Wächter, M&A Litigation. M&A-Recht im Streit, 2. Auflage, RWS 2014
Von RA Sebastian Schechinger, LL.M., München
Vertragswerke im Bereich M&A sind üblicherweise umfangreich und komplex. Trotz sorgfältiger Verhandlungen und Vertragsausarbeitung sind spätere Streitigkeiten nicht ausgeschlossen. Mit diesen Streitigkeiten befasst sich das vorliegende Handbuch. Ziel ist es, so der Verfasser im Vorwort zur ersten Auflage, die Dogmatik und Rechtsprechung zum Unternehmenskauf für nachfolgende Rechtsstreitigkeiten aufzuarbeiten. Die Herangehensweise sei kritisch, schon um Gegenpositionen zu skizzieren, mit denen im Rechtsstreit zu rechnen sei. Die vorliegende zweite Auflage ist gegenüber der ersten nun rund 200 reicher; die Erörterung der schadensrechtlichen Fragen wurden weiter ausgedehnt, weitere etwa 40 Schiedssprüche wurden ausgewertet und schließlich neue Aufsätze und gerichtliche Entscheidungen eingearbeitet. Im Ergebnis ergibt sich für dieses Buch in Hardcover-Ausführung ein Gesamtumfang von nicht ganz 800 Seiten.
Wie bei Werken dieser Größe üblich – die fachlichen Ausführungen umfassen fast 700 Seiten – folgt der groben Inhaltsübersicht ein detailliertes Inhaltsverzeichnis. Ebenso enthalten sind ein Literaturverzeichnis und ein Stichwortverzeichnis sowie eine strukturierte Übersicht bedeutender Gerichtsurteile und Schiedssprüche zur Thematik des Unternehmenskaufes. Das Verzeichnis umfasst vor allem Entscheidungen des RG, des BGH, einiger Oberlandesgerichte und schließlich des ICC. Neben der Seitennummerierung werden auch Randziffern verwendet. Das Schriftbild ist gut lesbar und beinhaltet teils umfangreiche Fußnotenapparate mit zahlreichen Bemerkungen und Weiterverweisungen. Durch die gut geführten Verzeichnisse ist eine schnelle Orientierung gut gewährleistet.
Das Werk ist in acht größere Kapitel unterteilt. Das erste Kapitel erläutert Streitigkeiten, welche entstehen, ohne dass ein Hauptvertrag zustande gekommen ist. Ursache können hierfür etwa der Abbruch der Verhandlungen oder eine Verletzung der Geheimhaltung sein (S. 2). In dem folgenden zweiten Kapitel werden Streitigkeiten um den Bestand von M&A-Verträgen erläutert. Im Gegensatz zum vorigen Kapitel sind die Verträge hier zustande gekommen. Relevant sind hier vornehmlich M&A-Verträge die durch Optionen zustande gekommen sind und Probleme der Nichtigkeit. Es folgen (Kapitel 3) Ausführungen zu Streitigkeiten bei Nichtlieferung. Relativ umfangreich behandelt das vierte Kapitel Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung des Unternehmenswerts. Der hier verwendete Begriff Unternehmenswertbeeinträchtigung ist deskriptiv zu verstehen; eine juristische Bewertung ist mit diesem nicht beabsichtigt (vgl. S. 125 f.). Das Kapital umfasst über 230 Seiten. Erörtert werden die Themenkomplexe Garantien, c.i.c., Anfechtung wegen Täuschung, deliktische Ansprüche, Sachmangelhaftung und Haftung mit subjektiven Merkmalen auf Verkäuferseite bzw. Käuferseite. In dem folgenden Kapitel fünf werden die Rechtsfolgen der Unternehmenswertbeeinträchtigungen erörtert. Diese Rechtsfolgenseite wirft schwierige Fragen auf, wie der Verfasser erläutert (Rn. 1051). Dies ist zum einen dem Umstand geschuldet, dass gesetzlich lediglich eine sehr knappe Regelung erfolgt, vermengt mit einer wenig klaren Dogmatik. Zum anderen können hier Fragen der Unternehmensbewertung eine Rolle spielen; dies vor allem, wenn eine Schadensbehebung durch Naturalrestitution nicht möglich ist, und somit die Frage des Ausmaßes der Beeinträchtigung zwei Unternehmensbewertungen erforderlich machen kann. Somit gesellen sich zu den juristischen Herausforderungen streitträchtige wirtschaftswissenschaftliche Bewertungsproblematiken hinzu.
In dem sechsten Kapitel werden Streitigkeiten aus zusätzlichen Vereinbarungen behandelt, also solchen Vereinbarungen, welche nicht Gegenstand der Hauptpflichten des M&A-Vertrags sind, wie etwa Altlastenklauseln (S. 566 ff.) oder Steuerklauseln (S. 572 ff.). Weiterungen werden im siebten Kapitel behandelt; gemeint sind hiermit Streitigkeiten, welche sich nicht im Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer abspielen. Zu guter Letzt, im Kapitel 8 Anhang, wird der Blickwinkel auf die praktische Prozessführung vor Gericht gelenkt. Der Verfasser beginnt den weit gespannten Bogen (vgl. Rn. 1769) mit grundlegenden Ausführungen zu Justiztheorie und der geistesgeschichtlichen und sonstigen Lage der heutigen deutschen Justiz. Es folgt ein kritischer und sehr interessant zu lesender Überblick durch die Thematik, angereichert mit Stimmen von etwa Clausewitz, Montesquieu, Schopenhauer, dem amerikanischen Rechtsanwalt und Professor Michael E. Tigar.
Alles in allem liefert das Werk einen profunden und tiefgehenden Einblick in die Fragen der Streitigkeiten die sich im Zusammenhang mit M&A-Verträgen ergeben können. Durch die übersichtliche Darstellung und die umfangreichen Verzeichnisse ist eine zügige Orientierung unschwer möglich. Damit eignet sich der Wächter vor allem auch für den praktisch arbeitenden Juristen oder andere Personen, die sich fachlich mit dieser Thematik auseinandersetzen.