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Rezension: StPO

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Satzger / Schluckebier / Widmaier (Hrsg.), StPO Kommentar, 3. Auflage, Carl Heymanns 2018

Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Johannes Berg, Kaiserslautern

Strafprozessordnung: StPO | Satzger / Schluckebier / Widmaier (Hrsg.) | 3. Auflage, 2017 | Buch (Cover)

Nur zwei Jahre nach Erscheinen der Vorauflage und dem Erscheinen des Schwesterwerks zum StGB erscheint im Carl Heymanns Verlag der von Satzger, Schluckebier und Widmaier herausgegebene „mittlere“ Kommentar zur Strafprozessordnung mit GVG und EMRK. Die rasche Neuauflage, in der das Werk um 257 Druckseiten zugelegt hat, war infolge erheblicher Änderungen des Strafprozessrechts und des Gerichtsverfassungsrechts notwendig.

Das Werk erfasst mit dem Gesetzesstand vom 15.9.2017 insbesondere das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872), das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017 (BGBl. I S. 2208), das Gesetz zu effektiveren und praxistaugliche Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.8.2017 (BGBl I S. 3202) sowie das 2. Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts vom 27.8.2017 (BGBl. I S. 3295). Darüber hinaus wurde das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen (BGBl. I S. 2618) ebenso eingepflegt wie das Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit im Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderung (Gesetz über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren – EMöGG; BGBl. I S. 3546).

Es soll an dieser Stelle weder das Fazit vorweggenommen noch Kritik übergangen werden. Indes ist bereits auf den ersten Blick zu konstatieren, dass die neue Bearbeitung abermals dem Ziel der „SSW-Familie“ voll gerecht wird, eine kompakte, übersichtliche und leicht lesbare Erläuterung der gesetzlichen Regelungen des deutschen Straf- und Strafprozessrechts (und seiner europäischen Bezüge) zu sein, die einerseits an den Bedürfnissen der Praxis orientiert ist, indem vor allem die höchstrichterliche Rechtsprechung umfassend dargestellt und kommentiert wird. Auf der anderen Seite kommen aus der Rechtswirklichkeit stammende wichtige Impulse auf wissenschaftlicher Ebene nicht zu kurz und auch kriminalpolitischen Fragestellungen wird ausreichender Raum eingeräumt. Nicht üblich und daher ebenfalls erwähnenswert ist es, dass alle Autoren der zweiten Auflage ihre erfolgreiche Arbeit fortgesetzt und die Neuauflage damit weiter gestärkt haben. Nach wie vor ist die Kommentierungsdichte unter praktischen Gesichtspunkten sehr klug gewichtet. So nimmt etwa die Kommentierung zur Prüfung der sachlichen Zuständigkeit in § 6 StPO weniger als 2 Seiten ein, wobei auch die Kommentierung des praktisch bedeutungslosen § 338 Nr. 4 StPO in wenigen Zeilen abgehandelt wird. Demgegenüber beschäftigt sich der Kommentar beispielhaft in 25 ausführlichen Absätzen auf mehr als 4 Seiten mit der in praktisch jeder strafrechtlichen Revision zu prüfenden Frage der korrekten Darstellung der Rechtsfolgenentscheidung in den schriftlichen Urteilsgründen sehr tiefgehend (§ 267 StPO Rn. 24-46).

Obgleich das Werk keine Fußnoten nutzt, sind die Kommentierungen dank Hervorhebung wichtigster Begriffe durch Fettdruck gut zu lesen, da sich die Zitate stets auf wenige ausgewählte und sehr ergiebige Quellen beziehen.

Um die Stärke der Kommentierung zu verdeutlichen, sei auf die Erläuterungen von Beulke zum Akteneinsichtsrecht und Besichtigungsrecht des unverteidigten Beschuldigten in § 147 Abs. 4 StPO n.F. verwiesen (Rn. 47,48). In besonderem Maße hervorzuheben ist, dass Beulkein seiner Kommentierung an keiner Stelle auf andere Werke zurückgreifen konnte; erschien der „SSW“ doch als erster aktueller Kommentar zu den Neuerungen des Gesetzes über die Einführung der elektronischen Akte. Allein aufgrund der Materialien war Beulke jedoch in der Lage, nicht nur die novellierten Rechte des Beschuldigten, sondern auch deren Einschränkung sowie die Folgen für notwendige Verteidigung wegen Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage aufgrund notwendiger Einsichtnahme in die Ermittlungsakten umfassend zu erläutern.

Soweit überhaupt Kritik geübt werden kann, sei darauf verwiesen, dass die Kommentierungen von Brunner zu den Vorbemerkungen §§ 312 ff. bis § 332 StPO bereits identisch im KMR vorhanden waren. Qualitativ sind diese jedoch mitnichten zu beanstanden.

Um zu einem Fazit zu gelangen: der SSW-StPO zählt mit Recht zu den Standardkommentaren zur Strafprozessordnung. Praxisbezogen, verständlich, wissenschaftlich und kritisch. Unbedingt empfehlenswert!


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