Reimer, Verwaltungsdatenschutzrecht, 1. Auflage, Nomos 2019
Von Ri’inSG Domenica D’Ugo, Saarbrücken
Prof. Dr. Philipp Reimer von der Rheinischen Friedrich-Wilhems-Universität Bonn hat sich die Mühe gemacht, das neue Datenschutzrecht -betreffend die behördliche Praxis- in einem Buch aufzuarbeiten. Wie die Rezensentin aus eigenen Erfahrungen weiß, ist dies sicherlich nötig – nicht, weil die Behörden das Datenschutzrecht nicht ernst nehmen, sondern weil es schwer ist, sich einen Überblick darüber zu verschaffen. Die jüngeren Neuerungen der Rechtslage haben dies nicht einfacher gemacht.
Beim ersten Durchblättern und Querlesen drängt sich leider zunächst die Frage auf, ob der Stil des Professors die Zielgruppe „abholen“ wird. Sätze wie „Die in diesem Buch unternommenen Auslegungsanstregungen bemühen sich angesichts dessen um eine möglichst sachliche Rekonstruktion des von den Normgebers jeweils Gewollten, was nicht zwingend immer die Minimierung der Datenverarbeitung sein muss.“ lesen sich natürlich prächtig. Allerdings dürften beim Leser nach der Lektüre des Vorworts Zweifel aufkommen, ob das Werk die drängenden Fragen des Behördenalltags schnell beantworten kann. Vertieftes Lesen der eigentlichen Ausführungen zeigt, dass der Stil des Vorworts sich durch das ganze Werk zieht. „Sie lässt sich vorsichtig als Sphäre der allgemeinen Verwaltung apostrophieren – freilich in einem spezifisch datenschutzrechtlichen Sinne und mit Modifikationen gegenüber dem üblichen Sprachgebrauch, denn hierzu gehören auch die Finanz- und Sozialverwaltungen.“ (S. 20 oben). Es muss sicherlich jeder Leser selbst entscheiden, ob ihm dieser Stil gefällt und das Lesen erleichtert. Die Rezensentin schätzt den Sprachstil außerordentlich, aber nicht im Rahmen eines Fachbuches, welches das Verstehen einer komplexen Rechtslage ermöglichen soll. Diesem Ziel abträglich ist auch, dass das Buch gewissermaßen direkt in die Materie springt und dem Leser keine Möglichkeit gibt, sich langsam dem Thema zu nähern. Das Inhaltsverzeichnis lässt zwar darauf schließen, dass Letzteres beabsichtigt war. Allerdings wäre es hier wohl besser gewesen, zunächst ein Augenmerk auf die Praxis und ihren Ablauf zu legen und dann in die Rechtsmaterie einzusteigen.
Die Systematisierung der Rechtslage selbst ist als wirklich gelungen zu bezeichnen. Reimer stellt anschaulich und strukturiert die verschiedenen Rechtsgrundlagen, ihren Anwendungsbereich und ihre Ziele dar (Kapitel I „Grundlagen“). Gut erfassbar sind auch die Darstellungen in Kapitel II „Die Folgen von Datenschutzverstößen“. Hier lernt der Leser, welche Informations- und Ingerenzpflichten bestehen und welche Folgen zivil-, verwaltungs- und strafrechtlicher Art drohen können. Ein Beispiel für einen Datenschutzverstoß wird nicht genannt.
Kapitel III „Die Zulässigkeit der Datenverarbeitung“ erfüllt die Erwartungen an ein in der Praxis nutzbares Fachbuch. Hier liest man Substantielles zur Datenverarbeitung und ihren rechtlichen Voraussetzungen und kann das in Kapitel I Gelernte nun besser einsortieren. Ebenso empfehlenswert sind die Ausführungen in Kapitel IV „Organisatorische Anforderungen“, die sich mit Fragen zum Datenschutzbeauftragten, zu technischen Anforderungen und Dokumentations- sowie Verarbeitungspflichten (z.B. Datenlöschung und –berichtigung von Amts wegen) befassen. Weitere gute Anleitungen und Leitfäden für den Sachbearbeiter finden sich in Kapitel V „Das Verhältnis zum Bürger“. Hier sind Informationen dazu aufbereitet, wie und auf welchen Wegen die betroffene Person über den Datenumgang aufgeklärt werden kann, welche Rechte sie hat und auch welche Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen.
Zuletzt wird das Verhältnis zur Aufsichtsbehörde in Kapitel VI beleuchtet, insbesondere die Befugnisse derselben und wiederum Rechtsschutzfragen, diesmal aus Behördensicht. Auch diese rund 15 Seiten sind wie die vorgehenden Kapitel angenehm gelayoutet. Auch diese Seiten sind nicht so formuliert, dass ein einfaches „Drüberlesen“ möglich ist.
Soweit im Vorwort angesprochen wird, dass versucht wurde, „den Fußnotenapparat nicht ausarten zu lassen“, lässt sich das beim Durchblättern nicht ohne weiteres erkennen: teilweise nehmen die Fußnoten mehr als die Hälfte der Seite ein. Dies ist jedoch teilweise der Tatsache geschuldet, dass der Autor dort oft die jeweiligen Landesnormen zitiert, was wiederum für den Sachbearbeiter auf Landesebene eine echte Hilfe darstellt.
Insgesamt: In jeder Hinsicht kein einfaches Werk. Kostenpunkt: 58 Euro.