Quantcast
Channel: Die Rezensenten
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2717

Rezension: Nachlassrecht

$
0
0

Frohn, Nachlassrecht, 4. Auflage, Gieseking 2021

Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl

Das Nachlassrecht fristet an den Amtsgerichten aus Richtersicht meist ein Schattendasein: die meisten Verfahren verlaufen problemlos und nur in den wenigen Konfliktfällen ist meist richtig viel zu tun: Testamentsauslegung, Gutachten zur Testierfähigkeit etc. Umso wichtiger ist es, wenn sich Richter auf ein gutes Rechtspflegerteam am Gericht verlassen können, denn Rechtspfleger sind, gerade was die erbrechtlichen Formalia angeht, meist geübter und fachlich auf dem neuesten Stand. Das vorliegende Werk hat dann auch gar nicht den entscheidenden Richter im Fokus, sondern den Rechtspflegeranwärter am Ende seiner Ausbildung.

Die Neuauflage, immerhin knapp 6 Jahre nach der Vorauflage erschienen, muss nunmehr die inzwischen ergangene Gesetzgebung und Rechtsprechung einpflegen, sodass die zu den Themen erstellten Beispielsfälle teilweise abzuändern waren (z.B. beim Fall 10 mit Auslandsbezug). Ergänzt wurde zudem ein neuer Fall 11, der Manipulationen zur Verlängerung der Ausschlagungsfrist zum Gegenstand hat.

Ziel des Werks ist die Verzahnung von formellem und materiellem Recht, sodass, anders als bei herkömmlichen Werken, nicht nur die Auslegung des BGB im Vordergrund steht, sondern das FamFG gleichermaßen Beachtung findet. Aufbereitet wird die Materie in elf Fällen - auch dies eine andere Herangehensweise als die üblicherweise in Kapiteln entlang des fünften Buchs des BGB erfolgende Erläuterung des Erbrechts. Bedauerlich ist, dass im Inhaltsverzeichnis nur der jeweilige Name des Falles steht, aber rein gar nichts zum Inhalt gesagt wird. Man kann also weder gezielt ins Buch hineinlesen noch erfährt man aus dem Inhaltsverzeichnis überhaupt, wie das Buch inhaltlich aufgebaut ist und welche Themen innerhalb der Fälle abgearbeitet werden. Dass das in einem Buch in vierter Auflage geschieht, verwundert doch sehr. Auch dass das Sachverzeichnis magere drei Seiten aufweist und damit kürzer ist als das Literaturverzeichnis, sollte dem Lektorat zu denken geben.

Die Fälle selbst sollen im Sachverhalt Schreiben und Dokumente suggerieren, dies mit einfachstem Layout. Auch hier bedürfte das Werk einmal einer Überholung: in jedem Buch für Referendare werden Aktenbestandteile besser optisch dargestellt als hier mit unterschiedslosem Schriftbild und lediglich angedeuteten Ecken zu Beginn und Ende des Dokuments.

Die Falllösungen sind deutlich besser ausgestaltet. Die Arbeit des Rechtspflegers am Fall und am Gesetz wird Stück für Stück abgebildet und mit assoziativen Einschüben versehen, sodass man sein Wissen gleich thematisch erweitern kann. Dazu passen die zahlreichen Lektürehinweise auf passende Entscheidungen sowie hilfreiche Schaubilder. Inhaltlich zur Sprache kommen bspw. die Erbenordnung, (Teil-)Ausschlagung und Verzicht des Erben, Anfechtung des Testaments, Verschollenheit, Testamentsauslegung, Rolle des Sozialhilfeträgers, Vor- und Nacherbschaft, Erbunwürdigkeit, Verfahrensbeteiligte i.S.d. FamFG, Berechnung des Ehegattenerbrechts u.v.m. Die Aufgabenstellungen variieren von kritischer Stellungnahme, gutachterlicher Stellungnahme zur Erstellung gerichtlicher Verfügungen und Beschlüsse.

Ungeachtet der Zielrichtung des Werks erachte ich die Lektüre auch für Referendare und Berufseinsteiger im Richteramt für gut geeignet. Missfallen haben mir die äußeren Umstände wie oben beschrieben, da sollte das Lektorat dringend gegensteuern.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 2717