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Rezension: Europäisches und deutsches Datenschutzrecht

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Specht / Mantz, Handbuch Europäisches und deutsches Datenschutzrecht, 1. Auflage, C.H. Beck 2019

Von Florian Wittner, Hamburg und PD Dr. Matthias C. Kettemann, LL.M. (Harvard), Hamburg/Heidelberg



Das vorliegende Werk, das in diesem Jahr in der ersten Auflage erscheint, richtet sich in erster Linie an Praktiker des Datenschutzrechts – deren Zahl zweifellos wächst! – und sticht aus der Vielzahl datenschutzrechtlicher Kommentare und Handbücher seit Geltungserlangung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 durch seinen gezielten Fokus auf das bereichsspezifische europäische Datenschutzrecht angenehm heraus. Dabei werden sowohl privater wie auch öffentlicher Sektor des Datenschutzes in den Blick genommen.

Als gelungen bezeichnet werden kann zunächst die Struktur des Werkes, welches sich in einen allgemeinen und einen besonderen Teil aufgliedern lässt: in Teil A werden die für alle folgenden Bereiche relevanten datenschutzrechtlichen Grundlagen behandelt, in Teil B und C sodann die einzelnen konkreten Bereiche des Datenschutzrechtes in Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor vor dem Hintergrund von und mit Verweisen auf Teil A beleuchtet. Die einzelnen Abschnitte werden von einer gesunden Mischung an Experten aus den beleuchteten Sektoren – insbesondere Anwaltschaft, Justiz, Verwaltung und Wissenschaft – bearbeitet, die allesamt in ihren jeweiligen Bereichen zur Speerspitze des derzeitigen rechtswissenschaftlichen Diskurses gehören.

Im allgemeinen Teil A konzentriert sich das Werk – ganz der derzeitigen Bedeutung entsprechend – auf die DSGVO und ihre Grundlagen, wobei ein Fokus auf die besonders praxisrelevanten Themen der Compliance (§ 6) und des Transfers von Daten in Drittländer (§ 7) gelegt wird. Erwähnenswert ist zudem der Abschnitt zum datenschutzrechtlichen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 8), dessen Bedeutung mit Blick auf die immens angestiegenen Bußgeldhöhen der DSGVO größer kaum sein könnte.

Auch in den besonderen Teilen B und C vermag die Auswahl der einzelnen behandelten Bereiche selbst sowie die Schwerpunktsetzung innerhalb dieser zu überzeugen. Aus Platzgründen seien hier nur einige wichtige Bereiche genannt:

Im privatwirtschaftlichen Sektor gefällt insbesondere die Abhandlung der von besonderer Unbestimmtheit und damit in der Praxis (für verantwortliche Unternehmen, aber auch rechtsfreundliche Vertreter) auch besonderer Unsicherheit geprägten Themen im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Verbraucherdaten (§ 9, bspw. Wirksamkeit von Einwilligungen, Tauglichkeit anderer Rechtsgrundlagen etc.) sowie dem Datenschutz in der Informationstechnik (§ 15, mit besonderem Fokus auf die konkretisierungsbedürftigen Regelungen zum Datenschutz durch Technikgestaltung in Art. 25 DSGVO).

Hervorgehoben werden sollte wegen seiner besonderen Aktualität zudem der Abschnitt zum Datenschutz in Presse und anderen Medien (§ 19), in welchem die Problematik der schematischen Anwendbarkeit datenschutzrechtlicher Pflichten auf kommunikationsrelevante Szenarien und die (fragliche) Tauglichkeit insbesondere nationaler deutscher Vorschriften zur Auflösung des Konflikts mit Presse- und Informationsfreiheit untersucht werden.

Im öffentlichen Sektor können die Abschnitte zum polizeilichen Datenschutz (§ 21) und zum Datenschutz in Forschung und Hochschullehre (§ 23) als von besonderer aktueller Bedeutung und als besonders instruktiv herausgestellt werden.

Insgesamt kann das Werk Praktikern – sei es  in Anwaltschaft, Justiz, Verwaltung oder Unternehmensjuristentum –, aber auch interessierten Lesern aus der Wissenschaft, als Basiskompendium mit größtem Nachdruck ans Herz gelegt werden. Die Verzahnung von allgemeinem und besonderem Teil und die saubere Behandlung der einzelnen Bereiche erlaubt die schnelle Beantwortung der wichtigsten aktuellen bereichsspezifischen Fragen ungemein und verschafft einen verständlichen Überblick über noch nicht abschließend geklärte Fragestellungen.

Durch diesen verstärkten Praxisfokus und die Beleuchtung auch weniger ausführlich behandelter Bereiche des bereichsspezifischen Datenschutzes wie die JI-Richtlinie (und ihre Umsetzung im BDSG-neu) verdient sich das Werk einen eigenständigen Platz in der Riege der derzeitigen Datenschutzliteratur. Schon jetzt ist absehbar, dass trotz der wachsenden Konkurrenz an praxisorientierten kompakteren Datenschutzhandbüchern dem Specht/Mantz noch viele Auflagen beschieden sein werden.


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