Heller / Soschinka / Rabe, Waffenrecht, 4. Auflage, C.H. Beck 2020
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Sieben Jahre nach der Vorauflage (Rezension hier) erscheint das Kompendium zum Waffenrecht in der vierten Auflage. Im Gegensatz zu anderen Werken ist das Vorwort hier recht karg: weder erfährt man, welche wichtigen gesetzlichen Neuerungen die Autoren verarbeitet haben, obwohl ja zum Beispiel zum 1.9.2020 das Gesetz zum Nationalen Waffenregister in Kraft getreten ist (Ausführungen dazu in Rn. 974a ff.), noch wird der neu hinzugekommene Mitautor RA Rabe vorgestellt. Schade eigentlich.
Der Umfang des Werks ist um weniger als 10% gewachsen und liegt nun bei knapp unter 650 Seiten. Dies ist eine angenehme Dicke für ein Handbuch, das sich für die Rechtsanwender ja immer noch als praktikabel im Alltag erweisen soll. Der Aufbau des Buches ist gleich geblieben: Das Buch ist in zwei Teile A und B sowie einen Anhang aufgegliedert. Zunächst wird Grundlagenwissen vermittelt, etwa zu möglichen Rechtsquellen, sprich Waffengesetz, europäischen Vorgaben aber auch Kriegswaffenkontrollgesetz, Sprengstoffgesetz. Dazu werden das Jagdrecht, das Versammlungsrecht und abschließend auch kurz das Verhältnis zum Strafrecht angesprochen. Im zweiten Kapitel werden Waffen, Munition und „verbotene“ Waffen vorgestellt, alles reichhaltig bebildert und mit grau hinterlegten Übersichten noch einmal transparent gemacht. Schon dies ist für die gerichtliche Praxis eine gute Hilfestellung, gerade weil waffenrechtliche Vergehen bzw. Ordnungswidrigkeiten oft schon im Tatsächlichen atypisch sind: was man sich unter welcher Bezeichnung und Gattung rein bildlich vorzustellen hat, ist nicht jedermanns Grundwissen.
Im dritten Kapitel wird das Waffengesetz genau beleuchtet, vor allem zum Umgang mit Waffen sowie den dabei möglichen Straftatbeständen und Ordnungswidrigkeiten samt den zusätzlichen Folgen. Dass dabei immer noch von „Einziehung und Verfall“ gesprochen wird, mag alter Gewohnheit entsprechen, ist aber nach der Neuregelung des StGB und des OWiG falsch: der Verfall existiert nicht mehr. In eigenen Übersichten zu Straftatbeständen und Ordnungswidrigkeiten sortieren die Autoren die möglichen Tatbegehungsvarianten und verweisen intern auf Randnummern, in denen dann zur Thematik weitere Informationen vorhanden sind - eine geschickte Herangehensweise und förderlich für denjenigen, der spezifische Details sucht, aber eben keinen Kommentar nutzen möchte oder kann.
Nach einem Exkurs zum Beschussgesetz widmet sich ein umfangreiches Kapitel der Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis. Ausgehend von der Grundnorm des § 4 WaffG werden die Voraussetzungen für die Erteilung erläutert oder auch das Problem des Altbesitzes angesprochen. Mir hat dabei die wirklich umfangreiche Erläuterung der Prüfung der Zuverlässigkeit des potentiellen Waffenbesitzers gefallen (Rn. 741 ff.): die eigenständige Prüfung in Abgrenzung zum Strafrecht, die fehlende aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Entscheidungen zur Unzuverlässigkeit aber auch die Einordnung von Reichsbürgern kommen ausführlich zur Sprache. Neben den Ausführungen zur rechtlichen Systematik des WaffG erhalten die Leser so auch eine belastbare Einschätzung der Autoren, die durch Fallbeispiele untermauert werden.
Sodann, Kapitel 6, geht es um das Verfahren vor der Waffenbehörde, samt den klassischen verwaltungsrechtlichen Problemen Zuständigkeit, Rücknahme und Widerruf oder einzelner Waffenverbote. Nicht fehlen darf danach das Kapitel zu den Rechtsbehelfen samt Klageverfahren beim Verwaltungsgericht. Weitere Kapitel befassen den Leser mit der Aufbewahrung, dem Transport von Waffen sowie dem Bezug zum europäischen Recht.
In Teil B geht es anschließend um verschiedene Personen, die Umgang mit Waffen haben. Eigene Kapitel betreffen deshalb die Jägerschaft, Sportschützen, schießsportliche Vereine oder den Betrieb von Schießstätten. Ebenfalls Berücksichtigung finden Brauchtumsschützen, Bewachungspersonal, Waffensammler, Sachverständige, Hersteller und Händler. Hinzu kommen Abschnitte zum Verlust und Fund von Waffen, zum Einsatz etwa bei Theater und Film, zu Spielen mit Softair- oder Laser-Waffen sowie abschließend ein kurzes Kapitel zu Dienstwaffenträgern. Innerhalb dieser Kapitel finden die Autoren stets Raum für allgemeine und spezielle Informationen, sodass z.B. im Kapitel zur Jagd nicht nur Jagdwaffen näher beschrieben sind, sondern auch die besondere Situation des Jagdscheinanwärters beim Erwerb von Waffen erfasst wird (Rn. 1437 ff.).
Angesichts des oft vorgebrachten Einwands, es habe sich gar nicht um eine echte Waffe gehandelt, möchte ich zudem das Kapitel zu Dekorationswaffen zur Lektüre empfehlen (S. 569 ff.): auch für diese gelten besondere Handlungsvorgaben (Rn. 2775 ff.). Zu beachten sind jedoch stets die Altregelungen, die nach zeitlicher Staffelung benannt sind.
Ungeachtet der Bedeutung für das Verwaltungsrecht ist dieses Handbuch zugleich ein wertvolles Hilfsmittel für die strafrechtliche Praxis. Allein die Kenntnis, die über Waffen, deren Handhabung, Erwerbbarkeit und legale Nutzung vermittelt wird, ist für die Beurteilung eines strafrechtlichen Falles essentiell und kann in dieser Genauigkeit und Plastizität nicht von einem Kommentar vermittelt werden. Die Aktualität der Ausführungen ist lobenswert und bietet belastbare Lösungsansätze für eine Vielzahl von Fallgestaltungen.