Schwab, AGB-Recht, 2. Auflage, C.F. Müller 2014
Von Christoph Engel (LL.B. Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht), Siegen
Rationalisierung, Standardisierung, Lückenfüllung und die Verbesserung der Rechtsposition des Verwenders: So lassen sich die Hauptfunktionen Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die im modernen Geschäftsverkehr unerlässlich scheinen, kurz und bündig zusammenfassen. Nicht nur im Rahmen von Rechtsgeschäften mit Verbrauchern, sondern auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist die Zahl der Verträge mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorherrschend. Das AGB-Recht – durchaus als Kernbereich des Vertragsrechts zu bezeichnen – ist daher insbesondere auch für Juristinnen und Juristen von großer praktischer Bedeutung. Sei es die Überprüfung der AGB auf ihre Wirksamkeit oder gar die Formulierung von AGB-Klauseln: Mit diesen Aufgaben können Juristinnen und Juristen sowohl in einer Anwaltskanzlei als auch in der Rechtsabteilung eines Unternehmens konfrontiert werden. Trotz dieser hohen Praxisrelevanz des AGB-Rechts kommt es in der juristischen Ausbildung vermeintlich zu kurz. Zur Überwindung dieser Diskrepanz empfiehlt sich dem Studenten, dem Berufseinsteiger, aber auch dem berufserfahrenen Juristen eine Lektüre, die sich intensiv mit der Aufarbeitung dieser Rechtsmaterie auseinandersetzt, eine systematische Gesamtdarstellung des AGB-Rechts liefert und sich dabei an der relevanten Praxis orientiert. Ein Werk, das den Anspruch erhebt, in eben diese Kategorie eingeordnet zu werden, ist das kürzlich in seiner zweiten, neu bearbeiteten Auflage erschienene „AGB-Recht“ von Dr. Martin Schwab, Professor für Bürgerliches Recht, Verfahrens- und Insolvenzrecht an der FU Berlin. So soll dessen inhaltlicher Teil von 411 Seiten – nach Intention des Autors – nicht nur als Einstiegserleichterung in diese Rechtsmaterie und zur eigenen juristischen Fortbildung dienen, sondern auch als Unterstützung bzw. Hilfsmittel für den Praktiker tauglich sein.
Bereits der Aufbau dieses Buches lässt sich als durchaus gelungen charakterisieren, da der Verfasser das Rechtsgebiet der Allgemeinen Geschäftsbedingungen didaktisch bzw. systematisch sinnvoll aufschlüsselt. Zunächst erfolgt eine Einteilung in vier größere Abschnitte, die wiederum in thematisch speziellere Kapitel aufgegliedert sind.
Der erste Teil widmet sich dementsprechend dem „Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ an sich. Hier werden vom Verfasser unerlässliche Basisinformationen gegeben und die im Gesetzeswortlaut des § 305 BGB genannten Voraussetzungen genauer definiert und erläutert, so beispielsweise, was grundsätzlich unter einer Vertragsbedingung zu verstehen ist, wann Klauseln in diesem Zusammenhang als für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert gelten und was sich genau hinter dem Begriff des „Stellens“ von Vertragsbedingungen durch den Verwender verbirgt.
Im zweiten Teil des Buches geht der Verfasser auf die grundsätzliche Einbeziehung von AGB in einen Vertrag ein. Hier werden detailliert die Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 305 II BGB erörtert und in diesem Zusammenhang findet sich auch ein kurzer Abschnitt zum Thema AGB explizit im unternehmerischen Geschäftsverkehr wieder. Das zweite Kapitel dieses Teils behandelt das Gebiet der überraschenden Klauseln, wobei der Schwerpunkt auf den Kriterien liegt, die zur Beurteilung solch eines überraschenden Charakters herangezogen werden. Die Thematik der überraschenden Klauseln wird berechtigterweise bereits hier unter dem Aspekt der Einbeziehungskontrolle abgehandelt, da die Bewertung einer AGB-Klausel als überraschend nicht deren inhaltliche Kontrolle erforderlich macht.
Konsequenterweise befasst sich im Anschluss daran der dritte Teil des Buches mit eben dieser inhaltlichen Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Hier werden das Verhältnis von Auslegung und Inhaltskontrolle im AGB-Recht thematisiert und die wichtigsten Grundlagen zur Inhaltskontrolle, wie die Kontrollschranke des § 307 III 1 BGB, das Transparenzgebot oder das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion erläutert.
Im abschließenden vierten Teil greift der Verfasser letztendlich praxisrelevante Einzelprobleme im AGB-Recht auf. Wichtige Problematiken finden sich hier insbesondere im Bereich der verzögerten Leistung, des Umfangs der vertraglichen Haftung und der Rückabwicklung von Verträgen. Zum Abschluss widmet sich der Verfasser dann noch Einzelproblemen, welche speziell bei AGB in Kaufverträgen, Mietverträgen oder Werkverträgen – den praxisrelevantesten Vertragstypen also – auftreten können. AGB-Klauseln aus anderen Vertragstypen, wie Reiseverträgen oder Bank- bzw. Versicherungsverträgen, bindet der Verfasser in den Grundlagenkapiteln ein, sodass hier ein breites Spektrum an Vertragsarten abgedeckt wird. Lediglich das Problemgebiet der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Arbeitsrecht bleibt aufgrund seiner Komplexität ausgespart.
Nicht nur Aufbau und Struktur dieses Buches sind gelungen, sondern auch die Art und Weise der inhaltlichen Aufarbeitung dieser Rechtsmaterie überzeugt. So fügt der Autor fortwährend sogenannte Tipps, Praxisbeispiele, Checklisten und Muster ein, die nicht zuletzt auch zu einer sehr guten Übersichtlichkeit des Textes beitragen. Dabei können die durch Fettdruck hervorgehobenen Tipps, die zu Beginn, aber oft auch während eines thematischen Abschnitts eingeflochten werden, sowohl prägnante Erläuterungen oder schlagende Leitsätze zu einem spezifischen AGB-Themenbereich (siehe z.B. Randnummern 53, 246, 322, etc.) als auch wichtige Anmerkungen, Hinweise oder Ratschläge speziell für den Praktiker enthalten (siehe z.B. Randnummern 421, 989, 1609, etc.). Weiterhin tragen die durch einen grauen Kasten hervorgehobenen Beispiele zu einzelnen Problemstellungen wesentlich zum Verständnis bei. Unter diese Beispiele fallen insbesondere Originalfälle aus der Rechtsprechung sowie problematische AGB-Klauseln, die in der Praxis auftauchen können. Diese werden dann im Anschluss durch den Verfasser detailliert und fundiert erörtert. Zur umfassenden Erläuterung werden dazu zum einen die aktuelle Rechtsprechung und deren Argumente einbezogen, die dabei sogleich eine kritische Würdigung erfahren (siehe z.B. Randnummern 21 ff., 612, 693 ff., 1099, 1628, etc.), und zum anderen darüber hinausgehende Überlegungen angestellt, wobei die dabei gelieferten Argumente in die eigene juristische Argumentation eingebunden werden können. All dies ist überaus lehrreich und macht das Werk sehr praxisnah.
Außerdem vor allem für den Praktiker interessant und geeignet sind die in einem weiteren Grauton unterlegten Checklisten und die sich in einem eigens dafür vorgesehenen Kasten befindlichen Muster. Dabei bieten die Checklisten konkrete Hilfestellungen und Anleitungen für die juristische Praxis. So ist beispielsweise unter Randnummer 1024 eine Checkliste zu finden, die eine solche Anleitung zur Prüfung von Klauseln zu pauschaliertem Nutzungsersatz in AGB auf ihre Unwirksamkeit enthält, unter Randnummer 1592 werden die wichtigsten Schritte zur Bearbeitung von Bürgschaftsmandanten zusammengefasst, oder unter Randnummer 469 wird aufgezeigt, was bei der Gestaltung von Freizeichnungsklauseln zu beachten ist. Während die beschriebenen Checklisten also auch Unterstützung bei der Klauselgestaltung bieten, halten die Muster bereits vorformulierte AGB-Klauseln bereit, wie etwa in den Kapiteln, die sich speziell mit dem Kauf-, Miet- und Werkvertragsrecht befassen. Hier sind einige Formulierungsvorschläge für AGB-Klauseln zu diversen Problembereichen, wie der Gewährleistung im Kauf- und Werkvertragsrecht sowie der Instandhaltung von Mietobjekten und zu Leistungsstörungen im Bereich des Mietrechts enthalten, um nur ein paar Beispiele für derartige Musterklauseln aufzuzählen (siehe z.B. Randnummern 1195, 1207, 1312, 1368, 1516, 1584, etc.).
Fazit: Dieses Werk von Prof. Dr. Martin Schwab eignet sich aufgrund der beschriebenen Art und Weise der Aufarbeitung des Rechtsgebiets der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowohl für den auf diesem Gebiet noch nicht allzu erfahrenen Leser, der in diese Rechtsmaterie einsteigen und sich tiefergreifendes Wissen aneignen möchte, als auch für den bereits in der juristischen bzw. anwaltlichen Praxis Tätigen. Es handelt sich in der Tat um eine systematische Gesamtdarstellung mit sehr hohem Praxisbezug, die dem Leser das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen detailliert und durchaus verständlich sowie durch die vielen Originalfälle aus der Rechtsprechung auch lebendig näherbringt. Somit kann dieses Werk zum AGB-Recht den eingangs erwähnten und vom Autor ausgegebenen Zielen durchaus gerecht werden und ist ausgesprochen empfehlenswert.