Niebmann / Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 12. Auflage, C.H. Beck, 2013
Von Richter am Amtsgericht Carsten Krumm, Lüdinghausen
Als ich vor 8 Jahren erstmals einen Teil eines familienrechtlichen Dezernats übernahm gab es zwei Bücher, die das Überleben in dieser neuen Materie sicherten. Zum einen das „Handbuch des Fachanwalts Familienrecht“, zum anderen das damals noch unter den Autorennamen Kalthoener/Büttnererschienene vorliegende Werk. Nunmehr liegt die 12. Auflage vor, die mit dem alten Kalthoener/Büttner zwar noch verwandt ist, in großen Teilen aber neue Texte enthält, was natürlich mit den in den letzten Jahren erfolgten Umwälzungen des Unterhaltsrechts und des familiengerichtlichen Verfahrens zu tun hat. „Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts“ ist dabei trotz allem eine Art Fels in der Brandung, da der Buchaufbau beruhigender Weise nach bewährtem Muster gleich aufgebaut geblieben ist.
Das Buch bietet zunächst dem „ahnungslosen“ Neueinsteiger in Familiensachen eine grundsätzliche Darstellung der Rechtsprechung zur Schematisierung der Höhe des Unterhaltsanspruchs. Gemeint sind dabei die Probleme der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle nebst anderen Tabellen und Unterhaltsleitlinien einerseits und die Probleme der verschiedenen Berechnungsmethoden bzw. des Mangelfall andererseits. Wer als Referendar oder Berufsanfänger erstmals mit Unterhaltsrechtsfragen umzugehen hat, wird dieses Kapitel von etwa 60 Seiten Umfang dankbar durcharbeiten. Die Ausführungen sind gut lesbar und nicht zu ausufernd. Fundstellen sind zahlreiche vorhanden und als Fußnoten untergebracht, so dass der Text dann auch optisch leicht lesbar ist. Es finden sich zahlreiche aussagekräftige Überschriften und auch Vertretungen der zentralen Worte des Textes, so dass ein leichtes überfliegen des Textes möglich ist für diejenigen Leser, die das Buch bereits durchgearbeitet haben und nochmals an einzelnen Stellen vertiefen wollen oder auch für Leser, die bereits in Familiensachen erfahren sind und zu bestimmten Problemkreisen nochmals nachlesen wollen.
Sodann wenden sich die Autoren der konkreten Bemessung des Unterhaltsanspruchs zu. Hier werden nach dem üblichen Schema zunächst die Bedürftigkeit des Berechtigten erörtert, dann die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und schließlich Fragen der Begrenzung, der Minderung und des Ausschlusses des Unterhaltsanspruchs, der Verwirkung und auch des Erlöschens. Ein letztes Kapitel gibt einen Überblick über weitere familienrechtliche Ausgleichsansprüche, die oftmals wenig bekannt sind und die in der Praxis erfahrungsgemäß dementsprechend Probleme bieten. Dies gilt umso mehr, als in vielen Fällen in der täglichen Arbeit gar nicht sofort erkennbar ist, welche Anspruchsgrundlage überhaupt einschlägig ist.
Die Ausführungen in dem Buch sind auf aktuellem Stand – die veröffentlichte Rechtsprechung ist laut Autorenangaben bis zum 31.01.2013 berücksichtigt. Eine stichpunktartige Überprüfung ergab, dass tatsächlich die Rechtsprechung bis zu dieser Zeit ausgewertet wurde.
Was an dem Buch weiterhin sehr gut gefällt, sind die zahlreichen Rechtsprechungsnachweise und nutzbringende Übersichten, wie etwa die zum Sonderbedarf, der zunächst ausführlich dargestellt wird (Rn. 325 ff.) und dann mit einer „Kasuistik-Übersicht“ versehen ist. Hier kann man nachlesen, ob die Rechtsprechung etwa eine Klassenfahrt, Klavierunterricht, eine kieferorthopädische Behandlung oder auch Konfirmationskosten als Sonderbedarf einstuft. Hilfreich sind auch zahlreiche eingestreute Berechnungsbeispiele, anhand derer gerade Anfänger erst die Bedeutung bestimmter Problemkreise ermessen können. Zu nennen ist hier etwa die Aufteilung des Unterhaltes unter mehreren Ehegatten (Berechnungsbeispiel Seite 53 mit 2 vorrangigen Kindern und 2 nachrangigen unter einander gleichrangigen Müttern). Selbst das für Anwälte und Richter inhaltlich und rechtlich oft schwer zugängliche Thema „Altersvorsorge und Altersbedarf“ schaffen die Autoren gut und (soweit dies überhaupt möglich ist) leicht verständlich darzustellen. Hier findet sich dann auch ein Berechnungsbeispiel (Rn. 408), anhand dessen der Rat suchende Leser sich orientieren kann, um den Altersvorsorgeunterhalt ermitteln zu können. Ein über 20-seitiges - erwartungsgemäß - gut gepflegtes Inhaltsverzeichnis schließt das Buch ab.
Insgesamt ist der Niebmann/Schwamb damit ein absoluter Leckerbissen unterhaltsrechtlicher Literatur. Er sollte in die Handbibliothek eines jeden Familienrechtlers gehören. Anfängern im Bereich des Familienrechts, gleichgültig ob Anwalt, Richter oder auch Referendar in einer familienrechtlichen Anwaltsstation kann die Anschaffung des Buches ebenfalls nur empfohlen werden.