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Rezension: Europäische Datenschutzgrundverordnung

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Sydow (Hrsg.), Europäische Datenschutzgrundverordnung, 1. Auflage, Nomos 2017

Von Wirtschaftsjurist Christian Paul Starke, LL.M., Bad Berleburg


Mit deutlicher Verspätung seiner ursprünglichen Ankündigung gegenüber ist er nun im Spätsommer endlich erschienen: der neue Nomos-Handkommentar zur im Mai 2018 in Kraft tretenden europäischen Datenschutzgrundverordnung. Hat sich das lange Warten also gelohnt und es gilt auch hier, wie so oft, „Was lange währt wird endlich gut“?

Hierfür spricht bereits ein Blick in das Bearbeiter-Verzeichnis: Unter der Herausgeberschaft von Prof. Dr. Gernot Sydow von der westfälischen Wilhelms-Universität in Münster haben an der Kommentierung insgesamt 21 Bearbeiter mitgewirkt. Diese zeichnen sich durch einen sehr weit gefächerten fachlichen Hintergrund aus Wissenschaft, Praxis und sogar Politik aus. Es werden somit alle denkbaren Blickwinkel auf die bevorstehende große Umwälzung des deutschen Datenschutzrechtes abgedeckt. Zudem konnten die Bearbeiter für ihre Kommentierungen bereits auf einige zuvor erschienene Werke zur DSGVO zurückgreifen.

Der Kommentar selbst kommt als Hardcover, ist wunderbar handlich und zeigt sich dementsprechend praktisch in der Handhabung sowie widerstandsfähig gegenüber häufigen Transporten in überfüllten Taschen. Die Kommentierung der DSGVO umfasst knapp 1.200 Seiten im DIN A5-Format, ergänzt um eine 50-seitige Einleitung, in der die Grundlagen der neuen Verordnung vorgestellt werden, sowie ein ebenfalls 50-seitiges, sehr ausführliches Stichwortverzeichnis am Ende des Werkes. Der Kommentierung vorangestellt sind ein kompletter Abdruck der DSGVO mitsamt ihrer Erwägungsgründe und ein umfassendes Literaturverzeichnis. Dieses wird für die einzelnen Artikel nochmals um kurze Literaturübersichten jeweils zu Beginn ergänzt. Die Bearbeitung befindet sich inhaltlich auf dem Stand von Mai 2017.

Die Einleitung beginnt mit der Darstellung der europäischen Kompetenzen für den Bereich des Datenschutzes sowie einer Erläuterung der materiellen primärrechtlichen Vorgaben für die Verordnung aus Art. 8 GRCh und Art. 16 AEUV. Daran anschließend zeichnet sie knapp den Entstehungsprozess der DSGVO nach. Als nächstes wird die durchaus komplexe Regelungstechnik der neuen Verordnung mit ihrem Zusammenspiel aus verbindlichen Vorgaben, nationalen Umsetzungsaufträgen und Öffnungsklauseln systematisiert und näher beleuchtet. Hierbei werden auch die sich für das bestehende deutsche Datenschutzrecht ergebenden Fragen und Handlungsnotwendigkeiten herausgearbeitet. Zuletzt werden in einem Schnelldurchlauf schon einmal die wesentlichen Bestimmungen der Verordnung vorgestellt und der für die Rechtsdurchsetzung vorgesehene Maßnahmenkatalog sowie die Rechte der Betroffenen erläutert.

Den Kommentierungen der einzelnen Bestimmungen jeweils vorangestellt ist ein erneuter Abdruck des Normtextes, gefolgt von einem kurzen Inhaltsverzeichnis der nachfolgenden Bearbeitung zur Orientierung, der – ungefähr mit einer Synopse vergleichbaren – Angabe der „verwandten Normen“ aus der DSGVO und dem BDSG 2003 sowie einer Übersicht über die der nachfolgenden Kommentierung konkret zugrunde gelegten Monografien und Aufsätze. Die Kommentierungen selbst beginnen inhaltlich mit einem allgemeinen Teil, der die Einordnung der jeweiligen Bestimmung in das datenschutzrechtliche Gesamtgefüge vornimmt, die ihr zugrundeliegenden teleologischen Erwägungen herausarbeitet, einen Vergleich mit der bisherigen Rechtslage auf deutscher sowie europäischer Ebene vornimmt und die Entwicklung der Norm im Rahmen der Entstehung der neuen Verordnung nachzeichnet. Daran anschließend findet die Erläuterung der einzelnen Tatbestandsmerkmale statt. Hieran schließt sich – wo geboten – eine Darstellung der sich aus der Norm ergebenden Rechtsfolgen statt. Sofern es konkurrierende oder ergänzende Bestimmungen für die betreffenden Regelungsgehalte gibt, werden auch diese erläutert. Einen zentralen Aspekt bildet hierbei wieder die Frage nach dem Verhältnis zum bisherigen deutschen Datenschutzrecht und den sich aus den Neuregelungen ergebenden Anpassungsbedarfen. Zuletzt wird jeweils eine subjektive Würdigung der Bestimmung durch den Bearbeiter vorgenommen. Diese zeigen insbesondere die mit den neuen Regelungen einhergehenden Umsetzungsprobleme für die Praxis und die Konkretisierungsaufträge an die Rechtsprechung auf und sind sehr zu begrüßen.

Die gesamten Ausführungen sind i. d. R eher knapp gehalten, wie dies von einem Handkommentar auch zu erwarten war. Sie sind dabei aber stets gut verständlich und behandelt alle relevanten Fragestellungen in der gebotenen Tiefe. Besonders gut gefällt der eingängige Gang der Darstellungen. Positiv hervorzuheben ist zudem die sparsame Verwendung von Hervorhebungen in Fettdruck, die sich auf die wirklich relevanten Suchbegriffe beschränkt und damit das Auffinden bestimmter Problemkomplexe enorm erleichtert. Der rege Beleg der Aussagen mit Fußnoten erleichtert auch die wissenschaftliche Arbeit mit dem Kommentar.

Insgesamt ist das Werk als sehr gelungen zu bewerten. Mit seiner prägnanten, aber zugleich umfangreichen Darstellung der Materie, zahlreichen eigenen Stellungnahmen der Bearbeiter zu wichtigen Problemen und einer gelungenen Auswertung von Literatur und Rechtsprechung bietet es sowohl dem mit der Umsetzung der neuen Vorgaben in die Praxis betrauten Anwalt und Datenschutzbeauftragten als auch dem zu Datenschutzfragen forschenden Wissenschaftler eine kompakte, mit viel Inhalt gefüllte Hilfestellung bei der Erfüllung der vor ihm liegenden, gewichtigen Aufgaben. Insofern kann klar gesagt werden: Das Warten hat sich gelohnt!

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