Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Auflage, Carl Heymanns 2014
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Die Gesamtdarstellung zum Unfallhaftpflichtrecht firmiert immer noch unter dem Namen des Begründers Wussow, der aber seit der 13. Auflage das Werk nicht mehr betreut. Die Vorauflage liegt jedoch auch schon 12 Jahre zurück, sodass das Werk nunmehr eine inhaltliche Auffrischung, teilweise sogar eine Neubearbeitung nötig hatte. Das Autorenteam besteht inzwischen aus elf Vertretern der Anwaltschaft und der Justiz und kann so die diversen Facetten der Rechtsanwendung bestens abdecken. Der Umfang des Handbuchs ist mit fast 1600 Seiten weiterhin angenehm - umfassend, aber noch handlich, wobei das Werk mittlerweile sogar als ebook unter www.jurion.deerhältlich ist.
Nach einer kurzen Einführung werden zunächst die Rechtsgrundlagen der Schadensersatzansprüche abgehandelt, darunter das Recht der unerlaubten Handlungen als größter Unterabschnitt, aber auch das Arzthaftungsrecht, das Umwelthaftpflichtrecht, das Straßenverkehrsgesetz oder die Produkthaftung. Sodann geht es in einem weiteren Teil des Buches um die Höhe der Schadensersatzansprüche, etwa den Erwerbsschaden, den Sachschaden oder die Ansprüche Dritter, wobei diesem Abschnitt des Buches am Ende auch das Kapitel zum Schmerzensgeld zugewiesen wurde. Die folgenden Abschnitte befassen den Leser mit Einwendungen des Schädigers, anderen Reaktionen und verfahrensrechtlichen Fragen. Nach einem kurzen Ausflug ins Familienrecht wird anschließend in einem größeren Abschnitt das Sozialversicherungsrecht erläutert. Das Schlusskapitel widmet sich dem Beamtenrecht.
Die Ausgestaltung der einzelnen Kapitel erlaubt dem Leser sowohl ein zielgerichtetes wie auch - dank Hervorhebungen - ein punktuelles Arbeiten. Die Ausführungen lesen sich stringent und sprachlich sehr angenehm, sodass man zwar noch Einzelfragen durch vertiefende Recherche in Kommentaren, Entscheidungssammlungen oder Rechtsprechungsdatenbanken für sich selbst beantworten muss, aber dank der vorherigen Lektüre kann diese zusätzliche Nachschau gezielt und effektiv vorgenommen werden.
Aus Sicht des Rechtsanwenders in Verkehrssachen ist die Arbeit mit diesem Handbuch angenehm effektiv und ermöglicht ein pragmatisches Arbeiten am Fall. Wichtige Details kommen an passender Stelle zur Sprache (z.B. die parallele Haftung von Bauunternehmer und öffentlicher Hand im Baustellenbereich, S. 281, Rn. 112, von Brocke) oder erhalten gleich ganze Unterkapitel (einzelne Unfallsituationen mit Verstößen gegen die StVO im Rahmen der Haftungsabwägung nach § 17 StVG: S. 328, Rn. 123 ff., Sapp). Daneben werden grundlegende Kapitel präzise mit wichtigen Anwendungsfällen verknüpft, sodass keine bloße Theorielektüre stattfindet (Voraussetzung und Einzelfälle der Haftung wegen Pflichtverletzung, S. 688 ff., dort Rn. 19 und 20 zu Parkplatzüberwachungspflichten, Kürschner). Teilweise wird dem Leser auch der Service kurzer Einführungskapitel geliefert, wenn es um Rechtsfragen nicht alltäglicher Art geht (Sozialversicherungsverhältnis, S. 1447 ff., Schneider).
Bezüglich der Schadenshöhe findet der Leser zu Einzelfragen des Verdienstausfalls gut nachvollziehbare Darstellungen (z.B. zur Berücksichtigung künftiger Entwicklungen, S. 779, Rn. 18 ff., Zoll), aber auch ganze Kapitel zu typischen Schadensproblemen (Kraftfahrzeugschaden, S. 860 ff., Zoll), wobei auch dort Einzelfragen hervorragend ausgearbeitet sind (Sachverständigenkosten, dort, Rn. 121 ff.). Das Kapitel zum Schmerzensgeld (S. 977 ff., Schmitt) vermag auf engstem Raum sowohl die dogmatische Einordnung wie auch die Detailprüfung gut nachvollziehbar darzustellen, wobei auch die zu treffende gerichtliche Entscheidung (Rn. 43 ff.) ausdifferenziert erläutert wird. Für sehr empfehlenswert halte ich des Weiteren die Unterkapitel zum Abfindungsvergleich (S. 1093 ff., Kürschner), wo nicht nur dessen Grundlagen, sondern auch das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts thematisiert werden. Die Direktklage gegen den ausländischen Versicherer ist ebenfalls aufgenommen worden (S. 1274 ff., Mössner), wobei das Problem der Zustellung an den Regulierungsbeauftragten zwar angesprochen, aber die Entscheidung des EuGH aus dem Oktober 2013 wohl nicht mehr eingearbeitet werden konnte (Rn. 100). Gut gelungen sind schließlich auch die Ausführungen zu den Ausnahmen des Haftungsprivilegs des Arbeitsunfalls nach §§ 104 ff. SGB VII, wo verkehrsrechtliche Rechtsfragen vornehmlich zu beantworten sind (S. 1472 ff., Schneider).
Die endlich vorgenommene Neuauflage und Auffrischung des Werks um die inzwischen zahlreichen ergangenen Gesetzesänderungen ist höchst erfreulich und macht das Handbuch (wieder) zu einem wichtigen und täglich nutzbaren Arbeitsmittel zur Bearbeitung haftungsrechtlicher Fälle, insbesondere im Verkehrsrecht. Die Lektüre geht leicht von der Hand, die Ausführungen sind fundiert und der Wissensgewinn ist beträchtlich, gerade wegen der Zusammenführung der verschiedenen Haftungsmöglichkeiten in einem Werk.