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Rezension: Kanzleigründung

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Klagges / Schrader, Kanzleigründung – Die Gründung der Kanzlei Ratgeber von der Gründung, Organisation bis hin zum Mandat, 1. Auflage, C.H. Beck 2024

Von Rechtsanwältin Jennifer Schäfer-Jasinski, Offenbach am Main

In der ersten Auflage des Werkes „Kanzleigründung – Die Gründung der Kanzlei: Ratgeber von der Gründung, Organisation bis hin zum Mandat“ führen die Autoren Dr. Rhea-Christina Klagges und Prof. Dr. Peter Schrader ihre Lesenden durch die essenziellen Phasen und strategischen Überlegungen einer Kanzleigründung. Mit fundierter Praxiserfahrung und einem realitätsnahen Blick auf die Herausforderungen des selbstständigen Berufswegs präsentieren die beiden erfahrenen Anwälte auf 206 Seiten Wissen für angehende Kanzleigründende.

Das Buch gliedert sich in sieben Kapitel, wobei der Kern des Werks – das zweite Kapitel – die acht Phasen der Kanzleigründung detailliert behandelt und damit einen klaren Leitfaden vom Entschluss bis zur Umsetzung der Selbstständigkeit bildet. In einer gelungenen Mischung aus Erfahrungsbericht und Ratgeber liefern die Autoren besonders für jene Volljuristen wertvolle Einsichten, die bereits einige viele Jahre Berufserfahrung mitbringen und nach einer Orientierung für den Schritt in die Selbstständigkeit suchen. Mit der Zielsetzung, dass Volljuristen jeder Erfahrungsstufe von den Inhalten profitieren können, richtet sich das Buch auch an Interessierte, die sich bereits länger mit der Idee der Selbstständigkeit auseinandersetzen, oder auch an Kanzleigründende, die ihr Geschäftsmodell verfeinern möchten.

Das Motto des Buches – „Nichts ist so beständig wie der Wandel“ (Heraklit) – zeigt sich bereits im ersten Kapitel: Hier beleuchten die Autoren auf 11 Seiten eine Reihe von Gründen, die den Entschluss zur Kanzleigründung tragen können. So gehen sie auf typische Herausforderungen im Angestelltenverhältnis ein, aber auch auf den Reiz, als Unternehmer etwas Eigenes aufzubauen – Aspekte, die oft jenseits einer bloßen Unzufriedenheit im Angestelltenverhältnis liegen. Eine systematische „Pro-und-Contra“-Gegenüberstellung für Kanzleigrößen hilft Lesenden dabei, eine erste Orientierung hinsichtlich des idealen Kanzleimodells zu finden.

Ein weiteres zentrales Thema ist die Mandantenakquise – ein Aspekt, den viele Kanzleigründende unterschätzen, der jedoch entscheidend für den langfristigen Erfolg ist. Hier greifen die Autoren auf erprobte Strategien zurück und geben alternative Wege zu Bedenken, Mandanten zu akquirieren. Beispielsweise könne man durch Publikationen, Vorträgen und/oder den Aufbau einer professionellen Webseite auf sich aufmerksam machen. Ergänzt werden diese Hinweise durch einen umfassenden Abschnitt zur Suchmaschinenoptimierung (SEO), die heutzutage eine immer wichtigere Rolle spielt. Die Ausführlichkeit, mit der die Autoren SEO erläutern, ist für ein solches Werk eher unüblich und aufgrund seiner Praxistauglichkeit dennoch besonders lobenswert, damit die Online-Sichtbarkeit der Kanzlei effektiv gesteigert werden kann.

Das Werk enthält eine Vielzahl von Statistiken, die teils nützlich, teils weniger relevant erscheinen. Während eine Altersstrukturanalyse (S. 33) oder die Statistik zu neuen Ausbildungsverhältnissen (S. 45) interessante Einblicke geben, lässt sich streiten, wie hilfreich diese Informationen konkret für Kanzleigründende sind. Hingegen überzeugen die umfangreichen Vertragsmuster, die ab S. 80 den Lesenden zur Verfügung gestellt werden. Je nach Kanzleiform können Gründende zwischen verschiedenen Mustern wählen, wie einem Gesellschaftsvertrag für eine GbR, einem Partnerschaftsvertrag oder einer Satzung für eine Anwalts-GmbH. Auch eine Vorlage zur Vergütungsvereinbarung (S. 180) ist enthalten – ein wertvolles Werkzeug für die erste Mandantenbindung. Allerdings hätte das Inhaltsverzeichnis an dieser Stelle optimiert werden können. Da die Vertragsmuster eine zentrale Rolle spielen, wäre eine separate Übersicht der verfügbaren Muster im oder nach dem Inhaltsverzeichnis hilfreich gewesen, um die Handhabung des Werkes zu erleichtern. Dies würde den Lesenden eine gezieltere Navigation im Buch ermöglichen und die Praxisrelevanz des Inhaltsverzeichnisses erhöhen.

Ein weiterer Abschnitt widmet sich der Personalführung, die ab einem gewissen Wachstum jeder Kanzlei unausweichlich wird. Hier hätten etwas detailliertere Ausführungen gutgetan, da Personalentscheidungen und die Führung von Mitarbeitenden wichtige Erfolgsfaktoren darstellen. Trotz der knappen Behandlung dieses Themas bietet das Kapitel hilfreiche Impulse und Ansätze für Gründende, die das Thema eigenständig weiter vertiefen möchten.

Insgesamt besticht „Kanzleigründung – Die Gründung der Kanzlei“ durch eine klare Struktur und fundiertes Wissen, das den Lesenden auf Augenhöhe vermittelt wird. Dr. Rhea-Christina Klagges und Prof. Dr. Peter Schrader bieten hier einen Ratgeber, der insbesondere für erfahrene Anwälte eine wertvolle Unterstützung auf dem Weg in die Selbstständigkeit darstellt.

 


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