Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 8. Auflage, C.H. Beck 2018
Von Wirtschaftsjurist Christian Paul Starke, LL.M., Bad Berleburg
Mit diesmal vier Jahren Abstand zur letzten Aktualisierung ist Anfang 2018 die nunmehr bereits 8. Auflage des zugleich kompakten, inhaltlich aber sehr tiefgehenden und deshalb zu Recht beliebten, von Prof. Michael Sachs herausgegebenen Kommentars zum Grundgesetz erschienen. Die Liste der Bearbeiter wartet auch diesmal wieder mit vielen, dem wissenschaftlich interessierten Leser wohlbekannten Namen auf, darunter so prominente Vertreter wie der Bundesverfassungsrichter Peter Michael Huber und die Generalanwältin am EuGH Juliane Kokott, um hier nur zwei der wohl namhaftesten zu nennen.
Das Werk befindet sich größtenteils auf dem Rechtsstand vom Anfang 2017, es haben aber zum Teil auch noch spätere Entwicklungen Berücksichtigung gefunden. Der Kommentar umfasst insgesamt rund 2.800 Seiten. Es handelt sich um ein Hardcover, welches zudem noch mit einem Schutzumschlag versehen ist und daher problemlos auch häufiger zwischen der Bibliothek bzw. dem Büro und dem häuslichen Arbeitszimmer hin und her transportiert werden kann. Das Papier ist leider das übliche „Kommentar-Papier“ und nicht annähernd so robust, so dass bei allzu sorglosem Umgang schnell Seiten reißen oder zerknicken. Zudem scheinen Anstreichungen und Markierungen stark durch und sind dementsprechend wenig empfehlenswert.
Das Werk beinhaltet ein sehr ausführliches, 60 Seiten umfassendes Stichwortverzeichnis, welches dem Nutzer die Suche nach einzelnen Themen erheblich erleichtert. So haben insbesondere die neusten Entwicklungen des Verfassungsrechts im Bereich des Atomausstiegs, der sog. „Ehe für alle“ oder auch das „OMT-Programm“ der EZB Eingang in das Verzeichnis gefunden. Begriffe wie das „Tarifeinheitsgesetz“ oder die „Vorratsdatenspeicherung“ sucht man indes leider vergebens. Die Orientierungsfunktion des Stichwortverzeichnisses wird ergänzt durch im laufenden Text enthaltene Hervorhebung wesentlicher Begrifflichkeiten in Fettdruck. Die Auswahl der Begriffe ist zumeist gut gewählt und erleichtert das Auffinden der relevanten Abschnitte, zumal die Verwendung des Fettdrucks sparsam erfolgt und damit ihrer Highlighter-Funktion gerecht wird.
Zu Beginn des Werkes findet sich eine ausführliche Übersicht über die relevante Literatur zum gesamten Verfassungsrecht. Diese umfasst sowohl die gängigen Kommentare zum Grundgesetz als auch historische Darstellung des Rechts der Weimarer Reichsverfassung. Darüber hinaus beinhaltet sie die verfügbaren Handbücher zum Staats- und Verfassungsrecht, ebenso die entsprechenden Lehrbücher, aber auch speziellere Literatur zum Verfassungsprozessrecht sowie Werke zur EMRK und der EuGRCh. Hiermit stellt sie für jede Zielgruppe eine wertvolle Hilfe bei der Suche nach Literatur zur weiteren Recherche dar. Zudem ist jeder Einzelkommentierung noch eine kurze Übersicht der einschlägigen Leitentscheidungen des BVerfG sowie spezifischer verfassungsrechtlicher Werke vorangestellt, die beim Auffinden vertiefender Literatur von großem Wert ist.
Der Kommentierung der einzelnen Normen des Grundgesetzes ist eine kurze Einleitung vorangestellt, in der insbesondere die Grundzüge des Verfassungsrechts sowie die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Grundgesetzes nachgezeichnet werden. Nach der Präambel folgt zudem eine ausführliche Einführung in die allgemeinen Grundrechtslehren, in der u.a. die historischen Grundlagen der Grundrechte sowie ihre Auslegung und Anwendung vertiefend dargestellt werden. Hierbei werden insbesondere auch die Grundrechtstheorien kurz erläutert, die in letzter Zeit vermehrt in Vergessenheit geraten zu sein scheinen.
Die Kommentierung der jeweiligen Normen selbst beginnt mit dem Abdruck des Normtextes. Hieran schließt sich eine Auflistung der vergleichbaren historischen, landesverfassungsrechtlichen sowie europa- und menschenrechtlichen Gewährleistungen an. Nach der Rechtsprechungs- und Literaturübersicht folgt ein Inhaltsverzeichnis der nachfolgenden Ausführungen, welches dem Nutzer die Orientierung stark erleichtert.
Die Darstellung der Grundrechte folgt – nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik, in der u.a. Entstehungsgeschichte und verfassungsrechtliche Bedeutung der Vorschrift erläutert werden – grob dem gewohnten Prüfungsaufbau aus Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung. Einzelfallprobleme werden regelmäßig in diese Darstellung integriert und nur ausnahmsweise, wie beispielsweise bei Art. 2 Abs. 1 GG, in einem selbstständigen Abschnitt thematisiert. Die Ausführungen überzeugen inhaltlich voll und ganz. Sie berücksichtigen sowohl die einschlägige Rechtsprechung des BVerfG als auch die entsprechende Literatur vollumfänglich. Besonders gut gefällt die Meinungsfreude der Bearbeiter. Anstatt sich auf eine rein reproduzierende Wiedergabe fremder Meinungen zu beschränken, wie dies in vergleichbaren Werken leider häufig der Fall ist, werden verfassungsrechtliche Probleme klar als solche benannt, ausführlich diskutiert und einer eigenständigen Lösung zugeführt. Als sehr positives Beispiel seien an dieser Stelle nur die Ausführungen zur „Ehe für alle“ hervorgehoben, in denen von Coellnnach einer detaillierten Rezeption der relevanten Literatur und Rechtsprechung zu dem gut vertretbaren Befund kommt, die Neuregelung durch den einfachen Gesetzgeber sei verfassungswidrig und es hätte hierzu vielmehr einer Verfassungsänderung bedurft.
Insgesamt kann auch der neusten Auflage dieses noch vergleichsweise jungen Standardwerkes zum Grundgesetz ein sehr positives Zeugnis ausgestellt werden. Zum einen überzeugt es mit seiner umfassenden Wiedergabe von Literatur und Rechtsprechung, zum anderen ergänzt es diese an vielen Stellen um wertvolle eigene Beiträge. Mit einem Preis von 199 € bewegt es sich dabei im mittleren Preissegment und sollte in keiner Universitätsbibliothek, aber auch in den Handbibliotheken verfassungsrechtlich tätiger Kanzleien nicht fehlen. Es stellt schließlich für jeden Verfassungsrechtler eine enorme Bereicherung dar, ist die Arbeit mit dem Sachs doch immer wieder eine wahre Freude!