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Rezension: EUV / AEUV

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Geiger / Khan / Kotzur, EUV / AEUV, 6. Auflage, C.H. Beck 2017

Von Ass. iur. Fabian Bünnemann, LL.M., Essen



Das Recht der Europäischen Union, mittlerweile maßgeblich geregelt in den Verträgen über die Europäische Union (EUV) und über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), unterliegt ständigen Veränderungen. Wenngleich diese Veränderungen mal stärker und mal schwächer ausfallen, so ist es nicht mehr allzu einfach, sich einen Überblick über die grundsätzlichen Regelungen des EU-Rechts zu verschaffen. Denn nicht allein die Normen, sondern auch die Judikate des Gerichtshofs der Europäischen Union, insbesondere des EuGH, sind dabei von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit. So waren es oftmals Entscheidungen des EuGH, die den europäischen Integrationsprozess auch in von politischer Stagnation geprägten Zeiten voranzubringen vermochten (vgl. nur EuGH, C-26/62[Van Gend en Loos]).

Der von den Professoren Rudolf Geiger, Daniel-Erasmus Khan sowie Markus Kotzur herausgegebene und im Verlag C.H. Beck erscheinende Kurz-Kommentar zum EUV/AEUV schafft es dabei, die Normen dieser beiden Verträge prägnant und knapp zu kommentieren und dabei stets das Wesentliche herauszuarbeiten. Zum Kreise der Bearbeiter sind in der aktuellen Auflage fünf weitere Personen hinzugestoßen, allesamt mit Bezügen zur Wissenschaft. Zudem wurde das Werk umfassend aktualisiert. Dies war auch erforderlich, stammte doch die Vorauflage noch aus dem Jahr 2010. Im Vergleich dazu ist der Umfang nunmehr um über 120 Seiten angestiegen, was der Einordnung als „Kurz-Kommentar“ aber (noch) nicht entgegensteht.

Der Geiger/Khan/Kotzurüberzeugt durch seine Fokussierung auf den wesentlichen Inhalt der Normen. Als Beispiel sei die Arbeitnehmerfreizügigkeit angeführt, bei der Khan/Wessendorf den durch die Rechtsprechung geprägten Arbeitnehmerbegriff anhand der einschlägigen Urteile systematisch aufbereiten (Art. 45 AEUV, Rn. 18 ff.). Gleiches gilt für die anschließende Darstellung des Umfangs der Arbeitnehmerfreizügigkeit, insbesondere des Diskriminierungsverbots (Art. 45 AEUV, Rn. 28 ff.). Die Konzeption als Kurz-Kommentar bringt es dabei mit sich, dass die Kommentierungen selbstverständlich keine umfassende Auswertung der rechtswissenschaftlichen Literatur anbieten. Dennoch enthält die Neuauflage vielerlei neue Literatur- und Rechtsprechungshinweise. Dabei fällt positiv auf, dass die den jeweiligen Kommentierungen vorangehenden Literaturhinweise chronologisch sortiert sind. Dies erspart es dem Leser, die aktuellste angegebene Literatur erst aus einer alphabetischen Auflistung heraussuchen zu müssen.

Zudem haben sich einige Kommentierungen aufgrund der politischen und rechtlichen Entwicklungen in der Europäischen Union teils erheblich verändert. So wurden bspw. die Änderungen hinsichtlich politischer Parteien auf europäischer Ebene eingearbeitet (Art. 10 EUV, Rn. 16 f.) ebenso wie der Status quo des Verhältnisses zwischen EMRK und EU (Art. 6 EUV, Rn. 22 ff.). Sehr löblich ist, dass die Bearbeiter auch stets den aktuellen Stand der europäischen Integration und politischen Entwicklung in die jeweiligen Kommentierungen einfließen lassen, wenn dies sinnvoll erscheint. So wird oftmals auf den „Brexit“ und die möglichen Auswirkungen auf die konkreten Normen hingewiesen (vgl. Art. 50 EUV, Rn. 9 f.; Art. 342 AEUV, Rn. 2, 4). Dies macht das Werk nicht nur zu einem gelungenen Kommentar, sondern lädt den geneigten Leser geradezu zum „Schmökern“ ein.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass der Geiger/Khan/Kotzurauch in der juristischen Ausbildung, vor allem in der Vorbereitung auf mündliche Prüfungen, sehr gewinnbringend eingesetzt werden kann. So bietet der Kurz-Kommentar in den Kommentierungen zu „examensrelevanten“ Normen teilweise eine Prägnanz, die selbst einschlägige Vorbereitungsskripte nur schwer erreichen können; so etwa, wenn es um eine Übersicht über die unionalen Rechtsakte (Art. 288 AEUV) oder um die Zusammensetzung der Gerichte geht (vgl. Art. 19 EUV, Rn. 4 sowie Art. 254 AEUV, Rn. 3). Zum Vergleich sei das Werk von Kaiser/Bannach (Prüfungswissen Jura für die mündliche Prüfung, 3. Aufl., Vahlen 2016) erwähnt, die sich von der Terminologie „EuGH“, „EuG“ und „Gerichtshof der Europäischen Union“ vollends verwirren lassen (ebda., S. 27f.). Ihnen sei für die Folgeauflage die Lektüre des vorliegend besprochenen Werks dringend anempfohlen.


Der Geiger/Khan/Kotzurüberzeugt durch die Fokussierung auf das Wesentliche und bereitet dieses sehr leserfreundlich auf. Dazu trägt der Fettdruck von Schlagwörtern ebenso bei wie die durchweg sehr gelungene Strukturierung. Den Herausgebern ist kurzum eine gelungene Neuauflage eines sehr systematisierten und auf den Kerngehalt der Normen bedachten Kommentars geglückt, der stets für den Überblick hilfreich ist und wohl auch oft anfallende Probleme schon lösen dürfte.

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