Knöringer, Die Assessorklausur im Zivilprozess, 18. Auflage, C.H. Beck 2021
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Der „Knöringer“ erscheint als Standardwerk der Referendarliteratur in steter Regelmäßigkeit und wird hier im Blog entsprechend mit Besprechungen begleitet (vgl. die Rezensionen zur 15. Auflage, 16. Auflage, 17. Auflage). Inzwischen ist ein neuer Bearbeiter aufgenommen worden, RiOLG Christian Kunnes, der wie auch Knöringer hauptamtlicher Arbeitsgemeinschaftsleiter für Referendare war und auch schon anderweitig hervorragende strafrechtliche Ausbildungsliteratur verantwortet. Das Werk umfasst knapp über 350 Seiten inklusive der Verzeichnisse.
Die Gestaltung des Buches hat lediglich einen Schönheitsfehler, nämlich die Verortung der Nachweise in den Fließtext, dazu mit der gewöhnungsbedürftigen Zitierung der Jahre nur mit zwei Ziffern. Ansonsten präsentiert sich das Werk lebendig und das trotz teilweise dichter Textpassagen. Die Untergliederung ist stimmig, die verschiedenen Schriftgrößen für Fließtext, Beispiele und Muster sorgen für visuelle Ablenkung. Die eingeschobenen Schaubilder und Tenorierungen ermöglichen eine effektive Rezeption des zuvor Gelesenen. An geeigneter Stelle werden Ausführungen auch in Aufzählungen bzw. Prüfungspunkten verknappt und so die Übersichtlichkeit für die Leserinnen und Leser vergrößert.
Inhaltlich wird zwar die „Assessorklausur“ in den Titel gestellt, aber de facto ist das Buch eine noch in den ersten Praxisjahren anwendbare Einführung in Prozessführung sowie die Anfertigung von Urteilen und Schriftsätzen im Zivilrecht, jedenfalls wenn man den Grundsatz berücksichtigt, dass ein guter Klageschriftsatz 1:1 als Urteil abgeschrieben werden könnte. Der erste Teil widmet sich der Abfassung des Urteils mit Tenor, Kostenentscheidung, Tatbestand und Entscheidungsgründen. Im zweiten Teil werden „Hauptgebiete des Zivilprozesses“ abgearbeitet, was Ausführungen zu Klagehäufung, Klageänderung, Rechtsnachfolge, Erledigung, Widerklage, Aufrechnung oder Streitgenossenschaft beinhaltet. Hinzu kommen besondere Prozesssituationen wie Streitverkündung, Säumnis, Mahnverfahren oder der einstweilige Rechtsschutz. Ebenfalls enthalten sind Kapitel zur Vorbereitung und zum Ablauf der mündlichen Verhandlung sowie zum Berufungsverfahren. Persönlich hätte ich mir innerhalb dieses Teils manchmal eine andere Untergliederung der Kapitel oder eine andere Reihenfolge vorstellen können, aber an einer Institution wie dem Knöringer muss man diesbezüglich nicht rütteln. Der Schlussteil bietet dann eine Einführung in die Klausurtechnik bezüglich der Zulässigkeit und Begründetheit der Klage sowie einen ca. 15-seitigen Ausflug in die Anwaltsklausur, der für meinen Geschmack deutlich ausgebaut werden könnte.
Schon in der Referendarzeit habe ich zwar gerne mit dem Knöringer gearbeitet, dies jedoch immer im Abgleich mit Anders/Gehle und Oberheim, dort die Plastizität der Ausführungen zum Teil besser war. Die Visualisierung des Stoffes wird jedoch auch im Knöringer immer besser, sodass die Werke sich diesbezüglich wechselseitig keine Blöße mehr geben. Besonders positiv hervorzuheben ist die Einbettung der Materie in viele Fälle mit Abwandlungen, um der Komplexität einiger Unterkapitel Herr zu werden. Dies kann man sehr schön in § 11 des Buches „Erledigung der Hauptsache“ erkennen, wo insbesondere für die einseitige Erledigterklärung nicht nur Beispiele aufgeführt werden, sondern auch mit einem Unterkapitel zu den „7 wichtigsten Fällen“ (Rn. 11.13 ff.) die Bandbreite prozessualer Varianten schön aufgezeigt wird. Im Zusammenspiel mit praktischen Ausbildungswerken zur Tenorierung (Van den Hövel, Besprechung hier) wird man hier als Referendar schnell Anwendungssicherheit erlangen. Gleiches gilt im Übrigen für besondere Säumniskonstellationen, die ebenfalls (Rn. 20.17 ff.) mit Beispielen und Schaubildern gut verständlich erläutert werden.
Man darf das Buch, so gut es auch ist, nicht unterschätzen: Der Knöringer ist keine leichte Kost und es schadet deshalb nicht, mit zivilprozessualem Vorwissen an die Lektüre heranzugehen, um das angebotene Wissen vollends ausschöpfen zu können. Ansonsten könnte sich ein Überforderungszustand einstellen, der dem Wissenserwerb abträglich wäre.
Im Übrigen kann ich meine bisherige Einschätzung des Buches nur bestätigen: Es gibt kaum ein weiteres Buch, das sich für die Referendarausbildung in Zivilsachen so gut eignet wie der Knöringer, der von Kunnes sicherlich in derselben Qualität und Güte fortgesetzt werden wird. Die daneben bestehende Empfehlung für Richterinnen und Richter beim (Wieder-)Einstieg in ein Zivildezernat kann ebenfalls vollends bestätigt werden.