Schmucker / Rauhöft, Das Recht der Lohnsteuerhilfevereine, 2. Auflage, Gabler 2013
Von RA, FA für Familienrecht Andreas Ihns, Lübeck
In Deutschland gibt es gegenwärtig mehr als 800 Lohnsteuerhilfevereine, die rund 13.000 Beratungsstellen unterhalten und geschätzt 4 Millionen Arbeitnehmer und Rentner als Mitglieder steuerlich beraten. Wenn man bedenkt, dass 2008 u. a. das Verfahren vor dem BVerfG über die Pendlerpauschale von einem Lohnsteuerhilfeverein initiiert wurde, zeigt sich nicht nur die Präsenz der Vereine am Steuerberatungsmarkt, sondern auch deren Relevanz für die geschätzt 4 Millionen Mitglieder. Wer sich mit dem "Recht der Lohnsteuerhilfevereine" befassen möchte, greift in der Regel auf einschlägige Kommentare des Steuerberatergesetzes oder auf Fachaufsätze zurück. Das Angebot an Handbüchern ist in diesem Segment mehr als überschaubar. Umso interessanter ist das nunmehr in 2. Auflage im Springer Gablers Verlag erschienene Werk „Das Recht der Lohnsteuerhilfevereine“.
Neugierig mach vor allen das Autorenteam Axel Schmucker / Uwe Rauhöft. Letzterer ist Geschäftsführer des „NVL - Neuer Verband der Lohnsteuerhilfevereine“, einem Dachverband der etwa 130 Lohnsteuerhilfevereine betreut. Axel Schmucker ist Rechtsanwalt. Diese Kombination verspricht eine besondere Praxisnähe und weckt Erwartungen an den Inhalt: Und die Autoren haben sich viel vorgenommen. Ihr Werk richtet sich wohl in erster Linie an Beratungsstellen und Beratungsstellenleiter und soll sowohl Kommentar zu den einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften als auch Handbuch für die Praxis der Lohnsteuerhilfevereine sein. Dieser Ansatz ist interessant. Juristischer Kommentar und Praxishandbuch sind zwei eigenständige Literaturgattungen, so dass ich neugierig war, wie es den Autoren gelingt, beide Formen zu verschmelzen.
Gegliedert ist das Buch nach den einschlägigen Vorschriften des Steuerberatergesetzes und entspricht damit auf dem ersten Blick den Erwartungen an einen Kommentar. Begonnen wird mit der Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine (§ 4 Nr. 11 StBerG). Die Autoren erklären ausführlich, in welchen Steuerangelegenheiten Beratungsstellen überhaupt Hilfeleistungen erbringen dürfen und legen damit den rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit eines Lohnsteuerhilfevereins fest. Im nachfolgenden Kapitel erörtern die Autoren sodann, in welcher Form die Vereine auf ihre Hilfeleistungen in Steuersachen aufmerksam machen dürfen. Sie kommentieren kurz und knapp § 8 StBerG (Werberecht der Steuerberater) und erörtern sodann wichtige Einzelfälle der Werbung. Der Bogen spannt sich von der Verwendung eines Slogans über Informationsveranstaltungen und Postwurfsendungen bis hin zur Internetwerbung und der Bekanntgabe von Kooperationen. Die Darstellung ist gut lesbar und praxisbezogen. Dies gilt vor allem für die Zulässigkeit der Werbung im Internet, die auf insgesamt 7 Seiten prägnant zusammengefasst wird. Ein „Muster-Impressum“ findet sich im Anhang. Nach Lektüre der einzelnen Abschnitte hatte ich nur noch den Wunsch, von den Autoren mehr zur Wirksamkeit der Werbemaßnahmen zu erfahren. Damit wäre freilich die selbstgesetzte Grenze einer Darstellung des Rechts überschritten worden. Gleichwohl hätten mich die Erfahrungen des NVL beim Einsatz der verschiedenen Werbeformen interessiert. Die Beratungsstellen werden bei der Werbung zwar von den jeweiligen Vereinen unterstützt, wer am Markt sichtbar sein will, muss aber Eigeninitiative entfalten. In der Praxis stellt sich daher neben der Frage der rechtlichen Zulässigkeit auch die Frage nach der Wirksamkeit einer Werbemaßnahme. Vielleicht mögen die Autoren in der nächsten Auflage ihre guten Ausführungen zur rechtlichen Zulässigkeit einzelner Werbeformen um kurze Anmerkungen zu deren Sinnhaftigkeit ergänzen. In den daran anschließenden Kapiteln stellen die Autoren sodann das Vereinsrecht der Lohnsteuerhilfe vor und erklären, unter welchen Voraussetzungen ein Lohnsteuerhilfeverein von der Aufsichtsbehörde anerkannt wird. Die Vorschriften der §§ 14 ff. StBerG werden in diesem Zusammenhang eingängig kommentiert. Für Beratungsstellen und deren Leiter dürften vor allem die Kapitel 8 bis 10 interessant sein. Erläutert wird zunächst das „Recht der Beratungsstelle“, insbesondere das Rechtsverhältnis zwischen dem Beratungsstellenleiter und dem Lohnsteuerhilfeverein. Sodann stellen die Autoren das Haftungsrechtder Lohnsteuerhilfevereinedar. In dem Kapitel finden sich zahlreiche Hinweise auf mögliche Haftungskonstellationen und Tipps, was eine Beratungsstelle zur Risikominimierung unternehmen kann. Lesenswert finde ich insbesondere den Abschnitt zur praktischen Durchführung der Regulierung von Schadensfällen. Den Beratungsstellenleitern wird aus gutem Grund empfohlen, keine voreiligen Anerkenntnisse abzugeben und unverzüglich eine Schadensmeldung bei der Haftpflichtversicherung zu machen. Der Abschnitt eignet sich hervorragend, in ein Merkblatt für alle Mitarbeiter – sofern dieses noch nicht existiert – umgearbeitet zu werden. Abgerundet wird die Darstellung durch eine Kommentierung des § 26 StBerG über die allgemeinen Pflichten der Lohnsteuerhilfevereine. Interessant sind hier die in den Text eingestreuten Hinweise zur Büroorganisation. Diese dient nicht alleine der effektiven Abwicklung des Mandats, sondern auch der Haftungsvermeidung. In diesem Zusammenhang ist die Lektüre der in Kapitel 12 unter dem Stichwort „Ausblick“ dargestellten Qualitätssicherung bei Lohnsteuerhilfevereinen interessant und anregend.
Das Buch ist durchgehend flüssig geschrieben und gut lesbar. Die Gliederung des Textes nach Rechtsvorschriften bedingt zwar, dass inhaltlich zusammenhängende Themenkomplexe an unterschiedlichen Stellen behandelt werden. Dies ist allerdings kein Nachteil, denn über das detaillierte Inhalts- und Stichwortverzeichnis lassen sich die einschlägigen Textstellen zügig finden.
Fazit. Die Autoren erfüllen in jeder Hinsicht die Erwartung, die ich an das Werk hatte. Sie legen mit der 2. Auflage eine kompakte und praxisnahe Darstellung des Rechts der Lohnsteuerhilfevereine vor. Den Autoren ist es dabei tatsächlich gelungen, Kommentar und Praxishandbuch zugleich zu sein. Die sich im Alltag einer Beratungsstelle stellenden Fragen werden praxisnah beantwortet. Das Werk ist damit in erster Linie für Beratungsstellenleiter und deren Mitarbeiter eine anregende und empfehlenswerte Lektüre. Aber auch diejenige, die die Gründung eines Lohnsteuerhilfevereins planen oder überlegen, ob die Übernahme einer Beratungsstelle für sie eine interessante Nebenerwerbsquelle darstellen könnte, sollten dieses Buch dringend lesen, um ein realistisches Bild der keineswegs zu unterschätzenden Pflichten zu erhalten.