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Rezension Zivilrecht: Recht der Computer- und Videospiele

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Duisberg / Picot (Hrsg.), Das Recht der Computer- und Videospiele, 1. Auflage, Erich Schmidt 2013

Von Rechtsanwalt Christian Stücke, FA IT-Recht und FA Verwaltungsrecht, Helmstedt
 

Das Recht der Computer- und Videospiele? Nun, das wird doch in erster Linie mit dem Urheberrecht zusammenhängen... So oder ähnlich dürfte bei einer Vielzahl von Juristen die Antwort nach den Inhalten dieser Rechtsmaterie ausfallen. Wie das vorliegende, knapp 500 Seiten starke Werk aber zeigt, stimmt dies so nicht unbedingt. Vielmehr stellt sich eine Unmenge von Fragen aus höchst unterschiedlichen Rechtsgebieten. Dies beginnt schon bei den vertragsrechtlichen Komponenten - was gilt z.B. bei Entwicklerverträgen zu beachten? Das Werk soll selbstverständlich auch weitest möglich „geschützt“ werden. In diesem Zusammenhang taucht dann natürlich das Urheberrecht in prominenter Funktion auf. Auch Markenrechte und andere nicht technische Schutzrechte wollen beachtet werden.

Selbstverständlich will das fertig gestellte Computerspiel dann auch vermarktet werden, so dass Aspekte des Vertriebes und der Lizensierung interessieren, sowohl gegenüber Endkunden wie auch über Vertriebsplattformen. Hersteller nutzen zunehmend auch das sog. „In-Game-Advertising“ - also von Werbung im Programm selbst. Das Potential dieses Marktes ist ungeheuer - die sich schon fast zwangsläufig stellenden rechtlichen Fragestellungen umso vielfältiger. Hier werden insbesondere Aspekte des Wettbewerbsrechts beleuchtet, aber auch Haftungsfragen geklärt.

Ein weiterer Trend stellt das Spielen über Online-Plattformen dar. Entsprechend abgeschlossene „Spielverträge“ zur Teilnahme an Communities waren bis vor wenigen Jahren nahezu unbekannt. Wer dachte schon daran, dass sich in diesem Zusammenhang ein eigener Markt für virtuelle Gegenstände entwickelt, die ähnlich wie in der „analogen Welt“ gekauft und verkauft werden können („item selling“). Denkt da jemand an Bankenaufsicht? Die Lektüre des entsprechenden Kapitels im vorliegenden Werk sorgt - nicht nur hier - für Sensibilität. Nicht zuletzt können sich Berührungspunkte zum (unerlaubten) Glücksspiel, zu strafbaren Inhalten, Jugendschutz und Datenschutz ergeben. Probleme, die sich aus der Integration sozialer Netzwerke stellen, werden wie selbstverständlich mit behandelt.

All diesen Fragestellungen widmet sich das vorliegende Handbuch. Dabei ist das Werk entsprechend den soeben angesprochenen Bereichen in Kapitel unterteilt. Die Herausgeber können hier auf ein Team von 31 Autorinnen und Autoren aus Deutschland und dem (europäischen) Ausland zurückgreifen. Dieser Fakt deutet bereits auf ein Alleinstellungsmerkmal des Werkes hin: es beleuchtet nicht nur die rechtliche Situation in Deutschland, sondern zugleich auch durch englischsprachige (!) Artikel die Situation in neun weiteren europäischen Ländern. Diese Artikel geben auf jeweils ca. 10 - 20 Seiten in sehr komprimierter Form Hinweise auf die Rechtslage und einschlägige Rechtsprechung. Ein sehr interessanter und begrüßenswerter Ansatz, zumal gerade die Vermarktung von Spielen nicht an Staatengrenzen Halt macht!

Gleichwohl ist das Werk trotz der Breite der behandelten Materien nicht überfrachtet. Den Autoren gelingt es, die Kernprobleme fokussiert zu präsentieren. Rechtsanwender erhalten an bereiter Stelle auch Hinweise für die Beratungs- und Gestaltungspraxis. Dabei werden keine vollständigen Vertragsmuster geliefert - was vor dem Hintergrund der Vielzahl in Betracht kommender Vertragskonstellationen nur zu verständlich ist und das Werk auch unnötig belasten würde. Vielmehr schlagen die Verfasser im Kontext zu den jeweiligen Erläuterungen passende Formulierungen vor. So finden sich z.B. im Zusammenhang mit Online-Games Formulierungen, die bei Gestaltung von Registrierungsbedingungen oder auch von Verpackungen helfen. An anderer Stelle werden Checklisten präsentiert, etwa zur Gestaltung einer Rechtseinräumungsklausel in Entwicklungsverträgen oder zu AGB-rechtlich relevanten Themenkreisen bei der Gestaltung von Lizenz- oder Plattformnutzungsbedingungen.

Der Inhalt des Werkes zeigt sich auf dem Stand der Zeit. Die Ausführungen werden von einem angemessenen Fußnotenapparat begleitet, der eine weitere Vertiefung leicht macht. Den Ausführungen kann leicht gefolgt werden, auch ohne vertiefte technologische Kenntnisse (die natürlich aber auch für das Verständnis nicht schaden). Von dem Werk profitieren in erster Linie Praktiker, z.B. mit der Beratung von (Spiele-)Softwareunternehmen betraute Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Diese finden in dem vorliegenden Werk ein hervorragendes Kompendium, um den sich stellenden, ungemein vielschichtigen Problemen begegnen zu können. Klare Kaufempfehlung!

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