Graf (Hrsg.), Strafprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, Kommentar, 3. Auflage, C.H. Beck 2018
Im Verlag C.H. Beck erscheint in 3. Auflage die Printversion des von Jürgen Peter Graf herausgegebenen Online-Kommentars zur Strafprozessordnung. Das eigentlich internetbasierte und über die strafrechtliche Onlinebibliothek des Verlages C.H. Beck erhältliche Werk gehört mit einem Umfang von 3334 Seiten zu den mittleren Kommentaren. Nachdem die Kommentierung jedem strafrechtlichen Praktiker und Wissenschaftler geläufig sein dürfte, sei diese nur in aller Kürze erläutert. Die Bearbeitung beginnt stets mit einem Überblick, der (gerade computergestützt sinnreich) Verweise auf die entsprechenden Stellen der Kommentierung enthält. Auf in der Regel nicht mehr als 3-4 Gliederungsebenen finden sich sodann klar strukturiert und eingängig ebenso praxisorientierte wie wissenschaftlich fundierte Erläuterungen, die wiederum in Haupt- und Detailebenen unterschieden werden. Online müssen die Detailebenen per Mausklick geöffnet werden, was einen noch schnelleren Überblick gewährleistet. Im Schriftbild finden sich wichtigste Begriffe durch Fettdruck hervorgehoben. Wenngleich der Kommentar ohne Fußnoten arbeitet, stören die Zitate mitnichten den Lesefluss, da die jeweils in Klammern aufgeführten Nachweise lediglich wenige besonders wichtige und aussagekräftige Belege enthalten.
Vorliegend soll – ob der Bekanntheit der Kommentierung – in erster Linie die Printausgabe bewertet werden. Es fällt zunächst auf, dass die Kommentierung im Gegensatz zu gängigen Handkommentaren und den übrigen mittleren Kommentaren keine Einleitung enthält. Darin liegt nach meinem Dafürhalten indes kein Nachteil. So muss ich gestehen, dass ich weder beim Erwerb noch zu einem späteren Zeitpunkt eine solche in anderen Werken zur Gänze durchgelesen hätte. Vielmehr – so wird es dem Großteil der Praktiker gehen – schlägt man den Bereich der Einleitung nur dann auf, wenn aus einer konkreten Kommentierung auf diese verwiesen wird.
Freilich stellt sich die Frage, inwieweit das Konzept eines Online-Kommentars, der eben eine Suchfunktion enthält, in Papiergestalt strukturell überzeugen kann. Hier ist zu konstatieren, dass entgegen wohl mancher Erwartung dank der äußerst klaren und geordneten Struktur auch in der Form eines „echten Buches“ mangelnde Orientierung an keiner Stelle auszumachen ist. Mit die längsten Erläuterungen ohne Zwischenüberschriften stellen etwa die Kommentierung des Ausschlusses der Öffentlichkeit (ieS) nach § 338 Nr. 6 StPO von Wiedner (§ 338 Rn. 148-161 oder die Ablehnung eines Beweisantrags wegen völliger Ungeeignetheit in der Kommentierung zu § 244 durch Bachler (Rn. 67-71) dar. Hier sorgen alleine die Unterscheidung von Haupt- und Detailebenen sowie die Hervorhebung von Schlagworten und das Vorhandensein ausreichender Absätze für beste Übersicht. Daneben findet sich ein äußerst umfangreiches Sachverzeichnis.
Inhaltich ist die Kommentierung den Bedürfnissen der strafrechtlichen Praxis angepasst. Schnell finden sich zu nahezu jeder Frage sehr umfassende, praxisrelevante und recht nüchterne bzw. schnörkellose Ausführungen. Wer in epischer Breite historische Hintergründe des der Entstehungsgeschichte und des Gesetzgebungsverfahrens recherchieren möchte, wird sich ohnehin einen Großkommentar zur Hand nehmen.
Soweit überhaupt Kritik geübt werden kann, erschöpft sich diese in Marginalien. So fehlt dem im Jahr 2015 zum Honorarprofessor ernannten Herausgeber eben dieser Titel im Bearbeiterverzeichnis. Auch wird Johannes Berg, auf den etwa die hervorragende Kommentierung der §§ 247, 247a zurückgeht, noch als Richter am Oberlandesgericht betitelt, während er bereits im Jahr 2016 zum Bundesrichter gewählt wurde.
Es mag sich die jüngere Generation strafrechtlicher Praktiker nach dem Sinn einer immerhin 229,00 Euro teuren Printversion eines (ständig verwendeten) Onlinekommentars fragen. Indes ist mir auch aus der Verwendung verschiedener Großkommentare sowohl in Papierform als auch über Onlinemodule bekannt, dass die Orientierung innerhalb eines Kommentars, sofern nicht anhand von Schlagworten gesucht werden kann, in der Printversion deutlich leichter fällt. Um daher zum Fazit zu gelangen: der Zugriff auf die Kommentierung des Werks von Grafüber Beck-Online darf keinem strafrechtlichen Praktiker oder Wissenschaftler fehlen. Der zusätzliche Erwerb der Printversion sei darüber hinaus jedoch wärmstens empfohlen.