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Rezension: Erbrecht

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Leipold, Erbrecht, 22. Auflage, Mohr Siebeck 2020

Von Ref. iur. Lukas Friedrich, Marburg

 

In der nunmehr 22. Auflage ist das von Prof. Dr. Dres. h.c. Dieter Leipoldverfasste Erbrechtslehrbuch erschienen, welches seit seiner erstmaligen Veröffentlichung im Jahre 1974 einen festen Platz innerhalb der erbrechtlichen Ausbildungsliteratur einnimmt.

Gleich zu Beginn macht der Autor deutlich, dass die Hauptaufgabe des Erbrechts darin besteht, für eine möglichst gerechte Ordnung der Vermögensverhältnisse zu sorgen, die durch den Tod eines Menschen erforderlich wird. Indem Leipold in diesem Kontext auch auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Erbrechts ausführlich eingeht, verdeutlicht er, dass sich die Beschäftigung mit dem fünften Buch des BGB auch abseits der zivilrechtlichen Prüfungsvorbereitung lohnt. Dass sich erbrechtliche Fragestellungen dabei nicht nur auf nationale Sachverhalte beschränken, stellt der Autor gleich zu Beginn in einem Exkurs zum Internationalen Erbrecht klar. Angesichts der Besonderheiten des Internationalen Privatrechts wird dem Leser, der sich zum ersten Mal mit dem Erbrecht beschäftigt, aber zu Recht empfohlen, den Abschnitt zum Internationalen Erbrecht bei der ersten Lektüre zunächst auszuklammern.

Nachdem gewisse erbrechtliche Grundbegriffe erläutert wurden, widmet der Verfasser der gesetzlichen Erbfolge den ersten längeren Abschnitt seines Lehrbuchs. Den zahlreichen Beispielsfällen sind hierbei stets Übersichten beigefügt, die es dem Leser ermöglichen, auch dort den Überblick zu behalten, wo eine Vielzahl von Personen am Erbfall beteiligt sind. Im darauffolgenden Abschnitt wird auf die gewillkürte Erbfolge eingegangen, die Ausdruck der verfassungsrechtlich garantierten Testierfreiheit ist. Dass auch diese Freiheit jedoch nicht schrankenlos gewährleistet wird, verdeutlicht Leipold gleich zu Beginn des Abschnitts, indem er neben den gesetzlichen Testierverboten die Problematik sittenwidriger Verfügungen von Todes wegen anhand ausgewählter Rechtsprechungsbeispiele ausführlich darstellt. Nachdem die Grenzen der Testierfreiheit abgesteckt wurden, erläutert das Lehrbuch, welchen Instrumenten der Erblasser sich bedienen kann, um die Vermögensverhältnisse nach seinem Ableben zu regeln bzw. welche Modalitäten (wie z.B. Formvorschriften) er dabei zu beachten hat. Wie dem Erblasserwillen bei mehrdeutigen Verfügungen zur Geltung verholfen werden kann, erläutert Leipold sodann in einem Abschnitt, der neben den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen von letztwilligen Verfügungen auch auf die gesetzlichen Auslegungs- und Ergänzungsregeln des Erbrechts eingeht. Abgesehen von weiteren erbrechtlichen Klassikern, wie dem gemeinschaftlichen Testament, dem Erbvertrag und den Rechtsgeschäften unter Lebenden für den Todesfall widmet sich der Verfasser auch aktuellen Entwicklungen im Erbrecht, wie beispielswiese dem digitalen Nachlass (Rn. 633a) oder der Rechtsprechung des EuGH zur erbrechtlichen Qualifikation von § 1371 Abs. 1 BGB (Rn. 23f ff.). Hervorzuheben sind auch die zahlreichen Querverweise in andere Gebiete des Privatrechts, die im erbrechtlichen Kontext relevant werden können. Beispielhaft sind diesbezüglich die Besonderheiten des Gesellschaftsrechts zu nennen, die zum Teil in Konflikt mit den erbrechtlichen Vorschriften geraten können (Rn. 583a ff.). Hier gelingt es Leipold, dem Leser die entscheidenden Problemkreise zu verdeutlichen und die in der Rechtspraxis hierzu entwickelten Lösungsansätze verständlich darzulegen.

Insgesamt wird das Lehrbuch auch in der 22. Auflage seinem Ruf als Klassiker der erbrechtlichen Ausbildungsliteratur gerecht. Neben einer sinnvollen Schwerpunktsetzung überzeugt das Buch dabei vor allem durch die hilfreichen Hinweise zur Fallbearbeitung (z.B. Rn. 42), die zahlreichen Übersichten sowie die sorgsam ausgewählten Kontrollfragen am Ende jedes größeren Abschnitts.



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