Hoeren (Hrsg.), Big Data und Recht, 1. Auflage, C.H. Beck, 2014
Von Dr. Matthias C. Kettemann, LL.M. (Harvard), Frankfurt am Main
Mit Big Data. A Revolution that will transform how we live, work and think haben Viktor Mayer-Schönberger und Kenneth Cukier 2013 eine populäre politik- und sozialwissenschaftliche Untersuchung des Phänomens Big Data vorgelegt. Die Rechtsfragen, die mit der massenhaften Speicherung und Nutzung von Daten indes verbunden sind, wurden hier nur angerissen. Mit dem von Prof. Thomas Hoeren (Münster) 2014 herausgegebenen Band Big Data und Recht, der in der Beck’schen Schriftenreihe Information und Recht erschienen ist, wurde – zumindest für den deutschen Rechtsraum – diese Lücke geschlossen.
Der mit 134 Seiten kurz gefasste Band schafft es dennoch einen kompetenten und umfassenden Überblick über die Rechtsfragen der Nutzung von Big Data zu geben. Wie die Autoren ausführen (7), haben europäische Firmen die Chance, das Monopol der Big Data-Bereitstellung zu brechen.
Nach einer technischen Einführung erfolgt die rechtliche Betrachtung, wobei sieben Autoren die Bereiche Eigentum an Daten, Insolvenzrecht, Urheberrecht, Datenschutzrecht, Vertragsrecht, Informationshaftung / Informationsqualität, Aufbewahrungs- und Löschungspflichten, Steuerrecht, Strafrecht, Produkthaftungsrecht, Roboterrecht, Datenmarktplätze und Medizinrecht abdecken.
Hier zeigen sich große Unterschiede in der Detailliertheit der Regelungen. Während etwa das Eigentum an Daten und die rechtliche Einordnung von Datenbanken in Judikatur wie Lehre ausführlich behandelt wurde, ist das Schicksal von Daten bei der Insolvenz eines Big Data-Unternehmens ungewiss. Gerade hier, so die Autoren, sei „weitergehende Forschung“ (41) unerlässlich. Im Bereich des Datenschutzrechts wird insbesondere die Zugriffsmöglichkeit ausländischer Behörden auf in Clouds gespeicherter Daten europäischer Nutzer problematisiert. Politische Diskussionen über europäische Clouds finden in dieser Problematik ihren Anfang.
Immer wieder überrascht der Band mit interessanten Analogien und Vergleichen. Mit Recht kann eine Cloud wohl als Mietobjekt gesehen werden (97), die der Vermieter ‚instandhalten‘ muss. Können Viren in einer Cloud ähnliche zivilrechtlichen Folgen mit sich ziehen wie der Ungezieferbefall einer Wohnung? Weiter schwieriger wird es, wenn es um die Grundrechtsbindung von (autonomen) Robotern geht (123) und um Haftungsfragen, die ihr Einsatz hervorbringt.
„Big Data steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen“, schreiben die Autoren abschließend (135). Doch selbst – und gerade – ein junges Rechtsgebiet bedarf der kritischen Sichtung. Und das leistet dieses Buch auf hervorragende Weise. Es zeigt auch, dass sich das deutsche wie das internationale Recht vor neuen Rechtsfragen nicht zu verstecken braucht. Lehre und Forschung können hier Gesetzgeber wie Judikatur wertvolle Hinweise geben und Lücken aufzeigen.