Eichenhofer / von Koppenfels-Spies / Wenner: Kommentar zum Sozialgesetzbuch VII, 2. Auflage, Luchterhand 2019
Von RAin, FAin für Sozialrecht Marianne Schörnig, Düsseldorf
Der Kommentar wird von Eichenhofer (bis 31.03.2016), von Koppenfels – Spies und Wenner herausgegeben. Die Autoren stammen zur Hälfte aus der Lehre (z. B. Hochschule Bonn – Rhein - Sieg oder Universität Jena). Die weitere Autorenschaft setzt sich zusammen aus Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Anders als im aus demselben Verlag stammenden Kommentar zum SGB Xdürfte es sich hier um eine ausgewogenere Mischung von Theorie und Praxis handeln. Dies wird im Vorwort (S. V) von den Herausgebern auch identisch bewertet: Es wäre beabsichtigt gewesen, die Herausgeberschaft in die Hände einer Hochschullehrerin (von Koppenfels – Spies), die aus dem Blickwinkel des Zivilrechts heraus forscht, zu legen und diese Sichtweise zu ergänzen durch einen weiteren Herausgeber (Wenner), der eher aus dem öffentlichen Recht stammt.
Dem Vorwort folgen das Bearbeiterverzeichnis (S. VII), das Inhaltsverzeichnis (S. IX bis XVII), das Abkürzungsverzeichnis (S. XIX bis XXVII)) und das Literaturverzeichnis (S. XIX bis XXXII). Das Stichwortverzeichnis findet sich am Ende des Werkes (S.1117 bis 1140). Die Kommentierungen des SGB VII findet sich auf den S. 1 bis 1115, wobei jede Vorschrift einzeln besprochen wird.
An dieser Stelle wurde kürzlich der Kommentar zum SGB X ebenfalls aus dem Luchterhand Verlag besprochen. Der vorliegende Kommentar zum SGB VII ist optisch identisch: Jeder einzelne Paragraph ist fettgedruckt. Ein eigenes Inhaltsverzeichnis schließt sich an, in dem ein Überblick über die einzelnen besprochenen Abschnitte der Vorschrift gegeben wird. Diese Abschnitte sind einerseits unterteilt in Großbuchstaben und römische Ziffern, zum leichteren Auffinden der Fundstellen aber jeweils auch mit Randziffern versehen. Im praktischen Gebrauch stehen die Randziffern sowieso in jedem juristischen Kommentar im Vordergrund. In seitenlangen Textpassagen nach Abschnitten und Zwischenüberschriften zu suchen, ist zeitraubend, mühsam – und überflüssig. Im Grunde könnte man auf die Zwischenabschnitte verzichten. Sie werden eh vom Paragraphentext vorgegeben. Im Stichwortverzeichnis am Ende des Buches wird auch nur der Paragraph und die jeweilige Randnummer genannt. Die fettgedruckten Randziffern stehen jeweils außen am Text, der innere Steg bleibt frei. Das erleichtert zusätzlich das Auffinden einer Textstelle beim schnellen Durchblättern.
Auch hier sind die Fundstellen nicht im Fließtext, sondern in Fußnoten untergebracht. Die Fundstellen weisen jedoch eine wesentlich größere Bandbreite auf als z.B. im Kommentar zum SGB X. Hier ist das Verhältnis von höchstrichterlicher Rechtsprechung (Bundessozialgericht) zu Entscheidungen der zweiten Instanz ausgeglichener. Zusätzlich wird auf andere Kommentare, das Bundesgesetzblatt oder Verwaltungsvorschriften verwiesen. Wie schon im Kommentar zum SGB X ist auffällig, dass fast keine Aufsätze o.Ä. zitiert werden. Möglicherweise gibt es hier ein gewisses Konkurrenzdenken?
An der Kommentierung einzelner Vorschriften zeigt sich die Mischung der Autorenschaft. Beispielsweise die Aufzählung der versicherten Personen in § 2. Auf der einen Seite sehr didaktisch (Definition und umfassende Erläuterung von Beschäftigung i. S. v. § 7 SGBV IV und Schilderung des Schutzwecks), andererseits dann die Konsequenzen der "trockenen Theorie" im realen (Gerichts)Alltag. Nicht nur ab und zu wundern sich Kläger z.B. darüber, dass es keines Entgelts bedarf, um unter den Schutz der Unfallversicherung zu fallen.
Deutlich wird das ferner an dem Abschnitt über die Unfallkausalität, § 8 SGB VII. Der Unterschied zur zivilrechtlichen Kausalitätslehre ist immens und sorgt in der Realität (sprich: Im Gerichtsalltag) immer wieder für Kopfschütteln. Die Autoren dieses Abschnitts geben sich hier allergrößte Mühe, arbeiten die didaktischen Feinheiten (Theorie) und Prüfungsschritte (Praxis) genauestens heraus. Da kann ja gar nichts schiefgehen, mag man denken. Das versteht wirklich jeder. Jedoch ist die Realität eine andere.
Das SGB VII ist, verglichen mit anderen Sozialgesetzen, relativ "beständig". Daher liegt hier erst die zweite Auflage vor; die erste stammt von 2010. Kommentare zu anderen Materien – man denke nur an SGB II - Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende – haben es in dieser Zeit schon auf drei – vier Auflagen gebracht. Aber Beständigkeit sollte hier bitte nicht verwechselt werden mit Behäbigkeit. Das SGB VII ist eine "Erfolgsgeschichte" (neudeutsch: "Never change a winning team"). Was schon unter den Preußen funktionierte, hat auch heute seine Wirksamkeit nicht verloren. Da können noch so viele Datenschutzgrundverordnungen oder Pflegestärkungsgesetze ins Land gehen, das SGB VII inkorporiert sie alle.