Brenneisen, Familien- und Erbrecht, 3. Auflage, C.F.Müller 2015
Von Richter am Amtsgericht Carsten Krumm, Lüdinghausen
Familien- und Erbrecht sind Themen, bei denen die meisten Studenten ganz nachvollziehbar „auf Lücke setzen“. Gleichzeitig ist es äußerst fahrlässig, derart große Rechtsgebiete nicht zu lernen oder nur zwei, drei klausurrelevante Normen zu kennen. Eine gute Möglichkeit, sich auf das erste Staatsexamen in diesen Bereichen vorzubereiten ist sicher das nunmehr in 3. Auflage vorliegende Buch von Ute Brenneisen. Anders als viele andere Autoren von Studienliteratur handelt es sich bei ihr nicht um eine Professorin, sondern um eine Richterin am OLG. Sie schafft es so auch, theoretisches Wissen und Praxis in einem für Studenten gut verständlichen Verhältnis darzustellen. Interessant ist dabei vor allem, dass sie für beide Rechtsgebiete nur etwa 200 Seiten benötigt. Das Buch kann also schnell = zeitsparend gelesen werden.
Inhaltlich werden alle familien- und erbrechtlichen Themen abgearbeitet, die man auch in anderen Lehrbüchern zu diesen Bereichen findet.
Im Familienrecht geht es natürlich anfangs um allgemeine Grundbegriffe, wie Familie, Verwandtschaft oder Schwägerschaft. Die anschließend folgenden Darstellungen zur Ehe machen dann den größten Buchteil aus – über 70 Seiten wendet die Autorin hierfür auf. Die Darstellungen sind durchweg leicht verständlich. Besonderen Wert legt Brenneisen dabei darauf, besonders klausur- und praxisrelevante Anspruchsgrundlagen darzustellen. Auch andere wiederkehrende Ansprüche, wie etwa der Vergütungsanspruch des mitarbeitenden Ehegatten werden in der gebotenen Ausführlichkeit dargestellt (S. 10) - hier werden etwa die Ehegatteninnengesellschaft oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage erörtert. Vorbildlich sind auch die Darstellungen zur Berechnung des Zugewinnausgleichs: Es finden sich hier mehrere Berechnungsschemata, so natürlich zunächst eines „unproblematischen“ Zugewinnausgleichs (Rn. 145) oder auch eines Zugewinnausgleichs nach Zuwendungen des Ehemannes an seine Ehefrau (Rn. 148). Natürlich sind auch Unterhaltsfragen und alles rund um die Scheidung im Buch enthalten. Im Unterhaltsrecht finden sich dann die üblichen Prüfungspunkte „Bedarf – Bedürftigkeit – Leistungsfähigkeit“ wieder. Einzelfragen werden natürlich aus Platzgründen und mangels Ausbildungsrelevanz nicht erläutert. Für eine erste Vorstellung eines Anfängers im Familienrecht von dem, was Unterhaltsrecht ausmacht ist das aber durchaus ausreichend. In der gebotenen Kürze wird auch die Struktur der elterlichen Sorge dargestellt. Gerade die Vertretung des Kindes in rechtsgeschäftlichen Fragen kann hier bekanntermaßen schon einmal Klausuraufhänger für eine allgemeine zivilrechtliche Problematik werden – das notwendige Wissen hierfür findet der Leser in den Rn. 259 ff. Weitere kleinere Themenfelder sind der für Studenten sicher weniger relevante Verwandtenunterhalt, die Betreuung, Vormundschaft und Pflegschaft. Dies ist hilfreich, da ja diese Rechtsinstitute in der Regel gar keinen Platz in der Ausbildung haben, trotzdem aber zumindest als Art „juristischer Allgemeinbildung“ eine grobe Vorstellung davon vorhanden sein sollte, worum es sich dabei handelt.
Der zweite Buchteil ab Seite 98 ist dann dem Erbrecht gewidmet. Nach den Grundprinzipien folgt zunächst eine Darstellung der gesetzlichen Erbfolge. Gut dabei: Gleich zu Beginn (Rn. 292) gibt es eine tabellarische Übersicht der Erbanteile bei gesetzlicher Erbfolge und zwar geordnet nach Rangordnung, Existenz von erbberechtigten Großeltern und Güterstand. Aufgeführt werden die Quotenanteile und auch die Vorschriften, in denen sich die entsprechenden Regelungen finden. Im Anschluss gibt es dann noch einen erbrechtlichen Klausurfall zu diesem Themenkreis (Rn. 296 f.). Das Testament ist dann Gegenstand des nächsten größeren Abschnitts (ca. 20 Seiten), der gleich wieder mit einer bunt gedruckten Arbeitshilfe „Testamentarische Verfügung – Zustandekommen und Wirksamkeit“ beginnt. An solche Stellen des Buches empfiehlt es sich sicher für die weiteren Arbeiten einen Klebezettel anzubringen.
Weiter geht es mit Erbvertrag und gemeinschaftlichem Testament. Auch hierzu gibt es dann einen Klausurfall – angelehnt an BGHZ 160, 33. Es folgen zudem noch erwartungsgemäß etwa Abschnitte zur Rechtsstellung des Erben, zum Erbschaftsanspruch (§§ 2018 ff. BGB), zum Erbschein und vor allem auch zum Pflichtteilsrecht.
Interessant an dem Gesamtwerk: Von der Aufmachung kommt das Buch ein wenig wie ein Skript eines Repetitors daher: Bereits das Format ist etwas breiter als andere Bücher. Hierdurch sind an den Buchseiten etwa 5 cm freier Rand vorhanden, auf denen man gut Notizen anbringen kann. Zudem sind grafisch und farbig deutlich hervorgehobene Hilfen vorhanden: Prüfungsschemata, Beispiele, Klausurtipps, Hinweise und als besonderes Schmankerl Hinweisen auf einen Online-Wissens-Check, auf den man mit dem auf Seite VII abgedruckten individuellen User-Code zugreifen kann. Ich selbst würde mit so etwas nicht arbeiten wollen – viele heutige Studenten werden dieses zusätzliche Angebot sicher schätzen.
Vorteilhaft ist Brenneisens Konzentration auf wesentliche Fundstellen. Meist werden BGH-Entscheidungen angegeben, seltener solche von OLGen. Das macht Sinn – anders als etwa in der Praxis muss ein Student nicht wissen, ob ein bestimmtes OLG vielleicht irgendwelche Besonderheiten in seiner Rechtsprechung für bestimmte Fallkonstellationen bereithält. Schön ist zudem, dass alle zitierten Entscheidungen mit Entscheidungsart, Datum und Aktenzeichen versehen sind. Hierdurch ist ein googlen der Entscheidung möglich, ohne dass es etwa eines Online-Datenbankzuganges bedarf. Auch im Bereich von zitierten Kommentierungen wird ausschließlich auf Bewährtes zurückgegriffen: Münchener Kommentar, Palandt, Brox/Walker, Musielak, Soergel oder Staudinger. Angenehm auch bei Angabe dieser Fundstellen, dass eigentlich nur immer eine, dann aber wirklich treffende Fundstelle angegeben wird.
Nicht verschwiegen werden soll aber: Unfreiwillig komisch wirken die am Buchanfang auf bunt gedruckten Seiten dargestellten „Tipps vom Lerncoach“. Da kann man doch tatsächlich lesen, dass Lernen ein aktiver Aufnahme- und Verarbeitungsprozess ist. Auch wird empfohlen sich gesund zu ernähren, etwa mit Schulbrot und Apfel. Nach dem Essen soll man dann noch eine Pause einlegen, weil die Verdauung dann Sauerstoff verbraucht. Frei nach Loriot fällt mir da nur ein: „Ach was!“
Dem insgesamt guten Eindruck des Buches tut das keinen Abbruch, sondern macht es durchaus sympathisch, zumal man mit dem „Familien- und Erbrecht“ Literatur für zwei Rechtsgebiete für einen unschlagbaren Preis von 17,99 Euro in Händen hält.