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Rezension: Homeoffice in der arbeitsrechtlichen Praxis

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Müller, Homeoffice in der arbeitsrechtlichen Praxis, 1. Auflage, Nomos 2019

von Dr. Carina Wollenweber-Starke, LL.M., Bad Berleburg


In unserer digitalisierten Arbeitswelt ist das Homeoffice nicht mehr hinwegzudenken. Stets wird mehr und mehr Flexibilität benötigt. Daher ist es auch unumgänglich, sich mit den rechtlichen Aspekten dieser Erscheinung auseinanderzusetzen. Das vorliegende Werk des Autors Dr. Stefan Müller „Homeoffice in der arbeitsrechtlichen Praxis – Rechtshandbuch für die Arbeit 4.0“ erscheint erstmalig im Nomos-Verlag und umfasst insgesamt 260 Seiten inkl. Stichwortverzeichnis. Das Handbuch zielt darauf ab, dem Leser insbesondere die möglichen Erscheinungsformen sowie die Vor- und Nachteile vom Homeoffice näherzubringen.

Das Werk beinhaltet insgesamt 7 Kapitel (§) und orientiert sich stark an der chronologischen Durchführung des Homeoffice.

Dabei führt § 1 allgemein in die Thematik ein. Der Schwerpunkt liegt auf der rechtlichen Einordnung. Der Autor erläutert u.a., wann ein Arbeitsverhältnis vorliegt und wann nicht (S. 26 ff.) und welches Recht anwendbar ist (S. 31 ff.). Darüber hinaus existiert eine Zusammenfassung mit Rückverweisen auf das Kapitel, falls der Leser ausführlichere Informationen wünscht. Die Einführung des Homeoffice ist Gegenstand von § 2. Es wird dargestellt, aus welchen Anspruchsgrundlagen sich das Homeoffice herleiten kann. § 3 befasst sich mit der Durchführung des Homeoffice. Von der Seitenanzahl her stellt dies den größten Anteil des Werkes dar. Behandelt werden Bereiche wie die Einrichtung des häuslichen Arbeitsplatzes, Arbeitszeit, Kontroll- und Zutrittsrechte und Arbeits- und Gesundheitsschutz. U.a. werden die Anforderungen an die häusliche Arbeitsstätte sowie die Rechtsfolgen einer Zutrittsverweigerung erläutert. In § 4 geht es um die vielzähligen Möglichkeiten der Beendigung des Homeoffice. Dies kann z.B. durch eine (Änderungs-)Kündigung oder einen Änderungsvertrag erfolgen. § 5 widmet sich der Betriebsverfassung. Den Schwerpunkt bilden die Beteiligungsrechte des Betriebsrates, welche den einzelnen Phasen Planung, Einführung und Durchführung sowie Beendigung zugeordnet werden. § 6 thematisiert die Auswirkungen, die das Homeoffice auf den Kündigungsschutz hat. Der Autor erläutert in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen Betrieb und Unternehmen. In § 7 behandelt der Autor Streitigkeiten auf 2 Seiten. Der Leser erhält so z.B. Informationen zum Gerichtsstand und zum einstweiligen Rechtsschutz.

Darüber hinaus existiert ein Anhang, welcher knapp 30 Seiten umfasst. Darin zu finden sind sowohl Checklisten (z.B. Checkliste zur Organisation der Homeoffice-Tätigkeit im Unternehmen/Betrieb, Checkliste zur Selbsteinschätzung des Arbeitnehmers zu seiner Arbeit und seinem Arbeitsverhalten) als auch diverse Muster-Klauseln mit z.T. mehreren Varianten (z.B. S. 215 ff. für einen Arbeitsvertrag bzw. Änderungsvertrag). Auch diverse Muster-Anschreiben (z.B. zur Änderungskündigung) und die „Rahmenvereinbarung über Telearbeit“, Empfehlungen zur Ausgestaltung der Telearbeit vom 16.07.2002, sind vorhanden. Die Checklisten, Muster etc. liegen – soweit ersichtlich – nicht als digitaler und editierbarer Download zur Verfügung, sodass bei deren Nutzung mehr Aufwand für den Leser entsteht.

Insgesamt ist das Werk sehr praxisrelevant und interessant. Es beginnt bereits im Vorwort mit verschiedenen Statistiken (S. 5), sodass der Leser die spannende Entwicklung des Homeoffice sehen kann.

Bei der Thematik handelt es sich um eine Querschnittsmaterie mit Berührungspunkten zu sehr vielen Rechtsbereichen und Gesetzen (z.B. SGB IX, BGB, HAG, KSchG, GewO, ArbZG). Demnach ist das Werk z.B. auch geeignet für den Betriebsrat und den Datenschutzbeauftragten. Der Datenschutz wird im Werk oft aufgegriffen, so z.B. in den Checklisten (S. 214 f.) und in der Muster-Vereinbarung (S. 222 f.) oder in den Abschnitten „Nutzung privater Arbeitsmittel“ (Bring Your Own Device = BYOD; S. 72 ff.) und „Daten- und Geheimnisschutz/IT-Sicherheit“ (S. 76 ff.). Es ist selbstverständlich, dass die neue Gesetzeslage nach DS-GVO und BDSG n.F. berücksichtigt wird.

Längere Beispiele werden als solche klar gekennzeichnet. Darüber hinaus fallen sie durch eine kleinere Schrift und weniger Zeilenabstand auf. Außerdem werden auch kleinere Beispiele verwendet, damit der Leser sich ein besseres Bild machen kann, was unter die abstrakten Begriffe fällt (z.B. „Zugangskontrolle“ auf S. 77 f.: abschließbare Schränke, Sicherheitsschloss in der Wohnungstür). Zusätzlich dienen Klauseln aus realen Tarifverträgen als Beispiel (S. 48: Telekom, WDR, DB), sodass wiederum ein starker Praxisbezug erreicht wird.

Zusätzliche Hinweise speziell für den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer, den Betriebsrat und mitunter die Schwerbehindertenvertretung ziehen sich durch das gesamte Werk und sind auch als solche gekennzeichnet.  Dies ist u.a. sehr gut für die Übersichtlichkeit. Des Weiteren kann der Leser gezielter suchen.

In den Kapiteln befinden sich Verweise auf Musterformulierungen im Anhang (z.B. S. 112 zum Zutrittsrecht; S. 117 zur Haftung). Darüber hinaus sind mitunter auch konkrete Formulierungen im Textteil vorhanden (z.B. S. 37: Antrag zur Feststellung des Arbeitnehmerstatus). Diese werden durch einen eingerückten Pfeil und eine andere Schriftart kenntlich gemacht.

Informationen werden auch mehrmalig detailliert aufgegriffen, falls diese zu mehreren Stellen passen (z.B. S. 90 zu „ungünstigen Arbeitslagen“). Zusätzlich wird auf die anderen Fundstellen verwiesen.

Neben dem Abkürzungsverzeichnis existiert auch ein Inhaltsverzeichnis. Mithilfe des Stichwortverzeichnisses am Ende des Werkes findet sich der Leser gut zurecht. Aufgrund der 686 Randnummern kann – auch innerhalb dieses Werkes (z.B. S. 31) – präzise verwiesen werden. Die insgesamt 926 Fußnoten zeigen dem Leser u.a. die Quelle der Informationen, sodass dieser bei Bedarf auch selbständig recherchieren kann.

In der Kopfzeile sind Nummer des Kapitels, Name des Kapitels und der jeweilige Unterpunkt aufgeführt. Somit wird sich der Leser immer gut zurechtfinden. Insgesamt existiert eine sehr übersichtliche Gliederung (z.B. S. 24 f.: Einteilung in Vor- und Nachteile aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebersicht in Stichpunkten) mit treffenden Zwischenüberschriften. Besonders wichtige Wörter werden durch Fettdruck hervorgehoben. Die einzelnen Seiten sind relativ dick, sodass diese hervorragend zum Markieren geeignet sind.

Fazit: Das Werk ist mit seiner Thematik sehr aktuell und praxisrelevant. Insgesamt kann es jedem empfohlen werden, der sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen zum Homeoffice auseinandersetzen will oder muss. Neben Arbeitgeber und Arbeitnehmer können dies z.B. auch der Betriebsrat oder der Datenschutzbeauftragte sein. Die vielen Beispiele helfen beim Verständnis. Besonders gelungen sind auch die diversen Checklisten, Muster-Vereinbarungen und -schreiben, die dem Leser viel Zeit ersparen können. Es wäre wünschenswert, wenn diese auch als Download vorliegen würden.


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