Bauer / Krieger / Günther, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und Entgelttransparenzgesetz, 5. Auflage, C.H. Beck 2018
Von Ass. iur. Fabian Bünnemann, LL.M., Essen
Das vorliegende, nunmehr von Jobst-Hubertus Bauer, Steffen Krieger und Jens Günther herausgegebene und verfasste, Werk ist wohl das bekannteste unter den Kommentaren zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Waren um das Jahr 2006 herum, als das Gesetz in Kraft trat, einige Kommentarprojekte entstanden, so konnten doch nicht alle die zweite Auflage erreichen (etwa diejenigen von Rust/Falke, Schiek oder Wendeling-Schröder/Stein). Unter den verbliebenen wird man den Bauer/Krieger/Günther als den maßgeblichen einstufen können. Dies liegt wohl zuvörderst daran, dass die Verfasser es auf unter 700 Seiten schaffen, alles Wesentliche zum AGG sowie zum neuen Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) zusammenzustellen. Auch nach eingehender Lektüre der Literatur zum AGG ist der Rezensent immer wieder überrascht, wie viele Probleme der Blick in den Bauer/Krieger/Günther löst und in welch strukturierter Art und Weise der Kommentar dies erledigt.
Dreieinhalb Jahre nach Erscheinen der Vorauflage scheint eine Neuauflage äußerst zweckmäßig. So ist im Bereich des Antidiskriminierungsrechts längst nicht jede Frage geklärt. Vielmehr stellen sich tagtäglich neue Probleme, mit denen sich sowohl die nationalen Gerichte und der EuGH als auch die Literatur auseinandersetzen und die nunmehr zu berücksichtigen waren. Nachdem der anfangs noch beteiligte Mitverfasser Göpfertnach der dritten Auflage aus dem Autorenteam ausgeschieden war, haben sich Bauer und Krieger zur fünften Auflage nun wieder Verstärkung gesucht, die sie in Form von Jens Günther gefunden haben.
Inhaltlich ist das Werk klar gegliedert. Zunächst werden das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (A.) sowie das Entgelttransparenzgesetz (B) behandelt. Beiden Teilen ist der Gesetzestext in Gänze sowie eine Einleitung vorangestellt. Sodann folgt der gewöhnliche, an den einzelnen Paragraphen orientierte Aufbau, jeweils bestehend aus Normtext, ggf. Inhaltsübersicht und Kommentierung. Ein Anhang mit wichtigen europäischen Rechtstexten sowie ein Sachverzeichnis vervollständigen das Werk.
Betreffend das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sei zunächst das Merkmal des Alters herausgegriffen. Zwar ist das AGG nun schon über zehn Jahre in Kraft. Dennoch ist Altersdiskriminierung nach wie vor Teil des Arbeits- und Wirtschaftslebens, sodass sich zugleich die Judikatur stetig weiterentwickelt. Dabei ist die Systematik der Prüfung von Benachteiligung und Rechtfertigung nach wie vor umstritten. So hat auch der EuGH in diesem Gebiet mehr die konkreten, ihm vorgelegten Fallgestaltungen im Blick gehabt als die Aufstellung strukturierter Grundsätze. Dennoch versuchen Bauer/Krieger/Güntherdie Grundsätze der Benachteiligung wegen des Alters – soweit möglich – zu systematisieren und geordnet aufzubereiten. Allerdings – ein Ausfluss der recht verzwickten Normgestaltung des AGG – sind auch die Kommentierungen zur Benachteiligung wegen des Alters nicht gebündelt an einer Stelle anzutreffen. Allein die in den letzten Monaten veröffentlichten höchstrichterlichen Entscheidungen zeigen aber, dass von der Stellenausschreibung „junges und dynamisches Unternehmen“ (BAG 23.11.2017 – 8 AZR 604/16), über versorgungsrechtliche Ausgestaltungen von Spätehe- (BAG 14.11.2017 – 3 AZR 781/16) oder Altersabstandsklauseln (BAG 20.2.2018 – 3 AZR 43/17) bis hin zum Anrechnungsausschluss von Zeiten nach der Vollendung des 60. Lebensjahres im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung (BAG 17.10.2017 – 3 AZR 199/16) noch vieles im Fluss ist.
Herausgegriffen sei zudem die sehr gute Zusammenstellung der Indizien, die nach § 22 AGG eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermuten lassen (§ 22, Rn. 11). Die Rechtsprechung hierzu ist bereits äußerst differenziert und betrifft vor allem die im SGB IX getroffenen besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen. Von der unterlassenen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (§ 164 SGB IX) über die nicht durchgeführte Abfrage bei der Bundesagentur für Arbeit (§ 164 SGB IX) und die Missachtung der besonderen Pflichten öffentlicher Arbeitgeber (§ 165 SGB IX) bis hin zur fehlenden Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung an Vorstellungsgesprächen (§ 178 SGB IX) gelingt den Autoren hier eine Tour d’Horizon quer durch den Dschungel der Judikatur – eine Pflichtrandnummer für jeden Personaler, die sensibilisiert und den Arbeitgeber vor möglicherweise teuren Fehlern bewahrt.
Die erstmalige Bearbeitung des 2017 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetzes ist durchaus lesenswert geraten, obgleich hierzu naturgemäß noch keine Rechtsprechung eingearbeitet werden konnte. Die Verfasser bauen in diesem Teil das Werk nunmehr auch methodisch aus. So finden sich vermehrt Aufzählungen, zudem viele Beispiele. Sogar Musterberechnungen (vgl. § 11, Rn. 68), Schaubilder (vgl. § 2, Rn. 13 oder § 10, Rn. 73) und Musterformulierungen (vgl. § 14, Rn. 35) lockern die Bearbeitung auf, was der Veranschaulichung der „neuen“ Regelungen sehr zuträglich ist. Wie auch im ersten Teil betreffend das AGG äußern sich die Verfasser auch zu vielen Regelungen des EntgTranspG durchaus kritisch. Im Vorwort heißt es gar über das Gesetz als Ganzes: „Handwerklich ein Armutszeugnis erster Güte!“ (S. VI) Bei der Durchsicht der Kommentierung kann man sich diesem Eindruck an einigen Stellen tatsächlich nicht verschließen.
Insgesamt sei die Neuauflage des Bauer/Krieger/Güntherallen empfohlen, die regelmäßig mit Fragen des AGG sowie neuerdings des EntgTranspG befasst sind. Insofern werden Arbeitsrichter, Rechtsanwälte und Verbandsvertreter das Werk sicherlich zu schätzen wissen. Auch Personalabteilungen vermag der Kommentar vielfach weiterhelfen, etwa wenn Einzelfragen bzgl. Stellenausschreibungen oder Stellenbesetzungsverfahren zu klären sind. Im Zusammenspiel mit dem sehr angenehmen Schriftbild, das selbstverständlich Schlagwörter hervorhebt und – wenn zweckmäßig – die nunmehr forcierte Auflockerung durch neue Gestaltungselemente, verschafft dies ein richtiges Lesevergnügen, bei dem der Leser viel Neues erfahren oder sich jedenfalls in Erinnerung rufen kann. Somit bleibt als Fazit, was der Umschlag verspricht: Der Bauer/Krieger/Günther ist ein hervorragender „Wegweiser durch den Dschungel“ von AGG und EntgTranspG. Wer sich mit rechtlichen Fragen rund um das Antidiskriminierungsrecht befasst, kommt an diesem Kommentar nicht vorbei.