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Rezension: Arbeitsrecht

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Wedde, Arbeitsrecht. Kompaktkommentar zum Individualarbeitsrecht mit kollektivrechtlichen Bezügen, 5. Auflage, Bund 2016

Von Dr. Sebastian Felz, M.A., Köln



Das Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland ist in eine Vielzahl von Einzelgesetzen und in die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zersplittert. Die Kodifizierung des Arbeitsrechts bleibt „ein Jahrhundertprojekt ohne Erfolgsaussicht“, zu diesem Ergebnis kommt eine Dissertation mit diesem Titel.

Umso wichtiger sind handhabbare Arbeitsrechtskommentare, die diese nicht kodifizierte Rechtsmaterie zusammenführen und die jeweils einschlägige Rechtsprechung aufbereiten. Dies ist das erklärte Ziel des Kompaktkommentars „Arbeitsrecht“ aus dem Bund-Verlag. Herausgeber ist Dr. Peter Wedde, der als Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences lehrt sowie als wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung in Eppstein tätig ist. Zum fünfzehnköpfigen Team der Autorinnen und Autoren gehören Hochschullehrinnen und Hochschullehrer, Richterinnen und Richter, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Praktikerinnen und Praktiker aus der Arbeitsrechtsberatung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Adressatinnen und Adressaten dieses kompakten Arbeitsrechtskommentars sind Beschäftigte, Berater und Betriebs- und Personalräte. Ebenfalls bietet er Juristinnen und Juristen, die mit arbeitsrechtlichen Fragen beschäftigt sind, einen ersten Zugriff. Und der Erfolg gibt dem Autorenteam recht: Seit 2014 sind bereits vier Auflagen dieses Werkes erschienen.

Die Kommentierungen haben stets die Arbeitnehmerpositionen im Blick, verzichten auf wissenschaftlichen Gelehrtenstreit und orientieren sich an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes. Optisch hervorgehoben sind Hinweise für die Mitbestimmung. Diese machen das Werk vor allem für Interessenvertreter und deren Berater zu einem wichtigen Hilfsmittel für die tägliche Praxis.

Wichtige Rechtsprechung und einige Gesetzesänderungen machten die fünfte Auflage notwendig. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und das Recht des Werkvertrages sowie das Familienpflegezeitengesetz und das Pflegezeitgesetz werden in wesentlichen Punkten präzisiert. Im Urlaubs- und Befristungsrecht sind Neuerungen durch die BAG-Rechtsprechung zu beachten. Das Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes macht eine Aufnahme in den Kommentar nötig.

24 Gesetze vom Arbeitnehmer-Entsendegesetz über das BGB und Kündigungsschutzgesetz bis hin zur Rom I-VO/EUGVVO und dem Teilzeit-und Befristungsgesetz werden (teilweise in Auszügen) kommentiert. Die Autoren berücksichtigen Literatur und Rechtsprechung bis zum Oktober 2015. Ein Abkürzungs-, Literatur-, Stichwort- und Zeitschriftenverzeichnis sorgen für Orientierung beim Leser. Allerdings sind hier einige Korrekturen und Aktualisierungen anzubringen. Die Zeitschrift „BG“ (Die Berufsgenossenschaft) gibt es nicht mehr. Die Zeitschrift „sicher ist sicher“ ist entgegen der hier verkündeten Einstellung noch beziehbar. Das Vorschriften- und Regelwerk der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung hat eine neue Nomenklatur. Das „Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitssicherheit“ heißt jetzt „Institut für Arbeitsschutz“. Auch die Bezeichnungen der Bundesministerien, die in ihren Namenswechsel teilweise sehr sorgfältig nachgezeichnet werden, sind nicht durchgängig auf neuestem Stand. Die „Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften“ firmieren schließlich mittlerweile als „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten, Gartenbau“.

Im Rahmen dieser Besprechung soll die Kommentierung des Arbeitsschutzgesetzes durch Ralf Pieper näher beleuchtet werden. Die Kommentierung bietet durchgängig eine konzentrierte Erläuterung des Gesetzestextes mit Hinweisen für die Betriebs- und Personalratsarbeit. Im Rahmen der Erklärungen zu § 5 Abs. 3 Nr. 5 ArbSchG sind insbesondere die hilfreichen Verweise für die „psychische Gefährdungsbeurteilung“ auf der Homepage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zu erwähnen (www.gefaehrdungsbeurteilung.de). Bei § 7 ArbSchG (Übertragung von Aufgaben) könnte neben dem Hinweis auf die spezielle Regelung in der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ (ebenfalls § 7) noch ein weiterer Hinweis auf den dazugehörige DGUV Regel 100-001 angebracht werden.

§ 9 Abs. 3 ArbSchG statuiert ein „Entfernungsrecht“ der Beschäftigten, wenn diesen „unmittelbare erhebliche Gefahr“ am Arbeitsplatz droht. Wenn der Beschäftigte irrtümlich und selbst verschuldet seinen Arbeitsplatz verletzt, verliert er nach §§ 275, 326 BGB seinen Lohnanspruch. Pieper bezieht sich noch auf den § 325 BGB alte Fassung vor der Schuldrechtsmodernisierung (ArbSchG § 9 Rn. 13).

Entgegen der von Pieper (ArbSchG § 11 Rn. 11) vertretenen Auffassung ergeben sich aus Eignungsvorbehalten in Unfallverhütungsvorschriften keine Rechtsgrundlagen für Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen (vgl. dazu: DGUV Information 250-010).

In der Kommentierung zu § 17 ArbSchG (Rechte der Beschäftigten) könnte im Bereich der „außerbetrieblichen Beschwerde“ die Whistleblower-Problematik ergänzt werden (vgl. jetzt umfassend: Krause, in: Thüsing/Frost (Hrsg.): Whistleblowing – A Comparative Study, Heidelberg 2016 mit Hinweis auf: Wiebauer, Whistleblowing im Arbeitsschutz, NZA 2015, S. 22ff.). Der Anhang zu den §§ 18, 19 ArbSchG bietet einen sehr prägnanten Überblick zum Arbeitssicherheitsgesetz und den Arbeitsschutzverordnungen.


Mag die Kodifikation des deutschen Arbeitsrechtes auch eine ungelöste Herkulesaufgabe bleiben, die kompakte Darstellung der wichtigsten Gesetze und Probleme hat das Team um Peter Wedde gelöst.

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