Kremer / Bachmann / Lutter / v. Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex – Kodex-Kommentar, 7. Auflage, C.H. Beck 2018
Von Dipl. iur. Andreas Seidel, Göttingen
Sowohl die Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) vom 7.2.2017 als auch zahlreiche Änderungen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, die auch Einfluss auf den Kodex haben, machten es notwendig, den Kodex-Kommentar von Kremer, Bachmann, Lutterund v. Werder (mitbegründet und bis zur fünften Auflage mitbearbeitet von Ringleb) nach nur ca. eineinhalb Jahren neu aufzulegen, nachdem die sechste Auflage bereits im Januar 2016 erschienen war. Damit sei schon an dieser Stelle bemerkt, wie hoch der Drang der Autoren nach Aktualität und damit letztlich auch nach praktischer Relevanz des Kodex-Kommentars ist.
Wäre vor 15 Jahren, bei Einführung des DCGK, an dieser Stelle nun zumindest eine kurze Erläuterung des Kodex, dessen Rechtsnatur, der Implementierung durch § 161 AktG und der Tätigkeit der Kodexkommission nötig gewesen, kann hierauf nunmehr verzichtet werden. Er hat sich in den vergangenen Jahren zu einem festen Bestandteil des Aktienrechts entwickelt, der mitunter sogar früher als der Gesetzgeber Trends erkennt und diese umsetzt, wie man am Beispiel der Geschlechterquote gut erkennen kann, die der DCGK bereits 2009 (bzw. 2010 bzgl. der Besetzung der Führungsebenen unterhalb des Vorstands) empfohlen hat und der Gesetzgeber erst 2015 nachgzogen und entsprechende Regelungen erlassen hat (vgl. hierzu auch Rn. 878 ff.).
Auch die Kodexänderung von 2017 hat sich nicht nur auf kosmetische Eingriffe beschränkt, sondern neue Akzente gesetzt, wie etwa durch den Hinweis auf das Leitbild eines „ehrbaren Kaufmanns“ (Präambel, Abs. 2; Rn. 112 f.), die Empfehlung zur Einrichtung eines Wistleblower-Systems (Ziff. 4.1.3 S. 3 1. Hs; Rn. 850d ff.), die Empfehlung zur Schaffung eines Kompetenzprofils für den Aufsichtsrat (Ziff. 5.4.1 Abs. 2 S. 1; Rn. 1340a) oder die Anregung eines Dialogs zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden und den Investoren zur Stärkung der Investor Relations (Ziff. 5.2 Abs. 2; Rn. 1269 ff.).
Bei der Arbeit mit dem Kodexkommentar von Kremer, Bachmann, Lutter und v. Werder fällt besonders die Nutzerfreundlichkeit der Kommentierung auf. Dies beginnt dabei, dass der Kommentar fortlaufende Randnummern besitzt und nicht bei jeder Ziffer die Randnummernfolge neu beginnt, sodass auch der Umgang mit dem von Schulz erstellten umfangreichen Stichwortverzeichnis ausgesprochen leichtfällt. Auch fällt auf, dass innerhalb der einzelnen Ziffern immer wieder ein Hinweis darauf erfolgt, ob die Kodexaussage eine Empfehlung (i.S.d. § 161 AktG; comply-or-explain), eine Anregung oder die reine Wiedergabe des Gesetzeswortlauts ist, sodass dem Leser stets die Reichweite der Kodexaussage vor Augen geführt wird. Unterstrichen wird dies zusätzlich durch die Checkliste zum Kodex (Rn. 2009 ff.), in der hinter jeder Kodexaussage ihr Typ (E = Empfehlung, A = Anregung, G = Beschreibung von gesetzlichen Vorgaben, P = präzisierende Erläuterungen) angegeben wird.
Neben der Checkliste befindt sich abseits der Kommentierung des eigentlichen Kodex auch eine systematische Erläuterung zu § 161 AktG, in der auf die Einbindung des Kodex in das System des § 161 AktG (Rn. 1800), den Anwendungsbereich des § 161 AktG (Rn. 1801 ff.), die Beschlussfassung in Vorstand und Aufsichtsrat über die Abgabe der Entsprechungserklärung (Rn. 1816 ff.) sowie die Entsprechungserklärung im Einzelnen (Rn. 1842 ff.), die gesellschaftsinterne Umsetzungsmöglichkeiten der Kodex-Empfehlungen Rn. 1892 ff.), die Haftungsfragen im Zusammenhang mit dem DCGK (Rn. 1899 ff.) und die Resonanz des Kodex in der Praxis (Rn. 1929 ff.) eingegangen wird. Ebenso finden sich im Anhang die Geschäftsordnung der Kodexkommission, eine Aufstellung der Anzahl und Abgrenzung der Empfehlungen und Anregungen des Kodex in der aktuellen Fassung, das Muster einer Entsprechungserklärung, das Muster für einen gestrafften Leitfaden für den Versammlungsleiter einer Hauptversammlung, das Muster eines Fragebogens zur Effizienzprüfung und das Muster einer Geschäftsordnung eines AG-Vorstands.
Dieser ausführliche Anhang und insbesondere die zahlreichen Erläuterungen, abseits der Kommentierung des DCGK, tragen ebenso zum herausragenden Renommee des Kodex-Kommentars von Kremer, Bachmann, Lutter und v. Werder bei, wie die detaillierte und gleichzeitig präzise Kommentierung des Kodex selbst, die auf der einen Seite nie den Blick auf die Praxis verliert, auf der anderen Seite aber hohe wissenschaftliche Ansprüche an sich stellt, wobei die Leidenschaft deutlich wird, mit denen die Autoren diesen Kommentar wieder aufgelegt haben.