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Rezension: Matrixorganisationen

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Maschmann / Fritz (Hrsg.), Matrixorganisationen – Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Datenschutz, C.H. Beck 2019

Von Dipl. iur. Andreas Seidel, Göttingen


Manchmal erkennt man erst, dass etwas gefehlt hat, bis jemand diese Lücke füllt. Genauso ergeht es mir bei dem vorliegenden Werk, das der Arbeitsrechtler Prof. Dr. FrankMaschmannund RA Dr. Hans-Joachim Fritz (FA für Handels- und Gesellschaftsrecht) herausgegeben haben: Natürlich befassen sich bereits zahllose andere Darstellungen mit gesellschaftsrechtlichen, arbeitsrechtlichen oder datenschutzrechtlichen Fragestellungen im Rahmen der Matrixorganisation. Eine gebündelte Darstellung, die diese Rechtsgebiete mit einander vereint, Brücken schlägt und ganzheitlich diese Organisationsform erläutert und zudem noch höchst praxisrelevant ist, fehlte jedoch bis jetzt.

Gemeinsam mit sechs weiteren Autoren aus Wissenschaft und Praxis haben die beiden Herausgeber sich dieser Agenda gewidmet. Hierbei folgt der die Darstellung einem äußerst logischen und stringenten Aufbau: Nachdem im ersten Kapitel vom Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Steger aus Regensburg kurz die organisationswissenschaftlichen Grundlagen erarbeitet wurden (Kap. 1, S. 1 - 17) – gleichsam um ein Fundament der weiteren Erläuterungen zu schaffen und die Matrixorganisation von anderen Organisationsformen abzugrenzen –, werden von Fritz zunächst die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen und Grenzen der Matrixorganisation dargestellt (Kap. 2, S. 19 - 112). Hierbei unterscheidet dieser richtigerweise zwischen der AG und der GmbH als Matrixorganisation (für die AG: Kap. 2, Rn. 30 ff.; für die GmbH: Kap. 2, Rn. 101 ff.) und widmet sich intensiv dem in diesem Zusammenhang wichtigen Fragekreis der Ausübung des Weisungsrechts durch Dritte (Kap. 2, Rn. 134 ff).

Einen Schwerpunkt des Maschmann/Fritz nimmt sodann das dritte Kapitel zum Arbeitsrecht ein (S. 113 - 388): Hier bespricht der Arbeitsrechtler Maschmann im Allgemeinen das Arbeitsverhältnis in der Matrixorganisation (Kap. 3, Rn. 3 ff.), die Arbeitsleistung unter Anweisung des Matrixmanagers (Kap. 3, Rn. 128 ff.), die Rechte des Arbeitnehmers im matrixbezogenen Arbeitsverhältnis (Kap. 3, Rn. 209 ff.) und die Kündigung (Kap. 3, Rn. 245 ff.). Im Anschluss gehen RA’in Dr. Veronika Berger und RA Sven Spieler (FA für Arbeitsrecht) auf das Betriebsverfassungsrecht (im nationalen) Matrixkonzern ein (Kap. 3, Rn. 359 ff.), bevor von Prof. Dr. Christian Reiter das Betriebsverfassungsrecht in internationalen Matrixorganisationen erläutert wird (Kap. 3, Rn. 662 ff.). Dieser untersucht im Anschluss gemeinsam mit Spieler auch die Unternehmensmitbestimmung in der Matrix (Kap 3, Rn. 717 ff.), ehe er erneut die internationale Matrixorganisation ausleuchtet, diesmal jedoch unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten (abseits des schon zuvor behandelten Betriebsverfassungsrechts; Kap. 3, Rn. 770 ff.).

Bewusst gelöst von den gesellschaftsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Fragestellungen wurde das Haftungsrecht gesondert von RA Dr. Thomas Winter und RA’in Dr. Constance Karwatzki besprochen. Dies bietet sich an, da im Haftungsrecht im besonderen Maße gesellschaftsrechtliche Fragestellungen wie jener nach einer Geschäftsführerhaftung mit arbeitsrechtlichen Fragen wie jener nach einer Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung miteinander verwoben sind. So werden hier die Haftungsfragen getrennt nach den verschiedenen Personengruppen ganzheitlich erläutert, sodass sowohl allgemein haftungsrechtliche (vertraglich und deliktisch) als auch arbeitsrechtliche und – soweit sinnvoll – auch gesellschaftsrechtliche Fragen betrachtet werden. In diesem Sinne wird hier sowohl die Haftung der Geschäftsleitung der Muttergesellschaft (für die AG als Matrixgesellschaft: Kap. 4, Rn. 8 ff.; für die GmbH als Matrixgesellschaft: Kap. 4, Rn. 33 ff.; für eine ausländische Muttergesellschaft: Kap. 4, Rn. 66 ff.), die Haftung der Matrixmanager (Kap. 4, Rn. 70 ff.), die Haftung der Geschäftsleitung der Matrixgesellschaft (Kap. 4, Rn. 92 ff.) sowie die Haftung von nachgeordneten Arbeitnehmern (Kap. 4, Rn. 189 ff.) beleuchtet.

Abschließend wird in einem fünften Kapitel der Schutz von Beschäftigtendaten besprochen (S. 439 ff.). Auch wenn Maschmann kein ausgewiesener Datenschutzrechtler ist, so hat er dennoch bisher in verschiedenen Aufsätzen bewiesen, dass er zumindest das Metier des Schutzes von Beschäftigtendaten sicher beherrscht. So wundert es auch nicht, dass er zunächst einleitend den Datentransfer innerhalb der Matrixorganisation (Kap. 5, Rn. 1 ff.) und die in diesem Zusammenhang die relevanten datenschutzrechtlichen Grundlagen der DS-GVO und des neuen BDSG (Kap. 5, Rn. 4 ff.) beschreibt, um davon ausgehend dezidiert und mit großen Engagement sowohl die Zulässigkeit des typischen Datentransfers innerhalb der Matrix (Kap. 5, Rn. 66 ff.) als auch die Mitbestimmung beim Datentransfer (Kap. 5, Rn. 122 ff.) zu erläutern.

Insgesamt fällt eine starke Orientierung am Arbeitsrecht auf. Dies könnte als Manko dieser Darstellung ausgelegt werden, ist jedoch aufgrund des großen Anteils arbeitsrechtlicher Herausforderungen innerhalb von Matrixorganisationen verständlich. So kann die Organisationswissenschaft und das Gesellschaftsrecht nur einen Rahmen anbieten, innerhalb dessen die Matrixorganisation geschaffen wird. Abgesehen hiervon bestehen vor allem arbeitsrechtliche und haftungsrechtliche Fragen, wobei auch die Bedeutung des Datenschutzrechts insbesondere in letzter Zeit immer mehr zugenommen hat. Insofern verwundert diese Schwerpunktsetzung keineswegs, sondern fügt sich nahtlos in das äußerst durchdachte Gesamtkonzept dieses Werkes ein.


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