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Rezension Zivilrecht: Das deutsche Finanzsystem

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Jaschinski, Das deutsche Finanzsystem – Achillesferse der Wirtschaft?, 1. Auflage 2011, Schäffer-Poeschel

Von David Eckner, Düsseldorf


Mit dem Titel „Das deutsche Finanzsystem – Achillesferse der Wirtschaft“ von Dr. Siegfried Jaschinski, erschienen bei Schäffer-Poeschel in 2011, liegt eine Retrospektive im Blickfeld, die nicht nur kritisch die letzte Finanzmarktkrise in 2007/2008 reflektiert, sondern auch Bankensystem und Wertpapiermärkte in den realwirtschaftlichen Kontext rückt. Geschrieben wird aus der Feder eines erfahrenen Praktikers: Dr. Siegfried Jaschinski, gegenwärtig Vorstand und Aktionär der MainFirst Bank AG in Frankfurt a.M., schaut auf eine langjährige Karriere als Banker zurück, darunter u.a. in Führungspositionen bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die erheblich durch die zurückliegende Finanzmarktkrise getroffen und seither mit der Verarbeitung der Nachwirkungen beschäftigt ist.

Das Brevier „Das deutsche Finanzsystem – Achillesferse der Wirtschaft?“ geleitet den Leser auf rund einhundertvierzig Seiten durch die Anatomie der organisierten Geldmärkte in Deutschland, mit einem kurzen Seitenblick auf benachbarte Systeme (vgl. „Bankensysteme europäischer Länder im Vergleich“, S. 87 ff.). Die Struktur der Publikation ist fast anatomisch-chronologisch: Appellierend und vorzeichnend beginnt Jaschinski unter dem plakativen Titel „Die Finanzierung der Wirtschaft durch Banken und Wertpapiermärkte“ (vgl. S. 11 ff.) die Reise durch das Bankensystem mit einem realwirtschaftlichen Konnex (etwa „Banken und Börsen sind für die Wirtschaft da“, vgl. S. 11). Eingedenk dieser in der Finanzmarktkrise und dessen Nachwehen häufig ins Feld geführten These führt der Autor der „Beeinträchtigung des Bankensystems durch den Einfluss von Marktrisiken“ (vgl. S. 23 ff.), einen historischen Krisenfeldzug, beginnend mit der Herstattkrise bis hin zu aktuellen Momentaufnahmen zur Landesbanken- und Liquiditätskrise. Darauf folgt ein weitgehend technischer, aber nach wie vor meinungsintensiver Diskurs zum „Funktionieren von Börsen und außerbörslichen Märkten“ (vgl. S. 50 ff.) und zur „Bestandsaufnahme des deutschen Bankensystems“ (vgl. S. 71 ff.). Der Autor geht bei seinen deskriptiven Passagen und analytisch-kritischen Abschnitten nicht sonderlich weit in akademische Tiefen, sondern kratzt weitgehend an den Oberflächen des deutschen Banken- und Börsensystems. Nicht weiter verwunderlich und vor allem nicht abträglich bei der Lektüre dieses gelungenen Buches, denn der Titel stellt eine Sammlung zahlreicher Einzelbeträge dar, die zuvor in Fachzeitschriften und Zeitungen veröffentlicht wurden. Dies zeigt sich auch in den beiden Abschnitten, die das Buch beenden: „Strukturelle Veränderungen infolge der Finanzmarktkrise“ (vgl. 101 ff.) und „Folgerungen“ (vgl. S. 123 ff.).

Die Finanzmarktkrise 2007/2008 hat in zahlreichen Disziplinen ein großes Echo gefunden. Nicht nur die Wissenschaft hat sich der Krise wie einer goldenen Kuh zugewandt, sondern auch die Praxis hat auf unterschiedlichste Weise die Verarbeitung begonnen und vor allem die Lehren gezogen, die für das operationelle Geschäft von Bedeutung sind. Wer eine anatomische Beschreibung der Ursachen und Wirkungen der vergangenen Finanzmarktkrise sucht, dem sei anderes empfohlen; jedenfalls würde er mit dem vorliegenden Titel nicht glücklich. Wer allerdings den zahlreichen Abhandlungen, die genau eine solche Anatomie liefern, überdrüssig ist, dem sei wärmstens der Griff zu Jaschinskis Werk „Das deutsche Finanzsystem“ empfohlen. Der Leser bekommt eine klare Meinung geliefert, eine Ansicht, der man entweder widersprechen oder ihr beipflichten kann. Jaschinski gibt, wie es nur wenige Autoren tun, einen Impuls im Hinblick auf die tatsächlichen Konnotationen der finanzwirtschaftlichen Industrie. Auf unterschiedlichste Art und Weise führt der Faden stets auf die Interrelation des Banken- und Börsensystems mit ihrer einzigen Zielgruppe und zwar der Realwirtschaft zusammen. Sichtbar ist, dass auch 2014 die wirklich fundamentalsten Änderungen des Bank- und Börsenwesens ausstehen; Regulatoren rund um den Globus klebten bisweilen nur Pflaster auf den geschundenen Korpus der Finanzindustrie. Aus diesem Grund bleibt nur zuzuwarten und Jaschinskis Folgerungen und damit Perspektiven für ein stabiles Finanzsystem in Deutschland als prophetische Äußerungen und vielleicht sogar als Wegweiser zu verstehen. „Das deutsche Finanzsystem – Achillesferse der Wirtschaft?“ ist ein Lesevergnügen, vor allem auch für den Rechtswissenschaftler, da es illustrierend und leicht bekömmlich die Systemzusammenhänge schildert und vor allem eine Meinung präsentiert, die zu beherzten Diskussionen einlädt.

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