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Rezension: BRAO

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Henssler / Prütting (Hrsg.), BRAO, 5. Auflage 2019

Von RA Christoph R. Müller, Leipzig



Es gibt sicherlich einen Kanon an Literatur, den jeder Anwalt benötigt. Egal in welchem Rechtsgebiet man tätig wird, die Kenntnis vom eigenen Berufsrecht ist unabdingbar. Rund eine Handvoll Kommentare stehen dem geneigten Leser zur Verfügung. Eines, welches sich über die letzten zwei Jahrzehnte einen besonderen Stand erarbeitet hat, ist der Kommentar zur BRAO von Henssler/Prütting, der aktuell in der 5. Auflage vorliegt.

Diese jüngste Auflage hat mit fünf Jahren etwas auf sich warten lassen. Allerdings hat sich das anwaltliche Berufsrecht in den letzten Jahren auch nicht unwesentlich weiterentwickelt, so dass eine Neuauflage nicht einfach mal erstellt ist. Vielmehr ist auf die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen einzugehen. Und dies fordert Zeit und Sorgfalt. Zudem gehen die Herausgeber selbst mit dem Anspruch an das Werk heran, die weiteren Entwicklungen im Berufsrecht und den verbleibenden Reformbedarf kritisch zu hinterfragen.

Hinsichtlich der gesetzgeberischen Neuerungen ist sicherlich die Reform des Rechts der Syndikusanwälte von besonderer Bedeutung. Insbesondere die Entscheidungen des BSG vom 03.04.2014 zur Rentenversicherungspflicht von Syndikusanwälten hat die Gruppe der Unternehmensjuristen vor ganz erhebliche Herausforderungen gestellt. Der Gesetzgeber ist tätig geworden und hat mit dem Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte zum 01.01.2016 eine neue Grundlage geschaffen. Dieses Gesetz hat das anwaltliche Berufsrecht in dieser Beziehung wesentlich geändert. Diese Neuerung musste auch von den Herausgebern dieses Werkes berücksichtigt werden. Aufschlussreich und hintergründig informiertPrütting hierzu in seiner Kommentierung zu §§ 46, 46a und 46b sowie Henssler zu § 46c BRAO. Hervorzuheben ist jedoch die Lösung, die Stellung des Syndikusanwalts im Rahmen eines Anhangs quasi in einem Guss darzustellen. Diller/Schusternutzen dies um die arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Bezüge darzustellen und dabei auch konkrete Formulierungshilfen zu benennen. An dieser Stelle wird das Werk im gewissen Sinne zu einem Handbuch, was der Qualität aber keinen Abzug bringt.

Andere Änderungen wurden indes etwas knapper behandelt. So wird die seit der letzten Auflage neu eingeführte weitere Kanzlei für Anwälte nur kurz kommentiert (§ 27 BRAO Rn. 1 a.E).

Die Neuregelung des § 14 BORA zu Zustellung von Anwalt zu Anwalt hingegen, wird zwar nicht ausschweifend, aber mit knapp 1,5 Seiten immer noch kompakt kommentiert. Hier zeigt sich in Ansätzen, wie das herausgeberische Motiv, die Entwicklungen im Berufsrecht kritisch zu hinterfragen, umgesetzt wird. Statt sich auf die Rechtslage zu konzentrieren, wird die ursächliche BGH-Rechtsprechung en passant kritisiert. Man wünscht sich gleichwohl ein paar erläuternde Ausführungen, über die der Feststellung, der BGH habe eine allzu enge Auslegung gewählt, hinaus.

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass unter Berücksichtigung der praktischen Relevanz das MediationsG neu aufgenommen und umfassend kommentiert wurde. Dies ist eine sinnvolle Ergänzung und zeigt, dass man das Werk als ein Kommentar zum Berufsrecht im weiteren Sinne verstehen kann.

Nur an einem Punkt fiel dem Rezensenten ein Lapsus auf. Während die Kommentierung von Offermann-Bruckart§ 15 FAO in sich überzeugen kann, ist der abgedruckte Gesetzestext mit Stand vor dem 01.04.2014 schlicht falsch. Das sorgt vornehmlich für Verwirrung und ist, unter der Prämisse, dass es ein unglücklicher Ausrutscher ist, zu entschuldigen. Allerdings konnte der Rezensent sich danach von einem gewissen Misstrauen nicht so schnell wieder freimachen.

Mit dem Blick auf das groß Ganze kann resümiert werden, dass das vorliegende Werk in der Klasse der Kommentare für das anwaltliche Berufsrecht sicher führend bleibt. Die Kommentierungen sind durchweg von hoher Qualität. Die Anpassungen der Herausgeber an der Konzeption sinnvoll. Da das Berufsrecht die rechtliche Grundlage der anwaltlichen Tätigkeit ist, ist JEDER Anwalt gut beraten, hier fundierte Informationen zur Hand zu haben. Der aktuelle Kommentar von Henssler/Prütting zur BRAO ist dafür die richtige Wahl.


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