaufragen erörtert (s. etwa Fall 5 Rn. 4), sondern auch und sofern notwendig verschiedene Lösungsvarianten und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die weitere Prüfung durchleuchtet (z.B. Fall 7 Rn. 3 ff.). Auch sind 10 sog. Checklisten aufgenommen, die die wichtigsten Prüfungsschemata darstellen. Zudem sind viele, weiterführende Verweise auf Junker, Grundkurs Arbeitsrecht zu finden, die eine effiziente Vertiefung der behandelten Themen ermöglichen.
 
Junker präsentiert eine lesenswerte Kombination von theoretischen Ausführungen zum Thema der Fallbearbeitungstechnik im Arbeitsrecht mit einer Fallsammlung. Obgleich die Fallsammlung nicht durchweg mit Aktualität glänzt, stellt sie doch eine förderliche Hilfestellung für die Erarbeitung der grundlegenden Strukturen im Arbeitsrecht dar. Damit kann die Neuauflage von Junker sowohl Examenskandidaten als auch Studierenden, die sich auf arbeitsrechtliche Klausuren im Schwerpunktbereichsstudium vorbereiten, empfohlen werden.

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