Janda, Pflegerecht, 1. Auflage, Nomos 2019
Von Ref. iur. Lukas Friedrich, Marburg
Das von Prof. Dr. Constanze Janda verfasste und im Jahr 2019 in erster Auflage erschienene Lehrbuch wirft einen Blick auf die Rechtsfragen zum Thema „Pflege“, mit denen sich in einer älter werdenden Gesellschaft immer mehr Betroffene auseinandersetzen müssen. Wie die Autorin zutreffend gleich zu Beginn des Buchs feststellt, besteht trotz der großen gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Problematik im Bereich der juristischen Fachliteratur noch kein Werk, welches in die Fragen rund um das Thema „Pflege“ rechtsgebietsübergreifend einführt. Eine solche umfassende Betrachtung ist aber gerade notwendig, da unter den Begriff des „Pflegerechts“ neben Vorschriften aus unterschiedlichen Sozialgesetzbüchern auch zivilrechtliche Normen das Zusammenspiel der am Pflegeprozess beteiligten Akteure regeln. Diese rechtliche Gemengelage wird von der Verfasserin zunächst systematisiert und sodann im Einzelnen dargestellt, wobei gerade die Wechselwirkungen der Rechtsgebiete untereinander besonders berücksichtigt werden. Hierfür unterteilt die Autorin das Buch in acht Kapitel, von denen wiederum die ersten sieben mit Wiederholungs- und Vertiefungsfragen abschließen.
Nach einer kurzen Einführung in die Thematik, die unter anderem die historische Entwicklung des Pflegerechts in Deutschland skizziert, widmet sich Janda im zweiten Kapitel mit der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) quasi dem Herzstück des Pflegerechts. Zuallererst wird beim Leser mit der Erörterung der Grundprinzipien des SGB XI, der Darstellung des versicherten Personenkreises sowie den Ausführungen zur Finanzierung der Leistungen ein gewisses Grundverständnis für den fünften Sozialversicherungszweig geschaffen. Hierauf kann im dritten Kapitel, welches die einzelnen Leistungen des SGB XI näher beleuchtet, angeknüpft werden. Auch hier widmet sich die Verfasserin zunächst den Grundlagen des Leistungsrechts, bevor sie auf die einzelnen Dienst-, Sach- und Geldleistungsansprüche der sozialen Pflegeversicherung eingeht. Besonderes Augenmerk legt die Autorin dabei zu Recht auf den durch das zweite Pflegestärkungsgesetz reformierten Pflegebedürftigkeitsbegriff. Der inhaltliche Unterschied der früheren Pflegestufen zu den nunmehr bestehenden Pflegegraden wird verständlich dargelegt. Anschließend stellt die Verfasserin die unterschiedlichen Leistungen des SGB XI in den Bereichen der häuslichen Pflege, der teilstationären und Kurzzeitpflege sowie der vollstationären Pflege im Einzelnen dar. Begleitet werden die verschiedenen Leistungsansprüche dabei durch zahlreiche Beispiele, die den behandelten Stoff zusätzlich veranschaulichen. Auch die Leistungsansprüche zugunsten der für das deutsche Pflegesystem so wichtigen informellen Pflegepersonen finden am Ende des Abschnitts eine gewisse Beachtung.
Wurde im dritten Kapitel dargestellt, welche Leistungen das SGB XI bereithält, widmet sich das vierte Kapitel der Frage, wie die unterschiedlichen Akteure der Pflegewirtschaft nach den Regeln des SGB XI zusammenwirken, damit die Versorgung der Versicherten gewährleistet ist. Das dem Leistungsaustausch zugrundeliegende Dreiecksverhältnis zwischen der Pflegekasse, den Pflegeeinrichtungen und dem Versicherten wird dabei anschaulich verdeutlicht, wobei im vierten Kapitel der Schwerpunkt auf der Beziehung zwischen der Pflegekasse und den Pflegeeinrichtungen liegt.
Im fünften Kapitel stellt die Verfasserin die pflegerelevanten Vorschriften der Gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) vor, bei denen aufgrund der ähnlichen Bedarfslage des Versicherten zahlreiche Schnittstellen zu den Regelungen des SGB XI bestehen. Wie man trotz der ähnlichen Regelungsbereiche die für die Leistungsgewährung entscheidenden Schlüsselbegriffe der „Pflegebedürftigkeit“ und der „Krankheit“ voneinander abgrenzen kann, welche Leistungsansprüche sich sowohl bei häuslicher als auch bei stationärer Versorgung aus dem SGB V ergeben und wie die Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen Beteiligten geregelt sind, legt die Verfasserin gut nachvollziehbar dar.
Auch im darauffolgenden Kapitel, welches diejenigen Pflegeleistungen behandelt, die dem Pflegebedürftigen im Rahmen des Sozialhilferechts (SGB XII) zustehen, wird das Verhältnis zum Leistungskatalog des SGB XI verständlich dargelegt.
Nachdem in den vorausgegangenen Abschnitten auf die rechtliche Beziehung des Pflegebedürftigen zum jeweiligen Leistungserbringer nur stellenweise eingegangen worden ist, vertieft das siebte Kapitel die Problematik noch einmal intensiv. Dies gilt sowohl für die ambulante, als auch für die stationäre Pflege. Letzterer wird dabei erheblich mehr Aufmerksamkeit geschenkt, was angesichts der besonderen Vorschriften aus dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) angebracht ist. Der Abschnitt endet sodann mit einem Überblick über die zivilrechtlichen Haftungstatbestände, die zwischen dem Pflegebedürftigen und den Leistungserbringern relevant werden können. Aufgrund der hohen praktischen Relevanz besonders interessant sind dabei die Ausführungen zu häufig auftretenden Pflegefehlern und die Frage nach der Rechtsmäßigkeit freiheitsentziehender Maßnahmen.
Wie der behandelte Stoff in einer Falllösung gutachterlich darzustellen ist, veranschaulichen schließlich die drei Musterklausuren im letzten Kapitel des Lehrbuchs. Als kleine Anregung ist dabei anzumerken, dass spätestens hier auf die bis dahin unbeantwortete Frage nach dem Rechtsschutz im Bereich des Pflegerechts hätte eingegangen werden können.
Fazit: Dem Lehrbuch gelingt es auf gerade einmal 178 Seiten das vielschichtige Rechtsgebiet des Pflegerechts in seinen Grundzügen einsteigerfreundlich zu präsentieren. Die übersichtliche Struktur sowie die gut ausgewählten Beispiele des Lehrbuchs führen dem Leser die zahlreichen Rechtsprobleme, die sich im pflegerischen Kontext ergeben können, vor Augen. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass die Autorin das auf den ersten Blick unübersichtliche Verhältnis der verschiedenen Rechtsgebiete untereinander sowie das Zusammenwirken der Beteiligten des Pflegeprozesses gut veranschaulicht. Schlussendlich schafft es das Lehrbuch von Janda damit, die eingangs erwähnte Lücke in der juristischen Fachliteratur erfolgreich zu schließen.