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Rezension: Venture Capital Agreements in Germany

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Bank / Möllmann, Venture Capital Agreements in Germany, Englischsprachige VC-Verträge nach deutschem Recht, 1. Auflage, C.H. Beck 2017

Von Notar Dr. Jan Hupka, LL.M. (Chicago), Hamburg

  
Der Begriff Venture Capital bezeichnet Investments, die unter größerem Verlustrisiko zur Finanzierung eines jungen Unternehmens eingesetzt werden. Klassisches Anwendungsfeld für Venture Capital-Finanzierungen ist die Start-Up-Branche, in der junge Unternehmen regelmäßig nur durch die Aufnahme von Investoren in den Gesellschafterkreis wachsen können. Seit Langem gibt es auf diese Art der Finanzierung spezialisierte Wagniskapitalgesellschaften, die sich für ihr Investment Informations-, Kontroll- und Mitspracherechte einräumen lassen. Auch wenn die Branche nicht ganz jung ist, so boomt sie doch in den vergangenen Jahren. Nach Statistiken des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften, dem Branchenverband der Wagniskapitelinvestoren, betrug das Volumen von Venture Capital-Finanzierungen in Deutschland im Jahr 2016 EUR 933,7 Mio.

Mit der zunehmenden Professionalisierung der Investoren und ihrer Berater haben sich Marktstandards solcher Beteiligungen entwickelt. In der Regel erhält ein Venture Capital-finanziertes Unternehmen in seinem Lebenszyklus mehrere Finanzierungen. In der frühen sog. „Seed Phase“ investieren häufig Angehörige oder auf Frühphasenfinanzierungen spezialisierte Business Angels, um dem Unternehmen den Start zu ermöglichen. Anschließend gibt es die sog. „Series A-Finanzierung“, in der häufig schon recht großvolumig investiert wird, um einem Unternehmen zum Durchbruch zu verhelfen. In der Folge gibt es die alphabetisch weiter bezeichneten Finanzierungsrunden (Series B, Series C usw.). Neben einem typischen Ablauf haben sich auch typische Vertragswerke etabliert, die in der einschlägigen Szene verwendet werden.

Der große Verdienst dieser Neuerscheinung ist es, das typische Vertragswerk von Venture Capital-Finanzierungen allgemein zugänglich zu machen und in kommentierter Form wissenschaftlich aufzubereiten. Bislang gab es in diesem Bereich vor allem das Werk von Weitnauer, Handbuch Venture Capital, 5. Aufl. 2016, C.H.Beck, das ebenfalls zu empfehlen ist, allerdings weniger auf Vertragsmuster eingeht.

In dem zu besprechenden Werk werden die wesentlichen Dokumente einer typischen Series A-Finanzierungsrunde einer deutschen GmbH erläutert. Den Gepflogenheiten der Praxis folgend sind die Muster auf Englisch, die Kommentierungen hingegen auf Deutsch.

Ausgangspunkt ist der Beteiligungsvertrag (Investment Agreement), in dem Altgesellschafter und Investoren die grundlegenden Regelungen für den Einstieg des Investors (Beteiligungsquote, Umfang des Investments, Zusicherungen und Garantien sowie regelmäßig Verwässerungsschutzklauseln) aufnehmen. Die Gründungsgesellschafter verpflichten sich zur Durchführung einer Kapitalerhöhung der Gesellschaft. Der Investor verpflichtet sich zur Übernahme der neuen Geschäftsanteile sowie zur Zahlung eines Aufgeldes. Da der Beteiligungsvertrag regelmäßig die Verpflichtung zur Übertragungen von Geschäftsanteilen enthält, ist er insgesamt beurkundungsbedürftig.

In der Gesellschaftervereinbarung (Shareholders‘ Agreement) regeln Gründer und Investor die Details der Rechtsbeziehungen während der Dauer der Beteiligung. Zusammen mit dem regelmäßig neu zu fassenden Gesellschaftsvertrag (Articles of Association) bildet die Gesellschaftervereinbarung den Kernbestand einer Series A-Finanzierungsrunde. Klassische Elemente einer Gesellschaftervereinbarung sind die Investitionsverpflichtungen der Gründer gegenüber dem Investor, etwa die Etablierung eines monatlichen oder vierteljährlichen Berichtswesens zugunsten der Investoren. Weiterhin gibt es Kontrollrechte und Zustimmungsvorbehalte, mit denen die Investoren auch auf das operative Geschäft Einfluss nehmen können. Schließlich sind typischerweise bereits konkrete Ausstiegsverfahrensregelungen enthalten. Üblich sind Andienungspflichten und Vorerwerbsrechte zugunsten der Investoren. Des Weiteren sind auch Mitveräußerungsrechte (Tag Along) und Mitveräußerungspflichten (Drag Along), die von Put Option- und Call Option-Regelungen begleitet werden, üblich.

Schließlich werden die Geschäftsordnung für Geschäftsführung und Beirat (Rules of Procedure for the Management/Rules of Procedure for the Advisory Board) neu gefasst.

Man merkt dem Werk die langjährige Erfahrung der Autoren, die überwiegend Anwälte in der Kanzlei Schnittker Möllmann Partners sind, in der Venture Capital-Branche an. Die Formulare sowie die Kommentierungen sind durchgehend auf hohem Niveau und enthalten neben zivilrechtlichen Hinweisen auch zahlreiche steuerliche Empfehlungen sowie praktische Tipps. Der Ansatz die Marktstandards in wissenschaftlicher Form zu durchdringen und für die Praxis aufzubereiten ist mehr als gelungen. Das Werk schließt eine echte Lücke und dürfte sich schnell zum Standardwerk bei Investoren, Seriengründern und deren Beratern entwickeln.


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