Christ / Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, 1. Auflage, C.H. Beck 2017
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Mit über 600 Seiten erscheint das Handbuch zum Kommunalabgabenrecht im Jahr 2017 erstmals und in einem dem Thema würdigen Umfang. Das Autorenteam besteht aus neun Praktikern aus Anwaltschaft, Justiz, Verwaltung und Wissenschaft – es wird also zum einen keine Berufsgruppe unter den Rechtsanwendern vergessen, aber zum anderen spiegelt das Autorenteam in seiner Zusammensetzung auch den Ansatz des Buches wider, nämlich die Materie zwar wissenschaftlich, aber eben doch basierend auf der breit gefächerten Judikatur und der Verwaltungspraxis abzubilden und zu diskutieren. Das schon aus Lehrbüchern bekannte klassische Problem der verschiedenen landesrechtlichen Regelungen lösen die Autoren auch hier mit dem Fokus auf größere Bundesländer bei gleichzeitiger Berücksichtigung länderspezifischer Besonderheiten im Fußnotenapparat.
Nach einer Einführung zu Begriffen, gesetzlichen Grundlagen und der faktischen Bedeutung der Kommunalabgaben widmet sich der erste Abschnitt der Abgabenerhebung und dem Rechtsschutz hiergegen, sowohl was den Bescheid als auch die Satzung angeht. Hiernach werden die Kommunalsteuern ausführlich erläutert, ausgehend von Steuerbegriff und verfassungsrechtlich legitimierter Erhebungskompetenz hin zu den einzelnen Steuerarten, wobei auch hier mögliche Rechtsbehelfe in die Darstellung integriert sind (z.B. S. 69, S. 82). In Abgrenzung zu den Steuern werden anschließend die Gebühren und dann die Beiträge besprochen. Abgerundet wird das Werk dann mit Kapiteln zur Refinanzierung von Haus- und Grundstücksanschlüssen sowie zur Fremdenverkehrs- und Kurabgabe.
Die Gesamtkomposition des Werks finde ich sehr ansprechend. Der Leser erhält eine für die Rezeption der Materie sinnvolle Mischung aus einführenden Informationen, etwa zu rechtsgeschichtlichen oder verfassungsrechtlichen Aspekten, um danach mit viel Detailarbeit zu den steuerlichen und abgaberechtlichen Kernfragen und Nebengebieten vorzustoßen. Einzelne Kapitel habe ich mir näher angesehen, um den positiven Eindruck dort noch einmal bestätigt zu sehen.
So werden im Unterabschnitt zu einzelnen Aufwandssteuern (S. 108 ff.) auf fast 15 Seiten Einzelheiten zu Wohnen und Übernachten für Private (Zweitwohnung) und Gewerbetreibende (Übernachtungssteuer) aufgeführt. In diesem Bereich bestehen durchaus Divergenzen, etwa zwischen BFH und BVerwG bzw. innerhalb der Literatur, die von Christ mit nachvollziehbaren Argumenten erläutert und aufgelöst werden, was auch für die Frage gilt, ab wann eine Zweitwohnung als Kapitalanlage gilt oder nicht. Interessant hätte ich es gefunden, wenn, etwa im kurzen Unterkapitel zu den Ferienwohnungen (S. 116) auf die Problematik der Gemeinden und Städte mit Anbietern wie airbnb eingegangen worden wäre. Auch wäre eine stärkere Verknüpfung mit Teil G des Werks wünschenswert, da auch dort identische Steuern noch einmal erörtert werden.
Ein spannendes, wenngleich mitunter von der Materie her sprödes Unterkapitel betrifft die Verteilung der Kosten und die Bemessung der Gebühren einer öffentlichen Einrichtung (S. 243 ff.). Durch eine geschickte Darstellungsweise vermag es Desens nicht nur, den Leser bei Laune zu halten, sondern auch die hohe Flexibilität der Gebührengestaltung mit den entsprechenden Spielräumen aufzuzeigen. Dass dabei nicht nur rein rechnerische Größen zum Tragen kommen dürfen, sondern eben auch sozialpolitische Belange Beachtung finden müssen, macht das Ganze für die Beteiligten zu einer echten Herausforderung (vgl. S. 248 f.).
Schließlich habe ich mir noch das kleine, aber konfliktträchtige Unterkapitel zu wiederkehrenden Ausbaubeiträgen (S. 499 ff.) angesehen, was insbesondere in kleineren Gemeinden bei den Bewohnern für Unruhe sorgen kann. Dass sogar das BVerfG in jüngerer Zeit mehrfach mit dem Thema befasst war, wird von Schaup-Haag ebenso wie die länderspezifischen Besonderheiten schön herausgearbeitet. Die Anforderungen an die kommunale Satzung werden ebenfalls stimmig dargestellt, gerade was die Negativkomponenten angeht: worauf darf nicht abgestellt werden?
Insgesamt haben Herausgeber und Autoren ein in sich geschlossenes, anspruchsvolles und dennoch durchweg gut lesbares Kompendium geschaffen. Die anvisierte Zielgruppe spezialisierter Verwaltungsjuristen dürfte deshalb etwas eng gefasst sein, denn auch kommunalrechtlich interessierte Allgemeinjuristen oder auch Nichtjuristen wie etwa Ortsbürgermeister oder Beiräte werden in diesem Werk viele Hilfestellungen und lehrreiche Ausführungen finden.