Klemke / Elbs, Einführung in die Praxis der Strafverteidigung, 3. Auflage, C.F. Müller 2013
Von Richter am AG Carsten Krumm, Lüdinghausen
Dieses mittlerweile in 3. Auflage erschienene über 400 Seiten starke Buch der beiden Fachanwälte für Strafrecht Olaf Klemkeund Hansjörg Elbs ist – dies lässt sich bereits vorab sagen – ein Highlight der Literatur für Strafverteidiger. Es richtet sich vorwiegend an Anfänger im Bereich der Strafverteidigung. Ebenso ist es gedacht für sogenannte Gelegenheitsverteidiger, die also eigentlich in anderen Gebieten ihren Schwerpunkt haben. Meines Erachtens ist das Buch nicht nur für diese beiden Berufsgruppen geeignet, sondern auch für bereits erfahrenere Verteidiger. Im Gegensatz zu manch anderen Standardwerken der Strafverteidigung ist das Buch nämlich streng logisch aufgebaut, also nicht nach Schwerpunktgebieten oder gar nach „ABC“-Schema. Man findet hier genau das, was man für Strafverteidiger erwartet, nämlich die Darstellung von prozessualem Wissen und speziellem Verteidigerwissen einerseits und von Handlungsanweisungen, Tipps und praxistauglichen Mustern andererseits. Insoweit kommt das Buch absolut modern daher, da Muster an den inhaltlich passenden Stellen in den Text eingefügt wurden und nicht etwa in einem separaten Musterteil am Ende des Buches „versteckt“ sind. Zur Arbeitserleichterung für den Leser finden sich insoweit dann auch die erforderlichen Verzeichnisse, wozu auch ein Verzeichnis aller 120 (!) Muster gehört.
Thematisch beginnt das Buch mit einem Teil, der sich mit dem Mandat des Strafverteidigers befasst, der also zunächst die Wahlverteidigung und die Pflichtverteidigung erörtert, insbesondere die Voraussetzungen derselben. Es finden sich hier auch Ausführungen zur Vollmacht, zur praktischen Büroorganisation und auch zur Haftung des Verteidigers – an dieser recht bunten Themenwahl sieht man, dass hier umsichtige Praktiker für Praktiker schreiben. Genauso wichtig sind die dann folgenden Darstellungen zu zulässigem und unzulässigem Verteidigerverhalten. Hier kann nicht nur ein Anfänger vieles lernen, vor allem auch, Risiken zu erkennen und zu vermeiden, die etwa bei Kontakten zu Zeugen und Strafantragsberechtigten drohen. Sodann folgt natürlich auch ein Vergütungsteil, der die wichtigsten Vergütungsfragen (freilich nicht alle) darstellt. Allein hier sind acht Muster eingefügt, so dass in Zusammenhang mit einem RVG-Kommentar jedes strafrechtliche Mandat auch vernünftig abgerechnet werden kann.
Im 2. Buchteil widmen sich die Autoren der Verteidigung im Ermittlungsverfahren. Hier werden Fragen des Kontakts zu Mandanten, gerade auch zu dem Mandanten, der sich in Haft befindet dargestellt. Ferner befassen sich Klemke und Elbs mit der Informationsbeschaffung, wozu nicht nur die Akteneinsicht, sondern auch eigene Recherchen zählen. Weitere Erörterungen finden sich auch zum (in reinen StPO-Büchern vernachlässigten) Verteidigungsziel, das oftmals bekanntlich alles weitere anwaltliche Tätigwerden bestimmt. Hieran schließen sich dann ein 12 Seiten zur Äußerung des Mandanten zur Sache an, wobei richtigerweise diese Darstellung unter der grundsätzlichen Forderung „ Schweigen!“ steht. Weiterhin gehört natürlich zur Verteidigung im Ermittlungsverfahren die Abwehr strafprozessualer Zwangsmaßnahmen und in die Problematik der Verteidigung inhaftierter Beschuldigter, die auch ausführlich dargestellt wird.
Der Praxis entsprechend sind die Erörterungen zum Zwischenverfahren nur kurz. Die Autoren beklagen hier richtigerweise den oftmals nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Umgang der Gerichte mit diesem Verfahrensstadium.
Herzstück des Buches sind dann die etwa 160 Seiten starken Erläuterungen zur Verteidigung in der Hauptverhandlung. Hier wird das übliche strafprozessuale Repertoire eines guten Verteidigers dargestellt, so auch etwa die Besetzungsrüge, die Stellung von Befangenheits-, Aussetzungs- und Beweisanträgen. Selbst für einen Antrag auf Nichtverlesung des Anklagesatzes findet sich ein Muster. Strafprozessual stehen natürlich Beweisfragen, also die Beweisaufnahme an sich und die Gründe, die zu einer Ablehnung eines Beweisantrages führen können im Mittelpunkt der Erörterungen. Diesen Darstellungen schließen sich praxisnahe und kompakte Abhandlungen zum Strafbefehlsverfahren und zum beschleunigten Verfahren an.
In einem letzten Abschnitt wird dann die Verteidigung im Rechtsmittelverfahren dargestellt. Nach allgemeinen Grundsätzen, die für alle Rechtsmittel gelten, werden auch die Rechtsmittel der Beschwerde, die Berufung der Revision dargestellt. Insbesondere die Erörterungen zur Revision sollte jeder Verteidiger, auch ein solcher, der lediglich selten verteidigt, gewissenhaft durcharbeiten, um nicht bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Revision zu scheitern. Ein solches Scheitern würde nämlich kaum ein Mandant seinem Verteidiger verzeihen. Hierzu gibt es freilich wiederum Schriftmuster, so etwa zur Revisionsbegründung mit Sachrüge und Revisionsbegründung mit Verfahrensrüge.
Alles in allem handelt es sich bei dem Klemke/Elbsum ein rundherum gutes und wohl abgewogenes Buch mit praxistauglichen modernen Darstellungen, das nicht nur den Titel „Einführung“ verdient, sondern auch ohne weiteres bei geringfügig dickerem Umfange und mit festen Einband gut als „Handbuch für die Praxis der Strafverteidigung“ durchgehen könnte. Bei einem Preis von 39,99 € kann man den Kauf wärmstens empfehlen.