Schenke / Graulich / Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage, C.H. Beck 2019
Von Johannes Schmees, Hamburg, und PD Dr. Matthias C. Kettemann, LL.M. (Harvard), Hamburg/Heidelberg
Mit der zweiten Auflage von „Sicherheitsrecht des Bundes“ legen die Herausgeber Prof. Wolf-Rüdiger Schenke, Prof. Kurt Graulich und Prof. Ruthig eine aktualisierte Fassung ihrer umfassenden Kommentierung vor. Hintergrund sind – ausweislich des Vorwortes – Gesetzesänderungen sowie Fortentwicklung in der jeweiligen Judikatur. Dabei liegt ein ganz besonderer, höchst relevanter Schwerpunkt auf dem neuen Datenschutzrecht, also der DSGVO, DSRL sowie BDSG und seinen Auswirkungen auch auf das Sicherheitsrecht.
Weiter verdeutlicht wird dies durch die Einführung. Sehr lesenswert und übersichtlich werden unter A. dort die aktuellen Entwicklungen dargestellt. Beispielsweise wird der Einfluss des Datenschutzrechts sowie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf das BKAG und die daraus resultierende Notwendigkeit einer neuen IT-Infrastruktur der Behörden einleitend erwähnt.
Genauso wird die politische Relevanz des Sicherheitsrechtes des Bundes deutlich, wenn der Einfluss jeweils des NSU-Untersuchungsausschusses auf die Änderungen des BVerfSchG und des NSA-Untersuchungsausschusses auf die Änderungen des BNDG herausgestellt wird.
Weiter werden unter B. die verfassungsrechtlichen Bezüge des Sicherheitsrechts dargestellt. Besonders für – ausdrücklich auch von der Kommentierung angesprochene – Medienvertreter können die hier überblicksartigen Ausarbeitungen zu den Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen sowie der grundrechtlichen Überformung und aktuellen Herausforderungen des Sicherheitsrecht für eine fachlich unterfütterte Berichterstattung eine erläuternde und vermittelnde Darstellung bieten.
Ein Augenmerk ist zudem auf das Unterkapitel zur Europäisierung des Sicherheitsrechts zu legen. Dort wird neben den Konsequenzen der europäischen Gesetzgebung für das Sicherheitsrecht auch auf die „Europäisierung der Grundrechtsprüfung“ (Rn. 41) eingestiegen – interessant und erläuternd gerade im Kontext der aktuellen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts „Recht auf Vergessen I“, Beschl. v. 06.11.2019 -1 BvR 16/13 und „Recht auf Vergessen II“, Beschl. v. 06.11.2019 – 1 BvR 276/17. Mit diesem insgesamt äußerst nützlichen und instruktiven Kapitel fassen die Herausgeber gemeinsam aktuelle wie grundsätzliche Aspekte des Sicherheitsrechts einleuchtend zusammen und gewährleisten so eine solide Basis für die folgenden Kommentierungen – für Juristen wie für fachlich interessierte Laien.
Anschließend erfolgen die jeweiligen Kommentierungen der relevanten Gesetze, also insbesondere u.a. des BPolG, des VwVG, des UZwG, des BKAG und des BSIG. Gerade die Kommentierung des BPolG erfolgt äußerst ausführlich und vermittelt detailliertes Fachwissen, ohne unnötig auszuschweifen. Den von Prof. Ruthig kommentierten neuen Regelungen des §27a BPolG zu mobilen Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten sowie des §27b BPolG zur anlassbezogenen automatischen Kennzeichenerfassung sind konstruktive Hinweise zu den verfassungs- und datenschutzrechtlichen Bezügen beigefügt, die sich in der Zukunft für Praktiker wie Wissenschaftler als nützlich erweisen werden. Die von Prof. Graulich verfassten Anmerkungen zu der Regelung der Gesprächsaufzeichnungen in §27c BPolG sind als durch eine äußerst detailreiche, den Wortlaut sorgsam auslegende Kommentierung gekennzeichnet.
Weiterhin ist die Kommentierung zum VwVG des Bundes durch Prof. Baumeister zu erwähnen. Dabei wird sehr übersichtlich und strukturiert vorgegangen. Gerade die Vorbemerkungen zur Verwaltungsvollstreckung sind dabei dermaßen einleuchtend formuliert, dass sie allen Studierenden sowie Rechtsreferendaren zur Auffrischung des Wissens empfohlen werden kann.
Auch „Spezialmaterien“ wie das Rechtsextremismus-Datei-Gesetz (RED-G) oder das LuftSiG werden in gebotener breite kommentiert neben derartig allgemeinen Ausführungen. Positiv hervorzuheben ist, dass sich hierdurch (wie durch das gesamte Werk) der rote Faden von regelmäßig eingearbeiteten verfassungsrechtlichen Bezügen zieht.
Hinzuweisen ist überdies beispielsweise auf die Kommentierungen von Prof. Graulich zu den im Zuge der Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses eingefügten Regelungen von § 9a BVerfSchG zu verdeckten Mitarbeitern und von § 9b BVerfSchG zu Vertrauensleuten. Ohne sich in politische Hintergründe und gar meinungsstarke Kommentare zu verstricken, werden dabei sachliche Hintergründe aufgearbeitet und diese neuen Normen grundlegend kommentiert. Wer über die §§ 9a und 9b BVerfSchG einen fundierten Über- und Einblick erlangen möchte, kommt mithin nicht an diesem Teil des Werkes vorbei.
Aus verfassungsrechtlicher Perspektive interessiert das Werk durch die stets gesetzten Bezüge zum Europarecht wie Verfassungsrecht. Aus datenschutzrechtlicher Perspektive interessiert der Kommentar durch die zahlreichen Einflüsse und Bezüge zwischen Datenschutz- und Sicherheitsrecht. Und aus Perspektive der Praxis in Behörden, Gerichten und Kanzleien ist das Buch als Handwerkszeug einfach und präzise einsetzbar. Insgesamt wird „Sicherheitsrecht des Bundes“ seinem Anspruch, fundiertes und detailliertes Wissen in diesen Rechtsgebieten an eine vielfältige Zielgruppe zu vermitteln gerecht. Vom Laien bis zu erfahrenen Spezialisten ist die Berücksichtigung dieses Kommentars bei der Beschäftigung mit den zahlreichen Gesetzen und Aspekten des Sicherheitsrechts allen ohne Reserve ans Herz zu legen.