Wieser, Handbuch des Bußgeldverfahrens, 7. Auflage, Boorberg 2015
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Fünf Jahre nach der Vorauflage wurde das „Handbuch des Bußgeldverfahrens“ überarbeitet und aktualisiert. Fast 700 Seiten erwarten den Leser inzwischen. Das Buch erscheint als Band 4 in der Reihe „Fortbildung & Praxis“, die von der Bayerischen Verwaltungsschule herausgegeben wird. Insoweit ist auch klar, dass der Schwerpunkt des Werks auf dem Verwaltungsverfahren liegt und nicht, wie der eher globale Titel des Werks es vermuten lassen könnte, das gesamte Verfahren bis hin zum OLG umfasst. Dies wird auch daran deutlich, dass das Verfahren vor dem Amtsgericht eher kursorisch auf weniger als 25 Seiten abgehandelt wird, das Rechtsbeschwerdeverfahren gar keinen eigenen Abschnitt erhält.
Den Schwerpunkt des Werks bilden drei große Abschnitte, nämlich die Einleitung des Bußgeldverfahrens, die Aufklärung des Sachverhalts und der Erlass des Bußgeldbescheides. Weitere Teile behandeln das Zwischenverfahren, das Verfahren vor dem Amtsgericht und die Vollstreckung behördlicher Bußgeldentscheidungen. Das Handbuch zeichnet sich durch eine hohe Anwendungsfreundlichkeit aus. Der Fließtext wird durch Grafiken, Schaubilder, Musterbescheide und Musterschreiben, Beispiele und sogar explizite Fehlbeispiele ergänzt, sodass der Leser sich sowohl die Rechtsmaterie als auch den Impetus des Autors sofort effektiv vergegenwärtigen kann. Durch den Rekurs auf das Verwaltungsrecht im Ganzen findet gerade keine Fokussierung auf das Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht statt, was für die offensichtliche Zielgruppe, auszubildende Verwaltungsbeamte, zum Verständnis der jeweils erläuterten Rechtsfrage durchaus von Vorteil sein kann. Sehr positiv zu werten sind deswegen auch die vielen ausführlichen Erläuterungen zu tatsächlichen Vorgängen im behördlichen Alltag, etwa zu den möglichen Zeugenvernehmungen oder zu den Vollstreckungsvorgängen.
Was leider auffällt, ist, dass die Fundstellen teilweise etwas in die Jahre gekommen sind und neuere, gerade in verkehrsrechtlichen Entscheidungen und Besprechungen aufgegriffene Entwicklungen und Problemkonstellationen fehlen (z.B. bei § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG zur Relevanz des Verschuldens der Behörde, S. 87; bei der Problematik der fehlenden Vollmacht des Verteidigers, S. 546 ff., und vor allem zum Umfang der Akteneinsicht, S, 359 ff.,), ja meiner Ansicht nach sogar angreifbare Positionen vertreten werden (etwa zur Zustellung an den Verteidiger trotz fehlender schriftlicher Vollmacht). Natürlich muss die Zielgruppe des Werks berücksichtigt werden, aber wenn seitens der zukünftigen Beamten in den Bußgeldstellen Fehler gemacht werden, weil sie z.B. ein Problemfeld nicht völlig durchdringen, ist die Freude des Verteidigers natürlich groß. Insofern wäre nach meinem Empfinden eine genauere Rezeption der durchaus vielschichtig vorhandenen Rechtsprechung samt Abwägung der damit verbundenen Ansichten durchaus angezeigt. Auch könnte die Handreichung bei schwierigen Abgrenzungsfragen intensiver ausfallen (etwa bei der Einstellung nach § 47 OWiG oder bei der Frage der Verhältnismäßigkeit bei Durchsuchungsmaßnahmen, S. 252: wann ist die OWi denn schwerwiegend?). Zur Vollstreckung des Fahrverbots findet sich leider auch kein Unterkapitel.
Insofern bietet das Handbuch nur für einen eingeschränkten Nutzerkreis eine vollumfängliche Nutzbarkeit. Für Verteidiger und Richter sind allenfalls ausgewählte Kapitel zur Lektüre sinnvoll, um sich bspw. über behördliche Abläufe zu informieren.