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Rezension: Landespersonalvertretungsgesetz NRW

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Bülow, Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage, Boorberg 2020

Von Ass. iur. Fabian Bünnemann, LL.M., LL.M., Essen



Wer regelmäßig mit personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten im öffentlichen Dienst befasst ist, weiß, dass dies nicht gerade ein großer „Tummelplatz“ juristisch versierter Autoren ist, sondern die vorhandene Literatur zum Personalvertretungsrecht eher mager ausfällt. Dies ist natürlich vor allem dem Föderalismus geschuldet, dessen Folge es ist, dass neben dem Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) noch 16 verschiedene Landespersonalvertretungsgesetze bestehen, die zwar im Wesentlichen deckungsgleich, in den Einzelheiten aber dann eben doch verschieden sind. Zudem dürfte die personalvertretungsrechtliche Literatur schon aufgrund des begrenzten Adressatenkreises auf Seiten der Verlage zu den umsatzschwächeren Bereichen zählen.

Beschäftigt man sich etwa konkret mit dem Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen (LPVG NW), lassen sich die gängigen Kommentare an einer Hand abzählen: Laber/Pagenkopf (allerdings bislang nur in 1. Auflage erschienen), Havers/Giesen, Welkoborsky/Baumgarten/Berg/Vormbaum-Heinemann. Eine Ausnahmestellung nimmt der Cecior/Vallendar/Lechtermann/Kleinein, der als dreibändiger Loseblattkommentar wohl das Standardwerk in den Personalabteilungen der Dienststellen sein dürfte. Dieser beinhaltet wohl die ausführlichste Auswertung der vorliegenden Rechtsprechung. Gleichwohl sind die Kommentierungen nicht immer ganz systematisch aufgebaut und beinhalten zudem nicht gerade viele praktische Hinweise für die tägliche Praxis. Weitere Kommentare aus kleineren Verlagen existieren, sind aber in der Praxis nur selten im Einsatz.

Ein besonders interessantes Werk zum LPVG NW ist das nunmehr in 2. Auflage in der Edition Moll bei Richard Boorberg erschienene von Bülow. Bereits der Titel „Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen – Praxiskommentar und Formularbuch für die Dienststelle“zeigt den etwas anderen Ansatz dieses Werks. Der alleinige Autor des Bandes, Christian Bülow, ist Referent beim kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen und hat aus der Praxis heraus wohl die Notwendigkeit gesehen, eine praxisnähere Variante eines LPVG NW-Kommentars zu verfassen. Allein das Ansinnen ist lobenswert, heißt es doch in der Praxis stets, das Personalvertretungsrecht zu operationalisieren und handhabbar zu machen. In diesem Sinne richtet sich der Kommentar vor allem an die Dienststellen und weniger an die Personalvertretungen, gleichwohl das Einnehmen der gegenläufigen Perspektive auch bei Personalratsmitgliedern den Verstand schärfen und Verständnis wecken vermag.

Doch was bietet das Werk konkret? Aufgrund der in diesem Jahr anstehenden regelmäßigen Wahlen der Personalvertretungen habe ich mir zunächst § 10 LPVG NW angesehen, der die grundlegenden Regelungen zur Wahlberechtigung beinhaltet. Die Kommentierung beginnt mit der Wiedergabe der Norm und lässt eine Inhaltsübersicht über die anschließende Bearbeitung folgen. Bülowbeginnt mit einigen einleitenden Bemerkungen (Rn. 1 ff.) und weist zutreffend darauf hin, dass entsprechend der Judikatur des BVerwG die materiellen Voraussetzungen der Wahlberechtigung hier jedenfalls „dem Grunde nach“ einer abschließenden Regelung zugeführt werden. Sodann folgt die eigentliche Kommentierung der Norm. Die Grundsätze der Wahlberechtigung (Abs. 1) werden prägnant dargestellt (Rn. 6 ff.) und durch eine grafische Übersicht bildlich veranschaulicht (Rn. 10). Es schließen sich Ausführungen zu den Besonderheiten bei Abordnung, Zuweisung oder Gestellung an (Rn. 14 ff.). Von besonderem Interesse sind regelmäßig auch die von der Wahlberechtigung ausgeschlossenen Beschäftigtengruppen. So sind gem. § 10 Abs. 3 Buchst. d. LPVG NW etwa solche Beschäftigte nicht wahlberechtigt, die in § 8 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 und 3 LPVG NW genannt sind. Die Leitungsebene der Dienststelle wird damit vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen. Dazu gehören der Dienststellenleiter (§ 8 Abs. 1 S. 1 LPVG NW) ebenso wie seine ständige Vertretung und der Leiter der für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilung (§ 8 Abs. 1 S. 2 LPVG NW). Nicht erfasst vom Ausschluss werden indes – worauf Bülow richtigerweise hinweist – Beschäftigte, die zwar zu eigenständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten befugt sind, nicht aber eine der aufgeführten Leitungsfunktionen innehaben (§ 10, Rn. 26). Dieser Personenkreis ist zwar vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen (so auch bei § 11, Rn. 8), bleibt aber wahlberechtigt. Erwähnenswert ist noch, dass der Wahlrechtsausschluss auch diejenigen Beschäftigten nicht erfasst, die als „sonstige Beauftragte“ i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 3 LPVG NW den Dienststellenleiter vertreten. Bülow verweist hinsichtlich der Wahlberechtigung derartiger Beauftragter im Rahmen der Kommentierung von § 8, Rn. 13 auf die Bearbeitung zu § 10, Rn. 6 ff. Der Verweis geht allerdings ins Leere, was in der nächsten Auflage korrigiert werden sollte. Überaus gut gelungen sind indes die Ausführungen zum passiven Wahlrecht (d.h. zur Wählbarkeit) von „sonstigen Beauftragten“ (§ 11, Rn. 8 ff.), woraus sich wertvolle Hinweise für die Gestaltung in der Praxis ergeben.

Aufschlussreich und wichtiger werdend ist auch die Kommentierung von § 65 Abs. 4 LPVG NW. Danach obliegt die Einhaltung des Datenschutzes dem Personalrat selbst. Bülow stellt die Grundzüge hierzu prägnant dar, wobei auch die zwischenzeitlich in Kraft getretene DSGVO gebührend berücksichtigt wird (§ 65, Rn. 60). In diesem Zusammenhang wichtig ist auch die Feststellung, dass die Einhaltung des Datenschutzes durch den Personalrat nicht jeglicher Kontrolle entzogen ist, sondern jedenfalls eine Überprüfung durch den Landesdatenschutzbeauftragten möglich ist (§ 65, Rn. 61). Ob nunmehr auch eine Kontrollmöglichkeit durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten besteht, ist dagegen noch nicht geklärt und bleibt abzuwarten. Für die Praxis interessant sind sicherlich auch die Ausführungen zur „Mitteilungspflicht gegenüber der Dienststelle über die getroffenen Datenschutzmaßnahmen“. Der Autor rät hier den Dienststellen dazu, derartige Mitteilungen aktiv vom Personalrat einzufordern und – soweit notwendig – aus „Dokumentations- und Nachweisgründen“ die Personalvertretung auch zur Veranlassung von Nachbesserungen und zur Behebung datenschutzrechtlicher Mängel aufzufordern (§ 65, Rn. 62).

Insgesamt ist das Schriftbild angenehm zu lesen, abwechslungsreiche Gestaltungselemente lockern die Kommentierung auf. Sehr gut gefallen mir insofern die vielen hervorgehobenen Hinweise, Aufzählungen, Praxistipps, Musterformulierungen und Beispiele – diese stellen definitiv ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den übrigen Werken zum LPVG NW dar. Neben Kommentierung und Mustervorlagen enthält das Werk zudem noch ein 16-seitiges Stichwortverzeichnis, was das gebotene Gesamtpaket komplettiert. Hinzuweisen ist noch darauf, dass das Werk keine Kommentierung zur Wahlordnung zum LPVG NW enthält, da der Verlag hierzu eine eigene Kommentierung bereithält.

Zusammenfassend erhält der Leser für äußerst preiswerte 129,- Euro einen kompletten LPVG NW-Kommentar, der gleichzeitig Verantwortlichen in der Dienststelle praxisgerechte Lösungen anbietet und damit die tägliche Arbeit wesentlich erleichtert. Über 75 Muster, etwa für Anträge, Vereinbarungen oder sonstigen Schriftverkehr mit der Personalvertretung, hat Bülow für den Leser zusammengestellt – und diese auch direkt digital verfügbar gemacht. So ermöglicht die beiliegende CD-ROM es, die Vorlagen unmittelbar zu kopieren und nach ggf. erforderlicher Anpassung selbst zu nutzen. Allein die Zurverfügungstellung auf CD-ROM wirkt angesichts der weniger werdenden Abspielmöglichkeiten für physische Datenträger überholt – ein digitaler Datenbankzugriff wäre insofern für die nächste Auflage wünschenswert. Wer kein Laufwerk zur Verfügung hat, dem bleibt dennoch kein Zugriff verwehrt: Die Muster finden sich alle auch in der Druckfassung im Buch wieder (Anhang 1, S. 893 ff.), mit einem sehr zweckdienlichen vorangestellten Musterverzeichnis. Mag auch der Cecior/Vallendar/Lechtermann/Kleinweiterhin – aufgrund seiner Ausführlichkeit – aus den Dienststellen nicht hinwegzudenken sein: Für die tägliche Praxis und den schnellen „ersten Zugriff“ ist der „Bülow“ mittlerweile meine erste Wahl. Er ermöglicht ein überaus schnelles Auffinden der gesuchten Stelle, ist überaus systematisch aufgebaut, fokussiert sich bei den qualitativ hochwertigen Kommentierungen auf das Wesentliche (ohne aber Wichtiges zu vernachlässigen) und gibt – unter Auswertung von Literatur und Rechtsprechung – unmittelbar Hilfestellung zur Umsetzung. Der „Bülow“stellt damit eine wahre und dauerhafte Arbeitserleichterung dar. Seine Anschaffung ist daher allen Dienststellen, auf die das Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen Anwendung findet, zu empfehlen.


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